Mit ‘Ärzte’ getaggte Artikel

Donnerstag, 28. Juni 2012, von Elmar Leimgruber

Orthomolekulare Medizin: VKI warnt

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) warnt vor der Anwendung von so genannter orthomolekuare Medizin: Sie verursache  enorme Kosten und beinhalte zudem ein nicht unbeachtliches Risiko, auch weil die therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend nachgewiesen sei, so die Konsumentenschützer. Erwiesen sei hingegen, dass die Überdosierung von Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen problematisch sein kann.

Die orthomolekulare Medizin (OM) führt chronische Krankheiten auf eine Unterversorgung mit “Nährstoffen” zurück. Die Gabe hoher Vitamindosen, kombiniert mit Mineralstoffen und Spurenelementen, soll derartigen Erkrankungen vorbeugen bzw. diese heilen.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat fünf zufällig ausgewählte Wiener Allgemeinmediziner mit Diplom für orthomolekulare Medizin konsultiert und die Verschreibungen sowie die Kosten analysiert. Zwischen drei und fünf Mittel wurden der Testperson “verordnet”. Dabei handelte es sich meist um Nahrungsergänzungsmittel, die dem Gesetz entsprechend keinerlei Therapeutikum darstellen dürfen. Die von den Ärzten empfohlene Dosierung der Mittel hätte jedoch in einigen Fällen u.a. zu einer massiven Überversorgung mit Vitamin D geführt. Vor solchen Überversorgungen warnt die Europäische Lebensmittelbehörde ausdrücklich. Eine Überdosierung kann u.a. zu Appetitlosigkeit, Erbrechen und in schweren Fällen bis hin zu Nierenschäden und Nierenversagen führen, mahnt der VKI:

“Wäre unser Patient der Empfehlung der Ärzte gefolgt hätten sich “Einstiegskosten” zwischen 230 und 492 Euro an Laboruntersuchungen, Ordinationsgebühren, Kosten für die Medikamente bzw. Nahrungsergänzungsmittel, etc. ergeben”. Für eine mehrmonatige Behandlung ist mit einigen Hundert Euro an weiteren Kosten zu
rechnen. Diese Kosten werden von den Krankenkassen aufgrund mangelnder wissenschaftlicher Beweise der Wirksamkeit nicht übernommen, sind also privat zu tragen. Fazit: Die Kosten, aber auch die Risiken einer Behandlung mit orthomolekularer Medizin können erheblich sein, während die therapeutische Wirksamkeit bis dato nicht ausreichend nachgewiesen ist, so der VKI.

Da die von den Ärzten verwendeten Präparate teilweise von diesen selbst verkauft werden, erhob der VKI zusätzlich anonym bei Herstellerfirmen, mit welchen Preisnachlässen, Provisionen oder “Studienbeiträgen” Ärzte bei den im Test verschriebenen Präparaten rechnen können. Bei Präparaten der Firma Biogena wären dies etwa 40 Prozent Preisnachlass beim direkten Verkauf oder 15 Prozent Provision für den Arzt, wenn der Patient selbst bestellt. Ähnliche Ergebnisse erhoben die Tester für die verschriebenen Präparate der Firmen Orthotherapia und Promedico. Nähere Informationen zum durchgeführten VKI-Test gibt es auf www.konsument.at sowie ab dem 28.6. im Juli- KONSUMENT.

Mittwoch, 13. Juni 2012, von Elmar Leimgruber

Vorwurf: Mediziner lassen sich von Danone und Unilever missbrauchen

Es kann nicht sein, dass sich Ärzte von Konzernen wie Danone oder Unilever als Markenbotschafter missbrauchen lassen. Um Becel pro.activ, Actimel und Activia zu bewerben, haben die Hersteller Unilever und Danone über Jahre hinweg versucht, Ärzte zu instrumentalisieren, wirft ihnen die Konsumentenschutzorganisation foodwatch vor: Ziel der speziellen Marketingkampagnen: Mediziner sollten die Functional-Food-Lebensmittel in ihren Praxen an Patienten empfehlen. Die Konzerne setzten dabei auf irreführende Angaben und verschwiegen relevante Informationen, wie die Verbraucherorganisation foodwatch heute in Berlin kritisierte.

“Nicht nur die Pharmaindustrie, sondern auch Lebensmittelhersteller bedrängen Ärzte, den Patienten ihre zweifelhaften Produkte anzudienen”, erklärte Oliver Huizinga von foodwatch. “Das Ärzte-Marketing läuft genauso irreführend und manipulativ wie die direkte Werbung an Endverbraucher.”

Beispiele von -laut foodwatch- fragwürdigen Ärzte-Kampagnen:

  • Im April 2012 veröffentlichte Unilever einen Offenen Brief an die Ärzteschaft in Form ganzseitiger Anzeigen in der Ärztezeitung und im Ärzteblatt über seine mit Pflanzensterinen angereicherte, cholesterinsenkende Margarine. “Über 45 Humanstudien wurden durchgeführt, um sowohl die Sicherheit als auch die Wirksamkeit von Pflanzensterinen zu belegen”, argumentiert Unilever-Deutschland-Chef Harry Brouwer und verweist darauf, dass die “wichtigsten europäischen Fachgesellschaften für Kardiologie (ECS) und Atherosklerose (EAS)” Pflanzensterin-angereicherte Lebensmittel in ihre Empfehlungen zur Behandlung erhöhter Cholesterinwerte aufgenommen hätten. Unilever unterschlägt dabei, dass eben diese Leitlinien den gesundheitlichen Nutzen und die Sicherheit solcher Produkte anzweifeln – darin heißt es: “Aktuell gibt es keine Daten, die belegen, dass die Cholesterinsenkung mithilfe von Pflanzensterinen präventiv gegen koronare Herzkrankheiten wirkt. Um die Sicherheit von Lebensmitteln mit Pflanzensterinzusatz bei regelmäßiger Einnahme zu garantieren, sind außerdem Langzeitstudien nötig.”
  • Im November 2011 verschickte Unilever Broschüren und Bestellscheine für kostenlose Beratungsmaterialien per Post an Arztpraxen. Vor allem die “Online-Services für Sie und Ihre Patienten” auf den Internetseiten herzalter.de, mein-fettrechner.com und becel.de wurden beworben, verbunden mit dem Appell: “Empfehlen Sie unsere Online-Services auch Ihren Patienten.” Die wissenschaftlichen Zweifel an Lebensmitteln mit Pflanzensterinen verschweigt Unilever auch hier, so foodwatch..
  • Auf www.actimel.de steht bis heute ein passwortgeschützter Expertenbereich speziell für “Ärzte und Wissenschaftler” zur Verfügung. Danone dokumentiert dort Fortbildungen zu Themen wie “Probiotika und Immunsystem”, die das Unternehmen gesponsert hat. Der Konzern bietet Zusammenfassungen seiner Studien an, mit denen jahrelang die Gesundheitseffekte von Actimel belegt werden sollte. Danone suggeriert, Actimel sei mehr als ein gewöhnlicher Joghurt und könne unter anderem vor Erkältungen schützen. Dies wird durch die Studien jedoch nicht belegt.
  • Bereits 2008 legte Danone Actimel-Gutscheine in Arztpraxen aus, um in einem vertrauenswürdigen Umfeld für den Joghurt zu werben.

foodwatch hatte Unilever bereits kritisiert, weil das Unternehmen in seiner Werbung an Verbraucher suggeriert, dass ein gesundheitlicher Nutzen belegt sei, und Hinweise auf mögliche Nebenwirkungen verschleiert.

“Actimel activiert Abwehrkräfte” – jahrelang hat Danone den Eindruck erweckt, der probiotische Joghurtkeim “L. casei defensis” könne vor Erkältungen schützen. Inzwischen wurden die ursprüngliche Werbung und das Ärzte-Marketing von der Realität überholt: Der “Defensis”-Keim ist heute offiziell nur noch für den “typischen und leckeren Actimel-Geschmack” und für einen “starken Start in den Tag” verantwortlich. Denn mit gesundheitsbezogenen Aussagen für den Joghurt-Keim darf Danone nicht mehr werben: Es gibt keinen von der Europäischen Lebensmittelbehörde zugelassenen Claim. Die Genehmigung einer Aussage zum Schutz vor Erkältungen hatte Danone gar nicht erst beantragt – stattdessen einen Claim über die Wirkung auf Durchfallerkrankungen. Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt; weitere Anträge zog Danone zurück, bevor es zur Prüfung kam, so foodwatch.

Bei der Wahl zum von foodwatch ausgeschriebenen Goldenen Windbeutel 2011 hatte das Produkt den zweiten Platz belegt. 2009 erhielt Actimel den Goldenen Windbeutel für die dreisteste Werbelüge des Jahres. Becel pro.activ ist derzeit einer von fünf Kandidaten für den “Goldenen Windbeutel” 2012, der noch bis zum 18. Juni laufenden Verbraucherwahl zum Preis für die Werbelüge des Jahres auf www.abgespeist.de.

Freitag, 25. Mai 2012, von Elmar Leimgruber

Ärzteflucht aus Deutschland droht

Ärzte überlegen zunehmend, Deutschland zu verlassen: Nur noch 16 Prozent aller Ärzte können sich nicht vorstellen, aus Deutschland auszuwandern – und viele beschäftigen sich bereits damit, im Ausland zu arbeiten. Das geht aus einer Umfrage im Ärztenetzwerk “Hippokranet” hervor. “Es ist eine gesundheitspolitische Geisterfahrt, dass die Politik diese dramatische Entwicklung ignoriert”, warnt Michael D. Lütgemeier vom Ärztlichen Sachverständigenrat für eine verantwortungsvolle Medizin in Deutschland:

“Ärzte in den Kliniken haben immer noch vorindustriell anmutende Arbeitszeiten – und die in den Praxen werden durch Kassenbürokratie, Bezahlung mit Punkten statt echtem Geld und ebenfalls abenteuerliche Arbeitszeiten entnervt. Wer von ausgewanderten Kollegen hört, dass Ärzte in anderen Ländern normale Arbeitszeiten und ein sicheres Einkommen haben, der stellt sich logischerweise die Frage: ‘Warum ich nicht auch’”, weiß Lütgemeier. Verschärft werde das Problem dadurch, dass in den kommenden Jahren ein großer Teil der freiberuflichen Ärzte in Rente gehen werde: “Die Versorgungskatastrophe klopft bereits laut mit den Fäusten an die Tür”, sagt Lütgemeier.

Nur 16,2 Prozent der befragten 833 Ärzte antworteten, dass sie sich eine Auswanderung nicht vorstellen könnten. Die Antwort “Ich gehe demnächst in Pension und beschäftige mich deshalb damit nicht mehr” wählten 19,7 Prozent. Mehr als die Hälfte (51,8%) aber antwortete auf die Frage “Könnte ich mir gut vorstellen” mit “ja”. Damit nicht genug: 9,3 Prozent sagten, dass sie ihre Auswanderung schon konkret betreiben, und 3,1% Prozent antworteten bereits aus dem Ausland: Sie sind bereits ausgewandert.

Der “Ärztliche Sachverständigenrat für eine verantwortungsvolle Medizin in Deutschland” hat sich nach dem Vorbild des amerikanischen “Physicians Committee for Responsible Medicine” im Ärztenetzwerk Hippokranet.de gegründet und will kontinuierlich zu medizinischen und gesundheitspolitischen Themen Stellung nehmen: “Wir erreichen bundesweit zehntausende von Praxen über das Hippokranet und haben damit mehrere Millionen direkte Kontakte mit unseren Informationen”, sagt Lütgemeier.

Das Online-Netzwerk Hippokranet.com ist älter als Facebook und die gemeinsame Forums- und Netzwerkplattform der Fachinformationsdienste Facharzt.de, Hausarzt.de sowie zaend.de. Insgesamt sind im Hippokranet 50.000 Nutzer organisiert, es finden sich in unzähligen Gruppen mehrere 100.000 Beiträge zu medizinischen, technischen und gesundheitspolitischen Themen. Und: einzigartig im Internet: Die Plattform wird von ihren eigenen Lesern finanziert. Mehr als 7.000 Abonnenten zahlen freiwillig für die Nutzung, die sie problemlos auch kostenlos haben könnten.

Donnerstag, 19. April 2012, von Elmar Leimgruber

Ärztekammer: Hände weg von Online-Ordinationen!

Eine ärztliche Fernbehandlung ist laut österreichischem Gesetz unzulässig, betont Walter Dorner, Präsident der Österreichischen Ärztekammer  (ÖÄK): Dies gilt auch für Anbieter ärztlicher Leistungen mit Sitz im Ausland. Mal ganz abgesehen davon, dass “Online-Ärzte” wenig zu bieten hätten, vertraue man dem Hausverstand der Österreicherinnen und Österreicher: “Warum sollte bei uns jemand Geld für die Verschreibung von Medikamenten ausgeben, die ein Kassenarzt kostenlos verschreiben würde? Und zwar nach einer seriösen Untersuchung und nach Abwägung des erhofften Nutzens wie auch der Nebenwirkungen, die ja von der momentanen Situation jedes Patienten abhängen”, erklärt der oberste Ärztevertreter.

Ähnlich reagierte auch Gesundheitsminister Alois Stöger: In Österreich habe gesetzlich ein Arztkontakt stattzufinden, bevor ein Medikament verschrieben werde. Er warne Patienten daher eindringlich vor Ferndiagnosen: Krankheiten bräuchten einen Arzt bzw. eine Ärztin, so der Gesundheitsminister.“Solche Fernbehandlungen sind in medizinischer wie ethischer Hinsicht unverantwortlich”, betont Dorner: “Sie sind dank unseres Sozialsystems, in dem jeder Mensch kostenlosen Zugang zu ärztlicher Behandlung hat, eigentlich auch überflüssig. Und sie können im Ernstfall viel Leid und Streit bewirken. Denn ein Arzt, der sich an das österreichische Ärztegesetz hält, haftet im Zweifelsfall für Behandlungsfehler. Wie das bei solchen Geschäftsideen ist, weiß momentan noch nicht einmal der
Patientenanwalt”, betont Dorner.

Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) steht den Online-Ärzten ablehnend gegenüber, auch weil diese aus juristischer Sicht “eindeutig gegen geltendes Recht verstoßen”: Zwar stelle die EU-Dienstleistungsrichtlinie (2006/123) fest, dass für die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen grundsätzlich das Prinzip des Herkunftslandes gelte. Demnach komme das Recht jenes Staates zum Tragen, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat. Gesundheitsdienstleistungen seien davon allerdings ausgenommen. Für sie gelte eine Sonderrichtlinie (2011/24), die festhalte, dass die Erbringung sämtlicher grenzüberschreitender Gesundheitsdienstleistungen (egal ob privat oder öffentlich finanziert) den Gesetzen jenes Landes unterliege, in dem die Leistung erbracht würde. Nachdem österreichische Ärzte per Gesetz dazu verpflichtet seien, ihre Patienten “direkt und umittelbar” zu behandeln, gelte das auch für die Onlineärzte “Dr.ED”.

 

Freitag, 9. März 2012, von Elmar Leimgruber

Widerstand gegen Lockerung des Berufsgeheimnisses

Österreichs Justizministerin Beatrix Karl

Die österreichische Journalistengewerkschaft startet eine Online-Petition gegen die Einschränkung der Pressefreiheit durch eine Gesetzesabänderung (konkret § 112 StPO): Konkret geht es darum, dass weisungsgebundene Staatsanwälte mit Hilfe der Polizei praktisch jederzeit redaktionelle Unterlagen und Daten von Redaktionscomputern beschlagnahmen können. “Informanten wird damit jeder Schutz entzogen.

Die Aufdeckung von Korruptionsfällen und Fehlverhalten der Regierung sollen damit praktisch unmöglich gemacht werden, reagiert Franz C. Bauer, Chef der Journalistengewerkschaft. “In einer überfallsartigen Änderung des ursprünglichen Ministerratsentwurfs und nach Ende der Begutachtungsfrist habe Justizministerin Beatrix Karl nach der Gebutachtungsfrist Formulierungen in eine Änderung der Strafprozessordnung (StPO) eingeschleust, die das Redaktionsgeheimnis und damit die Pressefreiheit abschaffen, lautet der Vorwurf. Und hier kann die Petition “Rettet die Pressefreiheit” der Journalistengewerkschaft online unterzeichnet werden.

Auch der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) fordert eine sofortige Rücknahme der geplanten StPO-Änderung: er befürchtet eine endgültige Aushebelung des Redaktionsgeheimnisses: “Dies ist ein neuerlicher Versuch des Justizministeriums die Grund-und Freiheitsrechte und damit die Pressefreiheit einzuschränken”, reagiert ÖJC-Präsident Fred Turnheim: “Dieser neuerliche Angriff auf Grundpfeiler des demokratischen Rechtsstaates zeigt von einem gefährlichen demokratiepolitischen Gedankengut der Justizministerin.” Der ÖJC fordert daher alle Nationalräte auf, “diesem Angriff auf die Pressefreiheit keinesfalls zuzustimmen”.

Ähnliche Reaktionen kommen auch von der Österreichischen Rechtsanwaltskammer (ÖRAK) und von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder: Die ÖRAK kritisiert “die Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen, unter denen Redaktionsgeheimnis, anwaltliche Verschwiegenheit und eine Reihe weiterer gesetzlich geregelter Verschwiegenheitspflichten und -rechte problemlos von der Staatsanwaltschaft ausgehebelt werden können, und zwar ohne Einbindung eines unabhängigen Gerichts, dessen Kompetenzen im Strafverfahren weiter zugunsten der weisungsgebundenen Staatsanwaltschaft eingeschränkt werden”. Beschuldigte Rechtsanwälte, Journalisten, Ärzte, Steuerberater, Notare, Priester könnten so künftig nicht mehr der Sicherstellung von Aufzeichnungen und Datenträgern widersprechen: “Es wäre daher ein Leichtes, die Verschwiegenheit eines Rechtsanwaltes oder das Redaktionsgeheimnis auszuhebeln, indem man den Betroffenen in die Position eines Beschuldigten versetzt”, mahnt ÖRAK-Präsident Rupert Wolff.

Bisher hatten unabhängige Gerichte zu entscheiden, ob die Verwendung zulässig ist. Mit dem neuen Gesetz liege das nun im Ermessen des Staatsanwalts, kritisiert die Kammer der Wirtschaftstreuhänder: “Das ist ein unzulässiger Eingriff in die Schutzrechte der Klienten und ist abzulehnen”, sagt der Präsident der Freien Berufe, Klaus Hübner, der auch Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist.

Da das BZÖ wegen dieser geplanten Gesetzesänderung einen Misstrauensantrag gegen Justizministerin Beatrix Karl eingebracht hat, reagiert nun auch diese auf die Vorwürfe: “Scheinbar ist es den Kritikern nicht recht, dass sich das Justizsystem auf die Schwerstkriminalität in Sachen Amtsmissbrauch und Korruption konzentriert”. Und sie verspricht, dass “das Redaktionsgeheimnis und Informationen von Geheimnisträgern weiterhin vollumfänglich geschützt werden.” Und natürlich werden laut Karl “auch in Zukunft werden Hausdurchsuchungen ausschließlich durch einen Richter bewilligt. Zusätzlich soll es für dabei sichergestellte Unterlagen die Möglichkeit des Widerspruchs zunächst an die Staatsanwaltschaft und bei Uneinigkeit eine Anrufung des Einzelrichters und eine Beschwerdemöglichkeit an einen Richtersenat geben”, verspricht die Justizministerin und: “rechtswidriges Handeln von Amtspersonen führt selbstverständlich zur Nichtigkeit etwaiger Entscheidungen”.

Sonntag, 8. Januar 2012, von Elmar Leimgruber

Gesundheitssystem: Milliarden an Einsparungspotential in der Verwaltung

23 Prozent der gesetzlichen Krankenversicherung fließen in die Verwaltung
Grafik: A.T. Kearney

Das öffentliche deutsche Gesundheitssystem hat laut einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens A.T. Kearney ein mögliches Einsparungspotial in Höhe von bis zu 40,4 Milliarden Euro.  Durch einen “aufgeblasenen Verwaltungsapparat” wurden demnach allein im Jahr 2010 tatsächlich 40,4 Milliarden Euro verschleudert.  Die Studie von A.T. Kearney zeigt zudem erstmals auf, dass von jedem einzelnen Euro Beitragszahlung höchstens 77 Cent für direkt am Patienten wertschöpfende Tätigkeiten ausgegeben werden konnten. Die 23 prozentige Verwaltungskostenquote des deutschen Gesundheitssystems ist so um den Faktor 3,8 höher als der durchschnittliche Wert in deutschen Industrieunternehmen, der 6,1 Prozent beträgt.

Darüber hinaus kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass 68 Prozent der gesamten Verwaltungskosten bzw. 27,5 Milliarden Euro durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) selbst verursacht werden. Dies entspricht einem tatsächlichen Verwaltungsaufwand von 15,6 Prozent bezogen auf die 176 Milliarden Euro Gesamtausgaben. Dieser Verwaltungskostenanteil ist um den Faktor 2,9 größer als die von der GKV offiziell berichteten Verwaltungskosten von 5,4 Prozent bzw. 9,5 Milliarden Euro.

Die Studie von A.T. Kearney  hat bezogen auf die Verwaltungskosten ein Einsparpotenzial von mindestens 13 Milliarden Euro identifiziert. Von jedem Euro können mindestens 8 Cent eingespart werden: “Der Beitragssatz ließe sich von 15,5 Prozent auf mindestens 14,2 Prozent senken”, so Oliver Scheel, Partner bei A.T. Kearney und Leiter des Beratungsbereichs Pharma & Healthcare. Das Einsparpotenzial beträgt somit konkret 252,90 Euro pro Beitragszahler pro Jahr oder 1,3 Prozentpunkte des Beitragssatzes. Das deutsche Gesundheitswesen verfügt über ein signifikantes und bislang ungenutztes Effizienzsteigerungs- und Kostendämpfungspotenzial, so A.T. Kearney. Im Rahmen einer unabhängigen und eigenfinanzierten Studie wurde im Zeitraum Juni bis August 2011 eine Marktforschungsanalyse mit 6.000 Leistungserbringern durchgeführt.

Auch nach den Vorstellungen der Österreichischen Ärztekammer  (ÖÄK) kann -anstatt die Ausgaben einzuschränken- das Kostenwachstum in der gesetzlichen Krankenversicherung auf Verwaltungsebene erheblich eingeschränkt werden, indem bestehende, wenig effiziente Strukturen neu geordnet würden. “Die Aufgaben der stationären Versorgung durch die Spitäler gehören klar getrennt von der Akutversorgung in den Spitalsambulanzen und den Aufgaben der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte”, erklärte der oberste Ärztevertreter Walter Dorner. Wer aber als Politiker seine soziale Aufgabe ernst nehme, werde dazu stehen müssen, dass es angesichts der steigenden Lebenserwartung und der damit verbundenen Zunahme vor allem chronischer Erkrankungen einerseits und des Fortschritts der Medizin andererseits nur schwer vertretbar sei, für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung immer weniger Geld auszugeben.

Wohnortnahe Ordinationen und neue Kooperationsformen von niedergelassenen Ärzten könnten einen Gutteil der Versorgungsaufgaben übernehmen, die in den Spitalsambulanzen zu unhaltbaren Überlastungen führten. Dabei verwies Dorner auf das kürzlich von der Ärztekammer angeregte Modell der Akutordinationen. Diese könnten als den Spitälern vorgeschaltete allgemeinmedizinische Einrichtungen dafür sorgen, dass echte Notfälle sofort behandelt werden – je nach medizinischer Erfordernis entweder im Krankenhaus oder in der Akutordination. Patienten, bei deren Beschwerden keine Akutbehandlung notwendig sei, würden an den entsprechenden Fach- oder an den Hausarzt überwiesen.

“Ein weiterer wichtiger Schritt zur Einbremsung des Kostenwachstums ist aus Sicht der Ärztekammer das Hausarztmodell”, hält Dorner fest. Schließlich habe auch der Rechnungshof die enorme Belastung der Spitalsambulanzen nicht nur durch Erst-, sondern auch durch Nachbehandlungen bestätigt. Das Hausarztmodell sieht vor, dass sich Patienten einen Haus- und Vertrauensarzt wählen, der sie zielgerichtet durchs Gesundheitssystem lotst und im Idealfall ein Leben lang betreut. Würde man die Hälfte dieser Nachbehandlungen in den dafür bestens gerüsteten niedergelassenen Bereich verlagern, ergäbe sich auch hier eine jährliche Kostenersparnis in Millionenhöhe, so der Präsident der Ärztekammer.

Montag, 12. Dezember 2011, von Elmar Leimgruber

Fraunhofer entwickelt Express-Bluttest

Dieser Biochip stellt schnell Blutvergiftungen fest
Foto: © Fraunhofer IPM

Das menschliche Blut gibt Aufschluss über vielerlei Erkrankungen. Die Geschwindigkeit des Bluttests kann daher Leben retten – etwa bei einer Blutvergiftung. Mit einem neuen Biochip, den Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik (IPM) in Freiburg entwickelt haben, können Mediziner das Blut künftig direkt in der Arztpraxis untersuchen und innerhalb von zwanzig Minuten liegt das Ergebnis vor.

Um etwa die Frage nach einer Blutvergiftung zu klären, nimmt der Arzt bislang Blut ab und schickt es zur Untersuchung an ein Zentrallabor. Dabei geht wertvolle Zeit verloren, die dem Patienten unter Umständen das Leben kosten kann. “Der neue Biochip wird in einem ebenfalls von uns konstruierten Gerät ausgewertet, das alle Untersuchungsschritte vollautomatisch durchführt”, erklärt Albrecht Brandenburg, Gruppenleiter am IPM. “Der Arzt muss lediglich die Blutprobe in das System stellen und auf das Ergebnis warten.” Je schneller und gezielter die Ärzte eine Sepsis erkennen und behandeln, desto größer sind die Überlebenschancen für den Patienten. Bereits im vergangenen Jahr hatte Fraunhofer -wie berichtet- ein Mini-Labor für Ärzte angekündigt und die Uni Saarland präsentierte kürzlich einen neue Krebsfrüherkennungs-Methode durch Bluttests.

 

Einen Prototyp des Geräts und des Biochips haben die Forscher bereits gemeinsam mit Kollegen einer Universitätsklinik erfolgreich getestet. Der Biochip wird jeweils nur einmal verwendet – entsprechend preisgünstig muss er sein: “Wir rechnen damit, dass er bei entsprechender Stückzahl langfristig nicht mehr als einen Euro kosten wird”, sagt Brandenburg. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig: So lassen sich auch andere Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Krebs untersuchen. Weiterhin ermöglicht der Chip Doping- und Urintests und Qualitätsprüfungen an Lebensmitteln.

Das Gerät arbeitet konkret so: Zunächst bereitet es die Blutprobe vor. Rote Blutkörperchen werden vom Blut getrennt, das zurückbleibende Blutplasma wird auf den Biochip geleitet. Leidet der Patient an einer Sepsis, bildet sein Immunsystem als Abwehrreaktion bestimmte Proteine aus. Diese nutzt der Biochip zur Diagnose: Auf dem Chip sind Antikörper verankert, die an genau diese Proteine ankoppeln können. Falls also Proteine im Blut sind, fischen die Antikörper diese aus der Flüssigkeit heraus und fixieren sie auf dem Chip.

Doch woher weiß das System, ob Proteine gefangen wurden? “Es spült eine Lösung mit passenden Antikörpern über den Chip, die wiederum mit einem fluoreszierenden Farbstoff markiert sind”, erläutert Manuel Kemmler, Wissenschaftler am IPM. “Diese binden an die Proteine – Antikörper, Protein und fluoreszenzmarkierter Antikörper sind damit fest aneinander und an die Oberfläche gekoppelt. Beleuchtet man den Chip, leuchtet der Farbstoff auf.” Das System sieht viele kleine Leuchtpunkte, die verraten, dass Protein im Blut war. Ist der Patient dagegen gesund, bleibt der Chip dunkel.

Mit ihrer Entwicklung können die Forscher sogar verschiedene Proteine in einem Ablauf gleichzeitig untersuchen. In diesem Fall befinden sich unterschiedliche Fängermoleküle auf dem Chip, an die jeweils ganz bestimmte Moleküle aus dem Blut andocken. Durch eine geschickte Wahl der nachgewiesenen Proteinmarker gewinnen die Wissenschaftler wichtige Zusatzinformationen über die Schwere und die Ursache der Erkrankung.

Freitag, 25. Februar 2011, von Elmar Leimgruber

Vor allem Männer sind Arztmuffel

Bild: aekwien.at

Die Österreicher spielen mit ihrer Gesundheit und vor allem Männer sind Präventionsverweigerer, schlägt die österreichische Äztekammer (ÖÄK) Alarm. 2009 nahmen demnach nur 12,8 Prozent der über 18-jährigen Frauen und nur 11,9 Prozent der über 18-jährigen Männer die kostenlose Gesundenuntersuchung in Anspruch. “Das ist ein Rückgang von 4,8 Prozent bei den Herren und 2,7 Prozent bei den Damen gegenüber dem Vorjahr – und das bei ohnehin schon sehr niedriger Beteiligung”, warnte ÖÄK-Präsident Walter Dorner. In Österreich ist die Gesundenuntersuchung grundsätzlich einmal jährlich kostenlos möglich.

Österreich hat laut ÖÄK EU-weit den stärksten Anstieg behandlungsbedürftiger chronischer Krankheiten. Zudem sterben noch immer jährlich rund 20.000 Österreicher an Krebs. Dabei könnten bei frühzeitigem Erkennen 90 Prozent der Todesfälle vermieden werden, erklärte Günther Wawrowsky, der ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. “Das “Pickerl” für die eigene Gesundheit kann also Krankheiten vermeiden und somit Leben retten. Doch noch immer kommen die meisten Leute erst zum Arzt, wenn ihr Leiden bereits weit fortgeschritten ist”.

Männer sind hierzulande besonders nachlässig mit ihrer Gesundheit, kritisiert die Ärztekammer. Im vergangenen Jahr unterzogen sich demnach nur 388.604 Anspruchsberechtigte dem Gesundheitscheck. Doch auch die Performance der Frauen lässt zu wünschen übrig. 450.756 fanden den Weg zur Vorsorgeuntersuchung. “Um jene zu erreichen, für die Prävention offenbar ein Fremdwort ist, müssen sich die Verantwortlichen endlich ihrer Pflicht stellen und das bereits 2005 versprochene flächendeckende Call-Recall-System umsetzen”, forderte Wawrowsky. Es müsse in der Gesellschaft völlig selbstverständlich werden, jährlich seinen Körper durchchecken zu lassen. Kleine Fortschritte sieht Dorner im Kampf gegen Brust- und Gebärmutterhalskrebs. 2009 ließen sich 131.835  Patientinnen neben der “normalen” Vorsorgeuntersuchung gynäkologisch untersuchen. “Das sind immerhin 13,64 Prozent mehr als im Jahr 2008. Dieser Trend darf nun nicht abreißen.”

 

Montag, 13. September 2010, von Elmar Leimgruber

Ärzte verschreiben Antibiotika oft zu leichtfertig

Medikamente, vor allem Antibiotika werden oft vorschnell verschrieben
Foto: © Leimgruber

60 Prozent der deutschen Ärzte verschreiben zu viele und oft falsche Antibiotika. Zu diesem Ergebnis kommt das ARD-Wirtschaftsmagazin “Plusminus”. Die Redaktion hat gesunde Frauen zu Ärzten geschickt und deckt auf: Gegen eine vermutete Blasenentzündung verschrieben sechs von zehn Ärzten unnötigerweise Antibiotika – selbst dort, wo eine Urinprobe ohne Befund gemacht wurde. Teilweise verordneten sie laut “Plusminus” sogar Reserveantibiotika, die nur eingesetzt werden dürfen, wenn andere Antibiotika gar nicht mehr helfen.

“Die Wunderwaffe Antibiotika wird stumpf. Einfache Infektionen können wir nicht mehr behandeln”. Zu dieser Wertung kommt der Infektionsspezialist Alexander Friedrich von der Universitätsklinik Münster nach dem “Plusminus”-Test. Auch Krankenkassen sind nach dem Test alarmiert: Das wissenschaftliche Institut der AOK, Wido, warnt gerade jetzt zu Beginn des Herbstes davor, massenhaft Antibiotika zu verschreiben. Schon bei 80 Prozent der Erkältungskrankheiten werden in Deutschland Antibiotika verschrieben, obwohl die meisten Erkältungen Virusinfektionen sind und Antibiotika gar nicht helfen.

Die Folgen sind verheerend, denn der bedenkenlose Einsatz der Medikamente verursacht lebensbedrohliche Resistenzen. Die Gesundheitspolitik müsse jetzt dringend eingreifen und mit Gesetzen die Ärzte zum richtigen Umgang mit Antibiotika anhalten. Sonst, so warnen Experten wie Alexander Friedrich, wird es Antibiotika als Medikament in naher Zukunft nicht mehr geben.

Der TV-Beitrag wird in “Plusminus” am Dienstag 14. September 2010, um 21.50 Uhr im Ersten (ARD) gezeigt.

In Österreich gibt es hierzu den Antibiotika-Resistenzbericht Aures: Auch hier scheint als wichtigste Ursache für die Antibiotikaresistenz die breite und
nicht immer zielgerichtete Verwendung dieser Medikamente auf. Und auch hier werden immer wieder Antibiotika bei Erkältungskrankheiten, also bei
Virusinfektionen verordnet, bei denen diese gar nicht wirken können. Darüber hinaus erfolgt laut Aures auch eine Übertragung resistenter Bakterienstämme von Mensch zu Mensch. Die erhobenen Daten des Berichts dienen der Entwicklung effizienter Bekämpfungsmaßnahmen und stehen hier kostenlos zum Download zur Verfügung. Und hier gibts nähere Informationen zum Thema Antibiotikaresistenz online.

Samstag, 21. August 2010, von Elmar Leimgruber

Ärztekammer: Dorner warnt vor Hetzjagd gegen Übergewichtige

Wiens Ärztechef Walter Dorner
Foto: Ärztekammer Wien – Bernhard Noll

Angesichts der aktuellen internationalen Debatte rund um adipöse (übergewichtige) Personen sei hier unter den vielen Stellungbeziehern eine entscheidene Stimme hervorgehoben, jene des Wiener Ärztekammerpräsidenten Walter Dorner: “Ich verwehre mich gegen Diskriminierung jeglicher Art und warne vor einer Hetzjagd von übergewichtigen Personen.” Dorner fordert, nach “konstruktiven und menschenwürdigen Vorschlägen zu suchen, die Betroffene mit Gewichtsproblemen beim Abnehmen unterstützen und sinnvoll begleiten”.

“Vorsorge statt Stigmatisierung, Bewusstsein statt Ignoranz, gesund statt krank – so lauten die Schlagworte, mit denen wir auf die Betroffenen zugehen sollten” Mit seinem Aufruf bezieht sich der Ärztechef auf die jüngsten Vorschläge der britischen Gesundheitsstaatssekretärin Anne Milton, Adipositas-Betroffene (Übergewichtige) in Krankenhäusern und von Ärzten mit “fett” anzusprechen. Dieser Vorschlag werde in Österreich “hundertprozentig keinen Zuspruch” finden, so Dorner.

Denn: Zwischen Arzt und Patient solle ein vertrauensvolles Verhältnis bestehen, das “den Patienten ermutigt, sich dem Arzt mit seinen medizinischen Problemen anzuvertrauen”. Würde der Patient jedoch mit Beleidigungen – wie von der britischen Staatssekretärin gefordert – konfrontiert, würde das einen “massiven Vertrauensbruch” darstellen.

Dorner verweist in diesem Zusammenhang noch einmal auf die bereits vielfach geäußerten Forderungen der Ärztekammer, mehr Turnstunden in den Unterricht aufzunehmen und für eine gesunde Jause in den Schulbuffets zu sorgen. “Die übergewichtigen Kinder von heute sind die chronisch kranken Erwachsenen von morgen – hier gilt es anzusetzen”, so der Ärztechef.