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Dienstag, 22. Januar 2013, von Elmar Leimgruber

Heeres-Volksbefragung: Jetzt wird analysiert und reformiert

Bundesheer-Vorführung Staatsfeiertag

Zunächst zur Wahlanalyse, und dann zur Zukunft des österreichischen Bundesheeres:

-Wahlanalyse:

Ich bin -wie in meinem bisherigen Kommentaren erläutert- nicht grundsätzlich gegen ein Berufsheer, nur aktuell halte ich dies -speziell in Österreich- nicht für sinnvoll oder gar zeitgemäß. Daher kann ich meine Freude über das Ergebnis der Volksbefragung nicht verbergen:

Zum einen war das Thema Abschaffung des Grundwehrdienstes verbunden auch mit der Abschaffung des Zivildienstes offenbar ein Thema, das die Menschen in Österreich mehr bewegte als beispielsweise Wahlen zum Europaparlament. Sich nicht nur inhaltlich mit den Folgen der einen oder anderen Entscheidung auseinanderzusetzen, sondern sich durch die Teilnahme an der Volksbefragung aktiv einzubringen, ist ein großes Zeichen politischer Reife und zeigt vor allem Eines: Wenn es der Bevölkerung wirklich um was geht, dann will sie mitbestimmen, also die direkte Demokratie: das freut alle politischen Lager und das freut mich auch ganz besonders: Danke für die außerordentlich hohe Wahlbeteiligung.

Dieses Ergebnis der Volksbefragung ist auch ein starkes Ja zur Solidarität mit dem eigenen Land und seinen Menschen, besonders der Hilfsbedürftigen, der kranken und der alten Menschen. Der Zivildienst ist zwar “nur” ein Ersatzdienst für den Grundwehrdienst, aber mit dem Fallen des Grundwehrdienstes würde er ebenfalls fallen. Daher ist dieses Hauptargument (74%), für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht zu stimmen, sehr nachvollziehbar und auch vernünftig. Und es stimmt zudem auch nicht, dass der Wehrdienst keine Rolle in der Entscheidung gespielt hat: Gleich 70 % der Bevölkerung halten Wehrdienst und Zivildienst für einen wichtigen Beitrag der Jugend für die Gesellschaft und entschieden sich daher für die Wehrpflicht. Und dies scheint mir auch besonders wichtig: es ist eine Entscheidung gegen den weiterverbreiteten Egoismus in unserer Gesellschaft: wir leben nicht für uns allein und wir haben nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Und das ist gut so: Zumindest eine kurze Zeit im Leben schadet der verpflichtende Einsatz für Österreich, für andere Menschen niemanden (im Übrigen Frauen auch nicht): Im Gegenteil: das ist gelebte Solidarität. Katastrophenschutz und die Neutralität Österreichs waren übrigens weitere Gründe, sich fürs bestehende System auszusprechen.

Und dass -wie der ORF ärgerlicherweise seit dem Wahlabend polemisierte- die Senioren der Jugend mit dieser Entscheidung ihr Modell aufgedrängt hätten, stimmt so auch nicht: Zum einen blendete der ORF -der übrigens in der gesamten Berichterstattung äußerst einseitig und tendenziös manipulierend war (obwohl er mehrmals auf diese Verfälschung hingewiesen wurde) dauernd die größe Altersgruppe der 30-59-Jährigen aus, welche genauso (61%) wie ihre älteren Mitbürger (71%) zugunsten des bestehenden Modells der Wehrpflicht entschieden. Zum Einen wurde verschwiegen, dass augerechnet die Wahlbeteiligung der direkt Betroffenen, der Jungen, am Geringsten war (weil es offenbar kein Thema für sie ist, an der Wehrpflicht beteiligt zu werden). Und beide anderen Altersgruppen (30+), die sich immerhin um viele Jahrzehnte erstrecken, haben so entscheiden. Es muss sogar sogar positiv überraschen, dass so viele der eigentlich Betroffenen (entgegen der billigen Populismuskampagne der SPÖ zusammen mit ihren Massenblättern: “Ersparen wir den jungen Leuten doch diese Zeit”), die Jungen (Bis 29 Jahre) sich immerhin zu 37% ebenfalls für die Wehrpflicht ausgesprochen haben: Sie sind bereit, Verantwortung für ihr Land und für ihre Mitmenschen zu übernehmen, auch wenn nicht sofort wer (wie beispielsweise Sozialminister Rudolf Hundstorfer) mit dem vollen Geldbeutel winkt. Und dafür gebührt ihnen großer Respekt und Achtung: Sie haben einen sicher nicht immer einfachen, auch weil verpflichtenden Weg, trotzdem gewählt.

Ebenso postiv überraschend ist auch das Wahlverhalten der Frauen: auch sie stimmten (mit 55%) -obwohl es sie nicht direkt betrifft- für die Wehrpflicht: Dank und Anerkennung. Und selbst von jenen Wählern, welche nie weder Grundwehrdienst noch Zivildienst hatten, halten 50% das bestehende Modell der Wehrpflicht für sinnvoll.

Schon am Wahlabend waren sich dann auch alle “Experten” (allen voran Herbert Lackner, “Profil”) einig, dass das Ergebnis der Volksbefragung nicht nur eine Absage an das SPÖ-Modell ist, sondern zudem auch zeigt, dass die großen Massenblätter (“Krone”, “Österreich” und “heute”) bei der Mobilisierung der Bevölkerung nicht (mehr) funktionieren. Ich sage dazu nur: Falschanalyse: Wo werden die beiden Gratisblätter “heute” und “Österreich” (also wohl als fast einzige tägliche Tageszeitungen und entgegen anderslautenden Behauptungen der “Krone”) tatsächlich gelesen? Richtig: in Wien. Und genau hier, wo alle drei Massenblätter massivst für den SPÖ-Standpunkt (Aufhabung der Wehrpflicht)  mobilisierten, gabs auch -im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern in Österreich- ein klares Ja zum Berufsheer. Beruhigen mag zwar wenigstens, dass vor allem die “Krone”, welche im Gegensatz zu beiden Gratisblättern auch über Wien hinaus von Bedeutung ist, offenbar die Mehrheit der Bevölkerung (im Burgenland, wo die Krone 50% Reichweite hat, war das Ergebnis denkbar knapp) dennoch nicht auf ihre Seite zu ziehen in der Lage war. Es wäre aber dennoch ein schwerwiegender Fehler, würde man -vor allem in Wien- Macht und Einfluss der für Wahlkampf instumentalisierten propagandistischen Massenblätter unterschätzen.

- Konsequenzen: Zukunft des österreichischen Bundesheeres:

Werbung für Pioniere beim Bundesheer: http://www.bundesheer.at/miliz/formular_pikp.phpDiese klare Volksentscheidung (alle offiziellen Abstimmungsergebnisse sind hier abrufbar) sowohl in der Wahlbeteiligung (52,4 Prozent) als auch zugunsten der Wehrpflicht sind ein klarer Auftrag an alle politischen Parteien (besonders natürlich SPÖ und ÖVP)  und Fachleuten (ich plädiere hier, auch Berufsheer-Befürworter Gerald Karner wieder in die entsprechende Kommission zu integrieren), sich an einen Tisch zu setzen und sowohl beim Zivildienst als auch und besonders beim Grundwehrdienst die notwendigen Reformen endlich einzuleiten:

Beim Zivildienst muss dafür gesorgt werden, dass die Betroffenen noch mehr sinnvolle Tätigkeiten während ihres Dienstes ausüben, um noch besser zu gewährleisten, dass sehr viele anschließend auch weiterhin entweder beruflich oder noch besser als freiwllige Mitarbeiter für die Sozialeinrichtungen und Hilfsorganisationen tätig bleiben.

Der Grundwehrdienst hingegen muss grundlegend reformiert, ja neu struktuiert werden: Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat am Wahlabend zu Recht gesagt, dass der Grundwehrdienst “Sinn machen” muss für jene, die ihn absolvieren. Dies kann nur funktionieren, wenn der Aufenthalt in den Kasernen klar (und keinesfalls langweilig) organisiert wird: Es gibt viel zu viele so genannte “Systemerhalter” beim Bundesheer, was auch damit zusammenhängt, dass es sich hier vorwiegend um unkündbare Beamte handelt. Diese Situation muss sich ändern: Genauso wenig wie in der Privatwirtschaft und übrigens auch im sonstigen Öffentlichen Dienst reine Systemerhalter untragbar sind, trifft dies selbstverständlich auch auf das Bundesheer zu. Die geplante Bereinigung von überflüssigen Mitarbeiten im Heer (Generalstabchef Edmund Entacher:  Zahl der Brigadiere wird drastisch reduziert) muss umgesetzt werden und zudem muss ein neues Dienstrecht her und auch sind befristete Arbeitsverhältnisse für neue Herresangehörige (nicht im Beamtenstatus)  anzudenken: Auch im Bundesheer muss das Leistungsprinzip wieder zählen.

Und inhaltlich muss selbstverständlich im wahrsten Sinne des Wortes auch militärisch ausgebildet werden: immerhin müssen jene, welche den Grundwehrdienst absolviert haben, unter fachkundiger Anleitung im Notfall auch in der Lage sein, Verantwortung für ihr Land Österreich zu übernehmen und dessen Menschen zu verteidigen. Zu glauben, dass eine Landesverteidigung heute überholt ist (wie vor allem die KPÖ und Kreise der Grünen träumen), weil es aktuell keine Kriegsszenarien in Europa gibt, zeugt von Unkenntnis und Ignoranz. Immerwährender Friede ist wünschenswert, aber bedauerlicherweise nicht wahrscheinlich. Der vielverbreitete Standpunkt: “Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin” unterstreicht leider nur den Unwillen, für sein Land und seine Mitmenschen einzutreten und sie zu verteidigen. In Folge setzt sich immer der “Stärkere”, der Aggressor durch, was in niemandes Interesse sein kann. Für den hoffentlich nicht zu schnell (aber wahrscheinlich wohl leider) eintretenden Fall der Fälle muss auch Österreich mit seinen Männern (und Frauen) vorbereitet und gerüstet sein, sich zu verteidigen. Dies schreibt nun sogar (in diesem Fall äußerst lesenswert!) “unverdächtig” Christian Rainer (“Profil”).

Und wenn sich jetzt alle lobenswerterweise der Bundesheer-Reformkommission des von mir hochgeschätzten Wiener Alt-Bürgermeisters Helmut Zilk erinnern (an der übrigens alle Parlamentsparteien beteiligt waren), was ich für gut finde, möge man sich den Satz von Zilk in der Einführung des Endberichts einprägen: “Die Kommission ist in der Frage der Wehrpflicht zur grundsätzlichen Erkenntnis gelangt, dass derzeit ein Verzicht darauf nicht möglich ist.” Es stimmt also nicht, was der Grüne Peter Pilz (damals auch in der Kommission) am 21. Jänner in der ZIB2 (ORF2) wörtlich dazu sagte: “Über die Wehrpflicht haben wir uns überhaupt nicht geäußert.”

Fraglich ist allerdings, dass von den Vorschlägen der Bundesheer-Reformkommission bis heute -mit Ausnahme der Verkürzung des Grundwehrdienstes auf 6 Monate (wobei ich persönlich die Sinnhaftigkeit dieser Verkürzung anzweifle)- praktisch nichts umgesetzt wurde, was wohl nur am dafür zuständigen Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) liegen kann. Möge er also ruhig noch bis Ende der kurzen noch verbeliebenden Legislaturpersiode im Amt bleiben und dann vom Volk abgewählt werden.

Soldat auf Haflinger in unwegsamen Gelände. Foto: Wolfgang RiedlspergerDie Reformkommission empfielt übrigens den Ausschluss von Auslands-Einsatzverweigerung von Berufssoldaten beim Einstieg ins Bundesheer vor und schlägt im Grundwehrdienst unter anderem folgende Reformen zur Schaffung eines “identitätsstiftenden Bundesheer-Leitbildes” vor:

- Grundwehrdiener mehrheitlich in der Einsatzorganisation zu verwenden und die Zahl  der Systemerhalter unter Berücksichtigung der Tauglichkeitsgrade und der beruflichen  Vorbildung auf ein Mindestmaß zu reduzieren
- die Schaffung der Voraussetzungen für die unverzügliche Aufnahme als vorerst zeitlich befristeter Berufssoldat und Berufssoldatin einschließlich der besoldungs-, sozial- und pensionsrechtlichen Konsequenzen unter Berücksichtigung der Einstiegsentlohnung vergleichbarer Berufe und unter dem Aspekt der Existenzabsicherung. Für Grundwehrdiener soll diese Regelung ab dem Zeitpunkt der Annahme der Verpflichtungserklärung wirksam werden;
- die Anerkennung herausragender Dienstleistung durch Prämien und Sachleistungen sowie die Abgeltung überdurchschnittlicher Belastungen oder auch Gefährdungen im Rahmen der Ausbildung;
- die Ermöglichung einer systematischen Information am Arbeitsmarkt im Rahmen des allgemeinen Betreuungsangebotes zur Vorbereitung der Wiedereingliederung ins zivile Berufsleben;
- die Überprüfung der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und des Umfanges der Dienste vom Tag;
- die Anpassung der Ausbildungsinhalte an die neuen Aufgaben und Herausforderungen des Bundesheeres.
- das Angebot einer unentgeltlichen Inanspruchnahme ressortinterner Beratungsmöglichkeiten für eine Erstberatung in Rechts-, Vermögens- und Schuldnerfragen sowie Fragen des Konsumentenschutzes für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
- die flächendeckende Einführung einer zweckmäßigen und internationalen Standards entsprechenden Ausrüstung und Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten.
- Suchtbekämpfung einschließlich geeigneter Führungs- und Überprüfungsmaßnahmen, um dem Konsum legaler (Alkohol) und illegaler Drogen entgegenzuwirken, verbunden mit Ausbau der militärischen Sportausbildung (mindestens eine Stunde Sport täglich).

Der vollständige Endbericht der Bundesheer-Reformkommission ist übrigens hier abrufbar.

Pioniere des Bundesheers bei Leistungsschau am NationalfeiertagIch plädiere dafür, mit der Umsetzung der längst notwendigen Reformen nicht bis zu den Nationalratswahlen im Herbst zu warten, sondern sie aufgrund dieser überparteilichen Einigung bereits vor Jahren diese endlich konstruktiv zu diskutieren und nach Möglichkeit einstimmig umzusetzen: immerhin geht es um die Zukunft der Sicherheit Österreichs.

Und -dies möge an dieser Stelle auch nicht unerwähnt bleiben- wenn die Zeit hierfür reif ist (kann noch sehr lange dauern), also wenn alle EU-Staaten endlich ernsthaft bereit sind, eine gemeinsame europäische Verteidigungsstruktur umzusetzen, dann möge Österreich nicht zögern, sich ebenfalls daran zu beteiligen: Wir helfen nach klugem, weitsichtigem und weisen Ermessen) anderen, die unsere Hilfe brauchen und sie helfen uns (Österreich ist -langfristig betrachtet- militärisch allein nicht überlebensfähig): das ist gelebte Solidarität, auch in der (Europäischen) Gemeinschaft. Ob dieser Einsatz dann mit einem reinen Berufsheer sinnvoller ist oder in der jetzigen Mischform aus Grundwehrdienern, Berufssoldaten und Freiwilligen (Miliz), diese Frage stellt erst dann (ebenfalls in Form einer Volksbefragung?), und nicht heute: Aktuell bleibt unser Heer ein Heer aus dem Volk für das Volk: und das ist sehr gut so.

Heute haben wir uns in der Volksbefragung für diese gelebte Solidarität mit Östereich und seinen Menschen im Grundwehrdienst und Zivildienst entschieden. Und ich bin sehr stolz auf unsere Bevölkerung, die diese klare Entscheidung getroffen hat.

Montag, 13. Februar 2012, von Elmar Leimgruber

Ö-Sparpaket: Verhaltene Zeichen und Wunder und Opfer

 

Bundeskanzler Faymann (rechts) und Vizekanzler Spindelegger (links) bei der Präsentation des Sparpakets

Nein, es ist nicht schlecht, was Österreichs Bundesregierung (Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger) da am Freitag nach 10 mühsamen Wochen Verhandelns aus dem Sparhut gezaubert hat: Es ist wichtig und richtig, dass Spitzenverdiener (ab 182.000 Euro jährlich gestaffelt), in Zeiten der notwendigen Einsparungen (vgl. meinen Kommentar “Der Weg aus dem Würgegriff der Finanzmärkte”) zusätzlich zu den bestehenden Steuern noch einen “Solidarbeitrag” zur Budgetsanierung von bis zu 6,28 Prozent zahlen müssen. Aber meine Frage an die dies nur begrenzt fordernde ÖVP: warum nur vorübergehend bis 2016?

Dass es aber bei der Pensionsversicherung überhaupt eine Höchstbeitragsgrundlage gibt (sie beträgt bislang 4.230 Euro und wird nun auf 4.410 Euro angehoben), ist mir vollkommen unverständlich. Diese “Grenze” gehört ersatzlos gestrichen. Gott sei Dank aber kommt (hoffentlich!) -dank ÖVP- die so genannte (von grün und rot geforderte) “Vermögenssteuer” nicht. Dafür könnte man tatsächlich Luxusgüter (z.B. Luxusautos und -Wertgegenstände) höher besteuern. Kapitalbesteuerung (also Besteuerung des Geld-Kapitals und von Luxusgütern): ja. Vermögenssteuern: nein danke. Meinen diesbezüglichen Standpunkt habe ich in meinen vorhergehenden Kommentaren (vgl. u.a.: “Die Schuldenbremse und der falsche Weg” und “Schuldenbremse jetzt”) bereits zur Genüge begründet.

rechts: Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ); links: Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP)

Dass die Umwidmung von Grund und Boden von Grünland zu Bauland bisher steuerfrei war, war schwer nachvollziehbar, weil hier vielfach hochspekulativ und teils auch höchst unmoralisch beim Kauf agiert wurde. Dass Gewinne aus solchen Spekulationen künftig besteuert werden, ist gerecht. Dass die Spekulationsfrist bei Immobilien wegfällt (Ausnahme Erstwohnungen), ist hingegen einerseits aus Staatssicht verständlich, aber aus Sicht von Betroffenen sorgt diese Maßnahme mit Sicherheit dafür, dass weniger investiert wird: Sinnvoll in diesem Fall wäre also, diese geplante 25 Prozent-Besteuerung auf Immobilienverkaufs-Gewinne nach 10 Jahren nur dann einzuheben, wenn diese nicht weiter in den Immobilienbereich investiert werden: so würde man die Investitionsfreudigkeit und damit die Wirtschaft fördern.

Wenn alle zur Kasse gebeten werden müssen, warum die Bauern nicht? Natürlich ist es sinnvoll, dass auch sie (wie alle anderen auch) Spritsteuer bezahlen und dass sie gemeinsam mit den Selbständigen (bisher 17,5 Prozent) nun 18,5 Prozent (bisher 15,5 Prozent) in die Pensionskasse einzahlen. Im ASVG-Bereich zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer immerhin gemeinsam 22,8 Prozent hierfür ein. Dass aber künftig die staatlichen Prämien für Bausparverträge und private Pensionsvorsorge gekürzt werden, ist gänzlich der falsche Weg: Dies muss raschestens wieder rückgängig gemacht werden.

Und es ist sogar notwendig, dass auch bei den Pensionen eingespart wird: und sogar lobenswert finde ich, dass in Zeiten der notwendigen Sparsamkeit zwar die Pensionen der kommenden Jahre sich grundsätzlich um etwa ein Prozent unter der Inflationsrate erhöhen werden, dass Kleinpensionen (unter 1000 Euro, das sind laut Kanzler Faymann 60 Prozent Betroffene) von diesem Einschnitt jedoch nicht betroffen sind. Nicht betroffen sind leider aber auch Hacklerregelungen und -wenn man schon immer für Gleichberechtigung ist- für das selbe Pensionsalter von Frauen und Männern, was mit Sicherheit der SPÖ zu “verdanken” ist.

Kanzler Faymann

Das eigentliche Problem bezüglich Pensionen aber wurde nicht wirklich angepackt: Ab 2014 ist zwar die Umstellung aller auf das “Pensionskonto” geplant, was schon ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Es wird künftig zwar finanziell erschwert, in Frühpension zu gehen. Leider aber wurde gerade diesbezüglich bei der ÖBB dank Klientel-Politik der SPÖ auch nicht wirklich der Rotstift angesetzt, was jeden Steuerzahler auch weiterhin viel Geld kosten wird. Die jetzt vorgesehenen Maßnahmen, um das in Österreich übliche Frühpensionistentum (aktuell: Männer mit 59, Frauen mit 57 Jahren) auf ein Mindestmaß zu reduzieren und das effektive Pensionsalter dem vorgeschriebenen anzunähern, werden also keinesfalls reichen: sie sind einfach zahnlos: hier müssen effektive Maßnahmen her:

Es ist zwar sinnvoll, dass Arbeitgeber künftig bei Kündigung von über 50-Jährigen einen “Arbeitsmarktbeitrag” leisten müssen. Aber 110 Euro sind bitte mehr als lächerlich. Sinnvoller wären die vor Verkündung des Sparpaket angedeuteten (aber dann verschwundenen?)  drastischen Strafen für Unternehmen, die langjährige Mitarbeiter ohne Notwendigkeit vor dem Erreichen des Pensionsalters kündigen. In diesem Zusammenhang müssten sich aber auch die Gewerkschaften bewegen, damit die langjährigsten Mitarbeiter nicht automatisiert und undifferenziert die höchsten Löhne erhalten: “Normale” Löhne auch kurz vor der Pensionierung würden wohl einigen Unternehmen das Behalten ihrer verdienten Mitarbeiter erleichtern.

Auch die Einschnitte im Beamtenbereich sind sinnvoll vor allem der geplante “Aufnahmestopp” (außer bei Polizei, Justiz und Lehrern). Da Beamte zudem sowieso automatisch durch Biennienssprünge 1,8 Prozent Gehaltszuwächse pro Jahr erhalten, sind die angekündigte Nullohnrunde und die Minigehaltserhöhung im folgenden Jahr wohl für die meisten Staatsdiener nicht weiter problematisch. Ich hoffe jedoch, dass Bundes-Vertragsbedienstete (also angestellte Nicht-Beamte), welche keine Bienniensprünge zu erwarten haben, sehr wohl zu Gehaltssteigerungen zumindest in Höhe der Inflation kommen.

Vizekanzler Spindelegger

Und ebenfalls sinnvoll ist, dass auch die Zahl der Nationalratsabgeordneten von derzeit 183 auf künftig 165 (mit 16 anstatt bisher 18 Minstern) sinken und die Zahl der Bundesräte auch geringfügig verkleinert werden soll. Da der Bundesrat aber im Prinzip keine gesetzgebende Funktion hat, sondern “nur” existiert, stellt sich in Zeiten notwendiger Sparsamkeit die Frage nach seiner Daseinsberechtigung. Da der Föderalismus und die Mitbestimmung der Länder aber durchaus ihren Platz haben sollen, empfehle ich hier, entweder ein neues kleines Bundesrats-Gremium, bestehend aus den jeweiligen Landeshauptleuten und zwei weiteren vom Landtag zu wählenden Personen zu schaffen oder aber noch besser den jeweiligen Landeshauptleuten auch in der Bundesregierung (sofern der Standpunkt der Landeshauptleute hier einstimmig ist) ein Vetorecht zu gewähren.

Und überhaupt wurde in der öffentlichen Verwaltung und in den Strukturen entgegen den Wirtschaftsfachleuten kaum bis nichts reformiert. Das kann so nicht weitergehen. Die Reformen sowohl im Gesundheitsbereich (und hier meine ich ausnahmslos Einsparungen in der Verwaltung und nicht im sozialen und medizinischen Bereich) als auch sonst im Öffentlichen Dienst müssen kommen. Sonst haben wir im kommenden Jahr das nächste Sparpaket. Und sollte die SPÖ (aus welchen Gründen auch immer) weiterhin die eigentlich schon beschlossene Transparanz-Datenbank verhindern, bleibt die jetzt beschlossene Aussetzung von Doppel- und Mehrfachförderungen nur ein sinnloser Papiertiger. Zudem gehört der österreichische Förderdschungel endlich grundsätzlich durchforstet.

Aber, und das befürchte ich genauso wie die Wirtschaftsforscher: dieses Sparpaket wird auf Dauer leider nicht ausreichen. Schon weil weiterhin riesige Geldsummen von EU-Seite in Pleite-Staaten gepumpt werden müssen. Und auch wenn die FPÖ-Idee dazu (Zahlungen verweigern) durchaus sympathisch klingen mag: Wenn man eine Gemeinschaft bildet, hat man sich gefälligst auch an die gemeinsam vereinbarten Spielregeln zu halten. Dennoch sind die im Sparpaket enthaltenen geplanten Zusatzeinnahmen durch Kooperation mit dem Steuerparadies Schweiz und durch eine (sehr zu begrüßende) Finanztransaktionssteuer bislang nichts als Luftburgen.

Dieses soeben vorgestellte Sparpaket wird also nicht halten, auch weil in Österreich grundsätzlich nur bis zu den nächsten Nationalratswahlen vorausgeplant wird: Wen wunderts da schon, dass es so ist wie es ist und dass die Zahl der über die Politik Frustrierten immer mehr zunimmt. Provisorisch aber doch Lob und Tadel von meiner Seite: es hätte schlimmer, viel schlimmer (auch für den Wirtschaftsstandort Österreich) kommen können. Aber die SPÖ denkt ja jetzt so kurz nach der Einigung schon wieder laut über neue Vermögenssteuern nach.  Und dies, nachdem erst am Freitag dieses angeblich “fixe” Sparpaket geschnürt wurde. Kein Wunder aber bei diesen Populisten, wenn sie nach den neuesten Umfragen nun -aus welchen Gründen auch immer- angeblich die Nummer Eins in der Wählergunst sind. Felix Austria und: Nach dem Sparpaket ist wieder zurück an den Start sag ich dazu nur, wenn Populismus von der Bevölkerung offenbar sosehr honoriert wird…

Mittwoch, 16. Dezember 2009, von Elmar Leimgruber

Die staatlichen Grossverdiener und der gemeine Pöbel

Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann verdient 283.000 Euro jährlich, wenn man das auf 14 Gehälter dividiert, sind dies über 20.000 Euro monatlich.

Soll er haben: meinetwegen. Immerhin trägt er die Hauptverantwortung für den Staat Österreich.

Österreichs ÖIAG-Chef Michaelis (im Staatsdienst) verdient mit über 700.000 Euro weit mehr als doppelt so viel: Wofür? Für den viel zu spät eingeleiteten Verkauf der AUA? Oder für sonstige Erfolglosigkeiten? Apropos AUA: deren Verantwortliche verdienten über 800.000 Euro: wofür? Und über 800.000 Euro jährlich verdienen auch die Verbund-Chefs, über 500.000 der ÖBB-Chef…

Ich habe grundsätzlich schon mal was gegen abgehobene Managergehälter: über 500.000 Euro jährlich zu kassieren ist meines Erachtens in Zeiten der Wirtschaftskrise ein Hohn der immer ärmer werdenen Armen im Land und daher unmoralisch. Daher plädiere ich für gesetzliche Gehaltsbeschränkungen (inkl. Zulagen) auf diese Summe: in der Privatwirtschaft, aber besonders in staatlichen Betrieben.

Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Wessen Spitzengehalt auch noch durch Steuergelder bezahlt wird, der trägt eine noch höhere Verantwortung der Allgemeinheit gegenüber und der muss daher wirtschaftlich und menschlich erfolgreich unterwegs sein für die Allgemeinheit, sonst sollte sein Gehalt -je nach angerichtetem Schaden- bis auf den Einstiegslohn eines Beamten reduziert werden können.

Ganz zu schweigen von Abfertigungen für erfolglose Spitzenmanager: das ist unverfroren: Diese sollten dankbar sein, wenn sie nicht den angerichteten Schaden aus eigener Tasche bezahlen müssen…