Alexander Wrabetz wurde am Dienstag, 9. August, in der Plenarsitzung des ORF-Stiftungsrates mit 29 Stimmen bei 6 Enthaltungen erneut zum Generaldirektor bestellt. Seine zweite Amtszeit geht vom 1. Jänner 2012 bis 31. Dezember 2016. Die Enthaltungen beim ORF-Wahlgang kamen laut ORF vom unabhängigen Stiftungsrat Alexander Hartig und von fünf Stiftungsräten aus dem ÖVP-„Freundeskreis“ (darunter auch die des ÖVP-„Freundeskreis“-Leiters Franz Medwenitsch). Der ebenfalls zur Wahl angetretene Balkan-Korrespondent des ORF, Christian Wehrschütz war chancenlos: er erhielt keine Stimme.
Die zukünftige Geschäftsverteilung wurde vom Stiftungsrat einstimmig genehmigt: Die nächste Geschäftsführung des ORF umfasst eine Fernsehdirektion, eine Kaufmännische Direktion, eine Hörfunkdirektion und eine Technische Direktion. Die Wahl der Direktorinnen und der Direktoren findet am 15. September 2011 statt.
Vor einigen Monaten noch wollte selbst SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann seinen ihm politisch sehr nahestenden Generalintendanten Alexander Wrabetz wieder loswerden. Doch Wrabetz, der seinerzeit durch einen Putsch der SPÖ gegen die ÖVP im ORF an die Macht kam, war dem Kanzler gegenüber allzeit so loyal, dass er auch noch in den vergangenen Monaten alle entscheidenden Führungsjobs des ORF mit treuen SPÖ-Sympathisanten besetzte. Schon Monate vorher hatte Faymann ja -wie berichtet- das Wahlergebnis des Publikumsrates- dank seiner Ernennbefugnis zu Gunsten seiner Partei verändert und daher dem Publikumsrat (entgegen dem Votum des Publikums) eine satte rote Mehrheit besorgt, die in Folge dann natürlich auch zu einer neuen roten Führung des ORF-Stiftungsrates führte. So eine offensichtliche schamlose politische Umfärbung des ORF hatte es bislang in der Geschichte des ORF in der Zweiten Republik noch nie gegeben. Dennoch wurde Faymanns Kandidat Wrabetz nun -und dies ist das eigentlich Überraschende- mit großer Mehrheit wiedergewählt:
Dass die SPÖ ihren Kandidaten im ORF nun wiederwählte, war sonnenklar. Dass Wrabetz auch die Grünen zu seinen Anhängern zählen kann, war ebenso sonnenklar, weil von Wrabetz wichtige Positionen im ORF mit Personen besetzt wurden, die aufgrund ihrer politisch eindeutig sehr linken Gesinnung sowohl den linken SPÖ-Flügel, als auch die inhaltlichen Anliegen und Aussagen Grüner bestens bedienen. Dass auch die Vertreter von FPÖ und BZÖ für Wrabetz stimmten, überrascht schon mehr, wurden diese vom roten ORF -vor allem die FPÖ- doch bislang -im Gegensatz zur SPÖ sowie zu den Grünen- nicht freundschaftlich, sondern -wie vielfach auch die ÖVP- eher skandalsüchtig und polemisch in der Berichterstattung bedient.
Noch mehr aber verwundert mich das Verhalten der angeblich ÖVP-nahen Räte im ÖVP-Stiftungsrat. Die meisten der ihren stimmten offensichtlich für Wrabetz und fünf enthielten sich der Stimme. Es gab also keine einzige Gegenstimme gegen jenen Mann, der an die ORF-Spitze geputscht wurde, um der ÖVP den gewachsenen Einfluss im ORF wieder zu entziehen, damit wieder -wie bislang- der ORF fest in SPÖ-Hand sei.
Dies kann mutmaßlich nur eines bedeuten: im Hintergrund wurde fleissigst paktiert. Man darf also gespannt sein, aus welchen politischen Lagern die neu zu ernennenden Direktoren kommen werden. Aber eines kann ich der -leider wieder mal- blauäugigen ÖVP jetzt schon versprechen: Entgegen allen vielleicht vernünftigen Vereinbarungen im Hintergrund wird der ORF auch in der zweiten Ära Wrabetz sicherlich nicht bürgerlicher und ÖVP-freundlicher werden. Es wäre also allemal sinnvoller gewesen, doch einen “eigenen” fähigen Kandidaten gegen den regierenden eindeutigen SPÖ/grün-Mann ins Rennen um den ORF- Generalintendanten zu schicken. So aber werden die Enttäuschungen nicht lange auf sich warten lassen.
Und ja, es wäre wünschenswert, “dass der ORF auch 2016 ein unabhängiges und vielfältiges Unternehmen ist”, wie Wrabetz nach seiner Wahl erklärte, aber schon bisher stand Wrabetz lediglich für Treue (vor allem dem linken Flügel) der SPÖ (und damit auch der ideologisch ähnlich denkenden Grünen) gegenüber, auch in allen wichtigen Personalentscheidungen und daher keinesfalls für die Unabhängkeit des ORF (vgl. dazu diesen meinen Kommentar). Ich befürchte, dies wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Wieso sollte er (bei diesem Wahlergebnis) auch?
Und ja: ich stehe für einen entpolitisierten ORF und für die Ernennung der besten Köpfe (innerhalb und ausserhalb des ORF) für alle Führungspositionen im ORF und zwar fern von jeglichen politischen Nähe. Dies ist aber offensichtlich unmöglich, weil einerseits der Verlust der Einflussnahme auf den ORF leider von keiner Partei wirklich erwünscht ist, und andererseits, weil äußerst viele Journalistinnen und Journalisten -aus welchen Gründen auch immer- politisch mit der SPÖ und/oder den Grünen sympathisieren (und oft bedauerlicher Weise kritisch nur über das gegnerische politische Lager berichten), wodurch auch in diesem Fall kaum eine objektive und sachliche Berichterstattung erwartet werden kann, obowhl diese richtig, notwendig und verpflichtend sein müsste.
Daher kann es nur im Sinne des ORF als öffentlich-rechtliches Medium und auch der gesamten Bevölkerung sein, dass alle Parlamentsparteien (je nach ihrem Anteil im Parlament) dasselbe Mitspracherecht im ORF haben und dass es gerade bei wichtigen Personalentscheidungen große Mehrheiten über alle Parteigrenzen hinweg verpflichtend im ORF geben muss. Nur so kann in unabhängiger ORF gewährleistet werden. Dies wäre dringend notwendig.