Archiv für Februar 2003

Montag, 24. Februar 2003, von Elmar Leimgruber

Gounods “Cäcilienmesse” unter Markevitch: Ein Meisterwerk an spiritueller Tiefe (CD-Besprechung)


Diese Einspielung aus den 60er Jahren ist zwar technisch keinesfalls einwandfrei. Zudem hat Irmgard Seefried zuweilen etwas Probleme, nach “oben” zu springen. Dennoch gibt es meines Erachtens keine bessere Aufnahme der Cäcilienmesse von Charles Gounod wie diese mit der Tschechischen Philharmonie unter Igor Markevitch:

Es gibt wenige Dirigenten, die besonders bei geistlicher Musik das entsprechende Einfühlungsvermögen und auch selbst die nötige Spiritualität besitzen, geistliche Musik “authentisch” zu interpretieren. Bei Brahms ist dies Daniel Barenboim (Markevitchs Schüler in jungen Jahren), bei Verdi und Mozart ist dies Carlo Maria Giulini, und bei Gounod ist dies eben Igor Markevitch: Die Seele öffnet sich und macht sich bereit für das Übernatürliche, für Gott, vor allem beim Hören des Benedictus.

Hier können Sie in diese Jahrhundertaufnahme hineinhören, sich selbst Ihre Meinung darüber bilden und bei Gefallen sich die CD auch gleich downloaden bzw. bestellen:

Sonntag, 16. Februar 2003, von Elmar Leimgruber

Penderecki und der Schrecken der Kriege

Als ob der wohl bekannteste zeitgenössische polnische Komponist Krzysztof mit seinen Auftritten im Musikverein vor dem drohenden Krieg warnen wollte, so klang die von ihm dirigierte Musik am 14. Februar 2003.
Auf dem Programm mit den Wiener Symphonikern, die bei dieser emotional bewegten Musik sehr intensiv zu spielen in der Lage waren, standen neben einer Ouverture von C.M. v. Weber die sechste Symphonie (Spotthymne auf Lenin) von Dmitri Shostakovich (Hier können Sie in dieses Werk reinhören) und die 5. Symphonie von Penderecki (Hier können Sie auch in dieses Werk reinhören).
Etwas bedrohlich und irgendwie angsteinflössend wirkten beide Werke des 20. Jahrhunderts. Ich konnte bei solch intensiver aufwühlender Musik und deren Interpretation nicht umhin, an die derzeitige Bedrohung des Weltfriedens zu denken und mir zu wünschen, dass meine Ahnungen nie eintreten würden…
Sicherlich ist Penderecki nicht so ein begnadeter Dirigent, wie er seit Jahrzehnten ganz in der Tradition von Stravinsky und Shostakovich komponiert. Dennoch sollte man sich -so finde ich- die seltenen Gelegenheiten, einen zeitgenössischen Komponisten live zu erleben, nicht entgehen lassen.

Donnerstag, 13. Februar 2003, von Elmar Leimgruber

Steven Spielberg: Catch me, if you can (Kino-Kritik)

War man seit einigen Jahren von Steven Spielberg “nur” mehr tiefpychologische und tiefphilosophische und ernste Filme wie “A.I.” gewohnt, so beweist der wahre Meister seines Fachs mit dieser Komödie, dass er sich seinen Humor trotz aller Zukunftshorrorvisionen bewahrt hat.
Dennoch wirft “Catch me, if you can” auch sehr ernste Fragen auf, bleibt demnach nicht an der Oberfläche kleben.
Der Film beruht auf einer wahren Begebenheit der 60er-Jahre, als ein Hochstapler (Leonardo DiCaprio) mit gefälschten Schecks und Ausweisen sich verschiedene Berufe (Flugkapitän, Arzt, Rechtsanwalt) erschleicht und finanziell riesige Schäden hinterlässt. Doch das FBI (Tom Hanks) ist ihm auf der Spur…
Besonders tragisches Gewicht hat in diesem Film übrigens auch “Leonardo’s” Vater, gespielt von Christopher Walken, der einerseits seinen Sohn über alles liebt, der aber aufgrund der eigenen Hochstapeleien den Sinn für die Wirklichkeit zunehmend verliert…
Ein Film, den man unbedingt gesehen haben muss: Eine ideale Mischung zwischen Spannung, Humor, Tragik und Anspruch.
Musik: John Williams (sehr passend und vielseitig!). Hier können Sie in den abwechslungsreichen Score reinhören.
Mehr Filmkritiken von mir sind übrigens auf meiner Kino-Seite und mehr zum Thema Filmmusik auf meiner Soundtrackseite abrufbar.

Donnerstag, 6. Februar 2003, von Elmar Leimgruber

Jahrhundert-Einspielung: Alpensinfonie unter Thielemann (CD-Besprechung)

Als jahrelang von den meisterhaften Interpretationen Previns Verwöhnter hörte ich eher skeptisch in diese CD unter der Leitung von Thielemann rein.
Während ich die Einspielung von Andre Previn bislang für unübertreffbar hielt, musste ich nach Thielemanns Aufnahme der Alpensinfonie mit den Wiener Philharmikern manchmal kurz den Atem anhalten, so gerührt war ich von der Spannung, die der deutsche Dirigent zu erzeugen vermag, und dies etwa nicht in einem Livekonzert, sondern auf CD. Als Hörer erlebt man in gewisser Weise im eigenen Inneren die Bergbesteigung mit all ihren Gefahren und ihrer überwältigenden Schönheit.
Schon unter Previn hatten die Wiener Philharmoniker vorbildlich musiziert, doch Thielemann holte noch mehr aus diesem wunderbaren Klangkörper heraus.
Wer romantische lautmalerische Musik in authentischer Interpretation mag, wird diese Jahrhunderteinspielung lieben und ihr einen Ehrenplatz unter seinen Tonträgern gewähren.
Hier haben Sie die Möglichkeit, selbst in diese CD online reinzuhören.

Mittwoch, 5. Februar 2003, von Elmar Leimgruber

Brahms-Requiem: Barenboim, die Himmelsleiter (CD-Besprechung)

Obwohl ich bereits drei Aufnahmen dieses Werkes von Brahms hatte, wollte ich beim günstigen Preis doch nochmal “zuschlagen”, ohne allzugrosse Erwartungen zu haben.
Aber Barenboim hat in mir wieder mal Gänsehaut erzeugt und ich glaubte, das “Deutsche Requiem” von Brahms (mit dem London Philharmonic Orchestra, Daniel Barenboim, Edith Mathis und Dietrich Fischer-Dieskau) das allererste Mal zu hören, als ich den CD-Player mit der neuerworbenen CD bestückte. Die Aufnahme aus dem Jahr 1972 ist trotz einiger musikalischer Unfeinheiten (die ich hier gern und bewusst übersehe) eine mustergültige und vorbildliche Interpretation dieses Werks:
Barenboim holt alles aus Orchester, Chor und Solisten heraus, was nur irgendwie möglich ist. Besonders Edith Mathis beweist hier wieder mal, wie authentisch sie gerade in der Interpretation geistlicher Musik sein kann. Ingesamt betrachtet empfehle ich diese CD allen, die Wert auf geistliche und tiefgehende Interpretation legen und die -wie Barenboim- ein Gespür dafür haben, dass es Musik gibt, die das rein Menschliche übersteigt und die eine Art Himmelleiter ist, sofern sie autehntisch interpretiert wird. Genau dies ist bei dieser Aufnahme mit Barenboim der Fall.
Nicht gefallen dürfte diese Aufnahme hingegen jenen, die sich einmal jährlich sich zur Feier des Festes und aus Tradition ein “geistliches” Konzert gönnen und sich erwarten, dass eh alles an der Oberfläche bleibt und nicht innerlich berührt.
Hier können Sie in diese meisterhafte Interpretation reinhören.

Montag, 3. Februar 2003, von Elmar Leimgruber

Bewegender und zutiefst berührender “Messias” (CD-Besprechung)

Obwohl aus dem fernen Jahr 1970 stammend, einer Zeit, in der Barockmusik häufig viel zu langsam und mit wenig spirituellem Einfühlungsvermögen dirigiert wurde, überrascht diese Gesamtinterpretation von Händels “Messiah” positivst: Richard Bonynge als Dirigent ist ein wahrer Meister seines Fachs, und er bringt sowohl Orchester (English Chamber Orchestra) als auch Chor (Ambrosian Singers) und Solisten zu musikalischen und geistlichen, und somit das Werk entsprechend würdigenden Hochleistungen.
Ja echte Gänsehaut vermag Tom Krause auszulösen, wenn er davon singt, dass die Posaunen erklingen und alle Toten erstehn. Ganz besonders hörenswert auch die wundervolle Joan Sutherland.
Insgesamt eine der besten Gesamt-Interpretationen, die jemals von Händels “Messias”publiziert wurden.
Hier können Sie sich selbst ein “Bild” von dieser Aufnahme machen und in die einzelnen Tracks der Doppel-CD reinhören.

Samstag, 1. Februar 2003, von Elmar Leimgruber

Barenboim oder wie das Leben so spielt

Manchmal heiter, manchmal bewölkt, manchmal stürmisch bewegt, manchmal leicht schwebend, manchmal zu Boden gedrückt, manchmal hart und manchmal weich: ganz so wie das Leben mit uns spielt und wir es “spielen”, ganz so klingt Schumanns 4. Symphonie, wenn sie Daniel Barenboim dirigiert. Und auch dieses Werk wirkte einerseits widersprüchlich im guten Sinn, andererseits voll harmonisch und dann wieder zutiefst innerlich bewegend und erregend.
Bereits den vieren Tag hintereinander traten Barenboim und die Staatskapelle Berlin am 31. Januar im Wiener Musikverein auf. Und siehe da: Keine Spur von Müdigkeit, eher noch Steigerung an musikalischer Intensität und Schärfe gabs zu höeren, ja zu erleben.
Fast wagnerianisch klang so auch die 4. Symphonie von Brahms, die im zweiten Teil des Konzerts erklang. Ein grossartiges Musikerlebnis.
In diese Symphonie mit dem CSO unter der Leitung von Barenboim kann hier reingehört werden.