Mit ‘Globalisierung’ getaggte Artikel

Freitag, 16. August 2013, von Elmar Leimgruber

Europäisches Forum Alpbach: Euregionaler Tiroltag am 18. August

Mit dem Tiroltag beginnt am Sonntag, 18. August, das Europäische Forum Alpbach 2013. In diesem Jahr findet erstmal ein Euregionaler Tiroltag statt, welcher der Europaregion Tirol gewidmet ist und dem die Länder Tirol, Südtirol und Trentino angehören. Das Motto des Tages lautet: “Zukunftsfähig durch Innovation”.

Seit 1945 geben sich jedes Jahr im August im Tiroler Bergdorf Alpbach Persönlichkeiten aus allen Teilen der Welt, aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, beim Europäischen Forum ein Stelldichein, um aktuelle Fragen der Zeit zu diskutieren. Eröffnet wird das Forum am 18. August mit einem Tiroltag, der in diesem Jahr eine euregionale Form angenommen hat und dem Thema Innovation gewidmet ist.

UN Generalsekretär Ban Ki-Moon und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso werden an der Abschlussveranstaltung des diesjährigen Europäischen Forums Alpbach teilnehmen. Gemeinsam mit Kandeh K. Yumkella (Vorsitzender von UN Energy-For-All), Habib Haddad (CEO von WAMDA), Heinz Fischer (Präsident der Republik Österreich), Pavel Kabat (Direktor der IIASA), Jakaya Kikwete (Präsident von Tansania) und dem indischen Nobelpreisträger Rajendra Pachauri werden sie am 31. August 2013 über neue Ideen für eine faire Globalisierung diskutieren.

Die feierliche Eröffnung des Euregio-Tiroltags am 18. August 2013 mit Europaregion-Präsident, Südtirols Landeshauptmann Luis Durnwalder, dem Tiroler Amtskollegen Günther Platter und dem Trentiner Landesrat Ugo Rossi sowie Forumspräsident Franz Fischler und dem Alpbacher Bürgermeister Markus Bischofer findet um 10 Uhr am Alpbacher Kirchplatz statt.

Der Tiroltag 2013 wird den im Vorjahr eingeschlagenen Weg fortsetzen. Nach dem landesüblichen Empfang am Kirchplatz von Alpbach sind wieder die Forschenden aus Tirol, Südtirol und dem Trentino am Wort, die heuer den Zukunftsfaktor Innovation aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten werden .Innovationen werden dabei als wichtiger Entwicklungsmotor reifer Volkswirtschaften gesehen und als Garanten dafür, die Europaregion Tirol wettbewerbsfähig zu halten, nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen und das hohe Wohlstandsniveau zu sichern. “Innovationen werden häufig nur in einem technologisch-wirtschaftlichen Sinn verstanden. Der Tiroltag 2013 soll aber zeigen, dass der Bedarf an Innovationen viel umfassender ist und alle gesellschaftlichen Bereiche einschließen muss”, erklärt Forum-Alpbach-Präsident Fischler.

“Wir wissen, wie wichtig Innovation für die Sicherung des Lebensstandards und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft ist. Südtirol kann in diesem Bereich von der Zusammenarbeit mit den Nachbarländern profitieren”, sagt Europaregion-Präsident Durnwalder. “Im Rahmen des Tiroltages werden wir gemeinsam mit Wissenschaft, Wirtschaft und Politik der Frage auf den Grund gehen, welche Innovationen die Länder Südtirol, Tirol und Trentino brauchen, um sich an der Spitze Europas halten zu können”, so der Südtiroler Landeshauptmann.

Was das Programm des Tiroltages angeht, so wird der Wirtschaftswissenschafter Enrico Zaninotto von der Universität Trient am Beispiel der Europaregion aufzeigen, welche Rolle Innovationen für die Zukunftsfähigkeit reifer Volkswirtschaften spielen. Wie Innovationen erfolgreich von der Forschung in die Produktion und schließlich zum Konsumenten kommen, wird Sara Matt-Leubner vom Technologietransferzentrum der Universität Innsbruck demonstrieren. Auf die Bedeutung von Innovationen für das Sozialsystem wird der Südtiroler Neurologe Johann Willeit (Medizinische Universität Innsbruck) hinweisen, der auf Grundlage der so genannten Bruneck-Studie ein neues Modell zur Schlaganfall-Vorsorge mit aufgebaut hat. Wie man Institutionen weiterentwickeln kann, um Regionen langfristig erfolgreich zu machen, wird der Senator und Rechtswissenschaftler Francesco Palermo von der Eurac in Bozen ausführen. Die Referate der vier Forschenden aus der Europaregion werden die Grundlage für die gemeinsame Podiumsdiskussion mit den Landeshauptleuten Günther Platter (Tirol), Luis Durnwalder (Südtirol) und dem Trentiner Landesrat Ugo Rossi und dem österreichischen Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle bilden.

Auf dem Programm des Alpbacher Tiroltages steht zudem die Verleihung des Jungforschendenpreises 2013. Der mit 2000 Euro dotierte Preis wird in diesem Jahr zum zweiten Mal vergeben. Mit der von den Wirtschafts- und Handelskammern der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino gestifteten Auszeichnung, die beste wissenschaftliche Nachwuchsarbeit zum Thema Innovation gewürdigt. Die Preisverleihung ist für 11.30 Uhr anberaumt und findet im Erwin-Schrödlinger-Saal statt.

Montag, 9. April 2012, von Elmar Leimgruber

Die global einflussreichsten Städte weltweit

New York, London, Paris, Tokio und Hong Kong sind die global einflussreichsten Städte weltwelt. Dies geht aus dem aktuellen Global Cities Index 2012 von A.T. Kearney und Bloomberg (siehe Grafik) hervor: Doch auch Metropolen aus Schwellenländern wie beispielsweise Peking und Shanghai holen auf und sind aber auf dem besten Weg, in die Liga der weltweit führenden Städte vorzustoßen. Einer der Dreh- und Angelpunkte der globalen Städterangfolge ist zudem die Beobachtung, dass die Globalisierung eine Machtverschiebung weg von den Nationalstaaten und hin zu einem Netzwerk globaler Städte darstellt.

Mit mindestens drei Städten unter den Top-Ten in allen drei Ausgaben des Global Cities Index schneiden besonders die analysierten asiatischen Städte gut ab. Diese Ergebnisse demonstrieren das stabile Gewicht Asiens auf der Weltbühne. Österreichs Hauptstadt Wien konnte sich im Vergleich zu 2010 und 2008 um 5 Positionen verbessern und liegt nun am 13. Rang. Die Top 10 in Europa sind laut Studie London, gefolgt von Paris, Brüssel (international: 9), Österreich, Madrid (18), Moskau (19), Berlin (20), Frankfurt (23), Barcelona (24) und Zürich (25). Sehr sprunghaft entwickelt sich Istanbul: 2008 noch auf Rang 28, 2010 dann auf 41 und in diesem Jahr auf 37.
Deutschland ist laut Studie das einzige europäische Land, das mit drei Städten in der oberen Hälfte des Indexes 2012 vertreten ist. Deutschland belegt diese Vorstellung mit den Netzwerkstädten Berlin (Platz 20), Frankfurt (Platz 23) und München (Platz 31). “Je globaler eine Stadt, desto mehr Kapital, Macht und kluge Köpfe kann sie anlocken,” erklärt Martin Sonnenschein, Managing Director Central Europe bei A.T. Kearney: “Die deutschen Spitzenstädte müssen sich noch mehr anstrengen, um bei der weltpolitischen Zukunft eine gewichtige Rolle zu spielen.” Die Warnung ist begründet, schließlich verschlechterten sich Berlin (von Platz 16 auf 20) und Frankfurt (von 20 auf 23). Lediglich München konnte sich nun schon zum zweiten Mal in Folge um zwei Plätze auf Platz 31 verbessern. “Dass mehr als die Hälfte der Weltpopulation bereits in Städten lebt, ist nicht verwunderlich, denn dort findet die Globalisierung statt”, so Sonnenschein.

Die Städte in den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) arbeiten sich weiter an die Spitze des Index vor, wenn auch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Ähnlich wie beim Abschneiden in den vorhergehenden Index-Rangfolgen ist der Aufstieg der Städte in den BRIC-Ländern vor allem ihrer wirtschaftlichen Aktivität zu verdanken und weniger den anderen Dimensionen, die eine rundum globalisierte Stadt ausmachen. Eine starke wirtschaftliche Tätigkeit sollte die künftige Entwicklung in den anderen Dimensionen vorantreiben und die kulturellen Institutionen ebenso wie die internationalen Denkfabriken fördern.

“Mit dem Global Cities Index, den wir seit 2008 im 2-Jahres-Rhythmus erstellen, haben wir einen einzigartigen Indikator für das globale Engagement von Großstädten geschaffen”, sagt Sonnenschein. Insgesamt wird der jeweilige Globalisierungsgrad von 66 Städten in fünf Dimensionen beleuchtet und zwar in Bezug auf wirtschaftliche Aktivität, Humankapital, Informationsaustausch, kulturelles Erleben und politisches Engagement. Die Analyse ergibt ein Ranking, in dem der globale Einfluss einer Stadt gemessen wird.

Dienstag, 8. November 2011, von Elmar Leimgruber

UNO-Bericht fordert globale Finanzmarktsteuer

Die Einführung innovativer Finanzierungsquellen wie eine Devisentransaktionssteuer und eine „grüne“ Wirtschaftspolitik, die nicht nur auf Nachhaltigkeit setzt, sondern auch soziale Gerechtigkeit fördert, sind dringend notwendig. Auch dies geht aus der aktuellen Ausgabe des weltweit renommierten UN- Berichts über die menschliche Entwicklung (HDI) hervor, der -wie berichtet- vom UN-Entwicklungs­programm (UNDP) und der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) letzthin vorgestellt wurde. Die Autorinnen und Autoren des Berichts unterstützen demnach zur Finanzierung des Klimaschutzes und zur Verringerung von Ungleichheit und extremer Armut die Forderung nach einer internationalen Devisentransaktionssteuer bzw. einer allgemeineren Finanztransaktionssteuer.

Die Zeit sei gekommen, in der eine solche Steuer sich auch problemlos umsetzen ließe, heißt es in dem Bericht. Eine Abgabe von lediglich 0,005 Prozent auf Devisengeschäfte könnte pro Jahr 40 Milliarden Dollar oder mehr einbringen, schätzt der Bericht. Eine solche Steuer würde es ermöglichen, dass diejenigen, die am meisten von der Globalisierung profitieren, denen helfen, die am wenigsten davon haben. Allein zur Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel, vor allem in Südasien und in Afrika südlich der Sahara, werden jährlich rund 105 Milliarden Dollar benötigt.

Viele stark benachteiligte Menschen tragen eine „doppelte Last der Armut“. Sie sind durch die allgemeineren Auswirkungen der Umweltschäden stärker gefährdet, weil ihre Belastungen größer sind und sie über geringere Möglichkeiten zur Problembewältigung verfügen. Sie müssen aber auch mit Bedrohungen in ihrer unmittelbaren Umgebung wie Raumluftverschmutzung, unsauberem Wasser und schlechten Sanitäreinrichtungen fertig werden, stellt der Bericht fest. So muss es – auch mit Blick auf den bevorstehenden Weltumweltgipfel 2012 in Rio – darum gehen, die gravierenden Umweltrisiken und die wachsenden sozialen Ungleichheiten zu verringern. Die unauflösliche Verbindung von ökologischer Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit ist daher von entscheidender Bedeutung, damit die menschlichen Freiheiten für die heute lebenden Menschen, aber auch für die künftigen Generationen sich erweitern.

Der negative Zusammenhang zwischen Ungleichheit und fehlender Nachhaltigkeit macht jedoch auch Spielräume für positive Synergien deutlich, erklärt der Bericht. Wachstum, das durch den Verbrauch fossiler Brennstoffe vorangetrieben wird, ist keine unabdingbare Voraussetzung für ein besseres Leben im Sinn einer breiteren menschlichen Entwicklung. Investitionen, die zu mehr Verteilungs- und Chancengerechtigkeit führen – zum Beispiel Investitionen in den Zugang zu erneuerbarer Energie, Wasser- und Sanitärversorgung und reproduktiver Gesundheit –, könnten sowohl die Nachhaltigkeit als auch die menschliche Entwicklung fördern. Die Rechenschaftspflicht und die demokratischen Prozesse zu stärken, unter anderem durch die Unterstützung einer aktiven Zivilgesellschaft und engagierter Medien, kann ebenfalls zu besseren Ergebnissen führen.

Montag, 18. Oktober 2010, von Elmar Leimgruber

EuroMedia Grand Award geht an “LUX: Visionary Thinkers about the Future” (Niederlande)

In Wien wurden kürzlich zum fünften Mal die Erasmus EuroMedia Awards für herausragende Medienprojekte verliehen, die Geschichte, Entwicklung und Werte Europas kritisch reflektieren. Dieses Jahr wurden insgesamt 38 Medienprodukte aus 17 europäischen Ländern nominiert, darunter sieben aus Österreich. Der Hauptpreis “Grand Award” geht an die TV-Serie “LUX: Visionary Thinkers about the Future” des niederländischen TV-Senders IKON.

Die Serie greift die grundlegenden Diskurse der europäischen Gesellschaften auf und diskutiert in vier Folgen Globalisierung, Diversität, Ethik und Zugehörigkeit. Mit tiefgründigen Interviews mit herausragenden Perönlichkeiten aus unterschiedlichsten kulturellen, konfessionellen und professionellen Hintergründen als Basis “findet “LUX” den notwendigen, zumutbaren Umgangston, dem Publikum komplexe Gedankengänge zu vermitteln”, so der Wiener Publizistik-Professor und Juryvorsitzender Thomas A. Bauer in seiner Laudatio. Die Produktion zeichnet sich zudem “durch eine klare Vision für ein zukünftiges, offenes Europa aus.”
Die weiteren Preisträger 2010:

* Special Award for Aesthetics & Design:Opinion Corner eine interaktive Webseite zu den Perspektiven auf Europa in der Welt, produziert von Mostra (Belgien)
* Special Award for Education & Ethics: Der 2. Weltkrieg, aufwendige TV-Doku-Serie der ORF Redaktion Zeitgeschichte (Österreich)
* Special Award for Discourse & Politics: Liikkumavara / Within Limits, eine Dokumentation über die Alltagswelt von PolitikerInnen von Illume Ltd, Finnland
* Sponsorship Award für Migration/Integration, gestiftet von Eco-C: Projekt Xchange von Okto Community TV (Österreich)

* Weiters wurden Produktionen aus Slovenien (“Boris Pahor”), Deutschland (“Einwanderungsland Deutschland”), der tschechischen Republik (“Dokweb.net”), Ungarn (“1956 Photgraphic Database”) und der Schweiz (Unleashed / Déchaînées”) mit Medals of Excellence ausgezeichnet. Informationen und Trailer zu allen Produktionen sind online.

Die Erasmus EuroMedia Awards sind die europäischen Medienpreise für herausragende Bildungsmedien zum Thema Europa und werden seit 1995 von der European Society for Education and Communication (ESEC) verliehen, deren Vorsitzender der Wiener Medienprofessor Thomas A. Bauer ist. Mit den Preisen werden Medienprodukte ausgezeichnet, die die soziale und kulturelle Integration Europas als bildungspolitisches Thema aufgreifen und bearbeiten, um so zur innereuropäischen Verständigung beizutragen.

Samstag, 6. März 2010, von Elmar Leimgruber

Globalisierung: Ist wirtschaftlicher Wohlstand ein Menschenrecht?

Am 24.9.2001 verfasste ich auf meiner damaligen Homepage einen vielbeachteten Kommentar, der -angesichts der heutigen Wirtschaftskrise- nach wie vor Gültigkeit besitzt.

Mein damaliger Kommentar im Wortlaut:



Wirtschaftlicher Wohlstand – Ein Menschenrecht (?)

Durch Globalisierung zu mehr oder zu weniger Armut?

Spätestens seit dem G8-Gipfel in Genua und den Zusammenstößen von Demonstranten mit der Polizei hat das Thema Globalisierung wieder eine breite Öffentlichkeit erreicht. Die Kluft zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden sei hausgemacht und werde eben gerade durch die Globalisierungstendenzen erzeugt, ja heraufbeschworen, sagen Gegner einer “Weltwirtschaft”.Erst vor wenigen Tagen hatten Globalisierungsgegner die Weltbank und den Internationalen Währungsfond (IWF) aufgefordert, alle ihre Sitzungen öffentlich zugänglich zu machen. Zudem sollten den Ländern der Dritten Welt ihre Schulden erlassen werden, bekräftigte die “Bewegung für weltweite Gerechtigkeit”, eine Dachorganisation von Protestgruppen, in Washington. Die gegenwärtige Politik, die den Einwohnern armer Länder den Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung erschwere, müsse geändert werden. Der IWF hingegen wird seine Prognose für das Weltwirtschaftswachstum in diesem Jahr erneut nach unten revidieren, und zwar auf 2,8 von 3,2 Prozent. Ob sich die Weltkonjunktur dann 2002 erholen werde, bleibe ungewiss, hieß es aus IWF-Kreisen.Die G8 haben in Genua zwar u.a. beschlossen, dass die 14 ärmsten Staaten der Welt keine Zollgebühren mehr für ihre Exporte entrichten müssen, aber es werde keine weiteren Schuldenerlasse mehr für diese geben. Globalisierung sei nicht die Ursache der Not in der Dritten und Vierten Welt, hieß es. Im Gegenteil: Die Öffnung der Märkte sei das einzige probate Mittel, um Armut in den unterentwickelten Ländern zu bekämpfen, so die Staats- und Regierungschefs der USA, Kanadas, Frankreichs, Großbritanniens, Deutschlands, Italiens, Japans und Rußlands.

“Die Globalisierung ist eine Tatsache, ob sie uns gefällt oder nicht”, meinte auch EU-Kommissionspräsident Romano Prodi unlängst. “Wir haben die Aufgabe, sie zu beherrschen und in den Dienst des Menschen zu stellen”, forderte Prodi. Das Problem der Armut in der Welt lasse sich nicht mit weniger, sondern nur “mit mehr Globalisierung” lösen. “Das Europa, wie ich es mir vorstelle, ist ein soziales Europa, ein Europa der Bürger, das der Welt als Vorbild dient, weil es Schutz bietet und in der Lage ist, auch in den aufstrebenden Ländern für Wohlstand und Wachstum zu sorgen”. Dafür wolle er kämpfen und “vor allem jene Kräfte zurückdrängen, deren Reichtum sich aus der Armut anderer speist”, erklärte der EU-Kommissionspräsident abschließend.

Reichtum und Armut gibt es aber nicht nur zwischen einzelnen Staaten, sondern auch in jedem Land selbst. Nach Angaben der Caritas wandten sich allein im vergangen Jahr über 60.000 Menschen in Österreich an die Hilforganisation. Sie sei auch die erste Anlaufstelle für Menschen, die am Rand der Armut und Obdachlosigkeit stehen. Ihnen werde Beratung und Unterstützung im Umgang mit Ämtern angeboten, schwangeren Frauen werde Arbeit vermittelt, Sachhilfen in Form von Lebensmittel, Kleidung und Möbel oder einer finanziellen Überbrückungshilfe gegeben. Ein relativ neues Phänomen der Armut sind laut Caritas hochverschuldete junge Menschen, die durch gesellschaftlichen Druck oder Medien ihre materiellen Grenzen überschreiten und ohne fremde Hilfe in die Obdachlosigkeit abgleiten.

Der gesellschaftliche Druck, sich alles leisten zu müssen, weil es sich “die anderen” ja auch leisten, kann sich in der Tat verheerende Folgen haben für die, die das nötige Geld hierfür eben nicht haben. Und auch die von Banken verlockenden günstigen Kredite verführen so manche junge Familie dazu, sich auf Schulden einen vorübergehenden Luxus zu leisten. Vorübergehend aber im durchaus im wörtlichen Sinn, weil er oft spätestens dann zu Ende ist, wenn einer der Partner seinen Arbeitsplatz verliert oder wenn sich die Partner trennen. Auch sind die von den Sozialpartnern ausgehandelten Kollektivverträge für die verschiedenen Branchen nach wie vor sehr unterschiedlich, vor allem was die Festlegung des Mindestgehaltes betrifft. Wenn die New Economy auch seit Monaten eine intensives wirtschaftliches Erdbeben verspüren mag: nach wie vor ist dort noch am meisten zu verdienen, dafür wenig im Bau- und Industrie- und Gastgewerbe. Auch von daher wird so eine finanzielle Gleichheit der Menschen auch in Österreich schwer realisierbar sein.

Im Artikel 25 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte heißt es zwar, dass jeder Mensch “Anspruch auf eine Lebenshaltung hat, die seine und seiner Familie Gesundheit und Wohlbefinden” wie Nahrung, Wohnung, ärztliche Betreuung und Sozial- Fürsorge, gewährleistet. Aber heißt das nur, dass jeder Mensch das Recht hat, sozial abgesichert bloß zu überleben oder muss er sich finanziell auch noch mehr als das Lebensminimum leisten können? Wo endet die Armut und wo beginnt der sogenannte Wohlstand? Für einen fast Verdurstenden in der Wüste kann beispielsweise ein Schluck Wasser auch schon Reichtum bedeuten.

Gibt es denn ein Recht auf wirtschaftlichen Wohlstand? Wohl eher nicht. Und garantiert ein gewisser Lebenstandard im Sinne eines wirtschaftlichen Wohlstands auch gleichzeitig, dass der Mensch dadurch glücklich wird? Offenheit und Hellhörigkeit für Leid, Not und Armut sowie Solidarität werden aber meines Erachtens zu Recht erwartet, besonders von “zivilisierten” Staaten, Institutionen und Menschen, die im Wohlstand leben. Bedenkenswert wäre aber auch die Vision, die Güter der Erde gerechter zu verteilen, sowohl zwischen reichen und armen Ländern als auch zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.