Mit ‘Griechenland’ getaggte Artikel

Sonntag, 18. Dezember 2011, von Elmar Leimgruber

Der Weg aus dem Würgegriff der Finanzmärkte

Ja, es stimmt: Europa (und nicht nur das) ist im Würgegriff der Finanzmärkte. Aber das sind die Ursachen: Obwohl bereits im Euro-Stabilitätspakt (Ursprung 1992) geregelt ist, dass Staaten die Höhe ihres jährlichen Haushaltsdefizits auf 3% ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) und den Stand ihrer öffentlichen Verschuldung auf 60% ihres BIPs begrenzen müssen, hielt sich kaum eine Regierung (in Österreich wenigstens die schwarz-blaue Regierung teilweise) an diese Vorgaben: Jede Regierung nutzte für sich zwar die Vorteile der Grenzenlosigkeit und der gemeinsamen Währung ohne aber die geforderten und zugesagten Verpflichtungen auch einzuhalten. Im Gegenteil: die meisten Regierungen trieben in den vergangenen Jahren ihre Staatsschulden in unermessliche Höhen. Dies konnte (und kann) nicht auf Dauer ohne Folgen bleiben.

Wenn ein Staat kostendeckend wirtschaftet- und dies sollte der Regelfall sein- dann hat er es nicht notwendig, Geld zu borgen (von wem und zu welchen Bedingungen dieses auch immer kommen mag). Wenn ein Staat aber bedauerlicherweise (in vielen Fällen) seit Jahrzehnten nicht nur seine Schulden nicht zurückzahlt, sondern im Gegenteil weiterhin zusätzliche neue zusätzliche Schulden produziert, dannn kann dies nicht auf Dauer toleriert werden. Denn jeder, der eine Leistung erbringt, will auch dafür bezahlt werden, egal ob er die Heizung repariert, Kartoffeln verkauft oder Geld borgt. Dem Geldgeber als den Schuldigen und den Bösen hinzustellen, wenn er gegen die weitere Schuldenproduktion ist, ist daher also nicht gerechtfertigt. Im Gegenteil: Durch die Anhäufung ständig neuer Schulden beweist man geradezu, dass man selbst offensichtlich nicht in der Lage ist, vernünftig zu wirtschaften.

Die vielfach verbreitete “Schlachtet die Finanzmärkte”-Stimmung in der Bevölkerung verwundert mich nicht, weil ihnen maßgeblich das nötige Wissen zum Verstehen verwehrt wird: Viele Kolleginnen und Kollegen im Journalismus nähren Falschinformationen, hetzen teilweise sogar auf, informieren nicht oder nur mangelhaft darüber, was Sache ist und warum es so ist. Dies versuche ich nun anhand eines weiteren Beispiels nachzuholen:

Jeder, der schon mal einen Kredit aufgenommen hat, weiss, wie das funktioniert: man möchte beispielsweise ein Haus kaufen und hat nicht genügend Bargeld, um sich den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen und begibt sich auf die Suche nach einer geeigneten Bank für die Finanzierung. Ob die Finanzierung überhaupt genehmigt wird oder nicht, hängt dann maßgeblich davon ab, wie hoch die Eigenmittel sind (also welchen Anteil vom erwünschten Kapital man selbst besitzt), wie viel man monatlich verdient und ob man noch sonstige (freie oder kreditbehaftete) Immobilien besitzt. Und je nach dem, wie viele Sicherheiten jemand zu bieten hat, fallen die Konditionen der Kreditvergabe durch die Bank aus:

Wenn also wer 50 Prozent und mehr an Eigenkapital hat (z.B. 200.000 von insgesamt benötigten 300.000 Euro) und zudem noch ein Einkommen von 2.500 euro netto aufweisen kann, dann erhält er mit Sicherheit weitaus bessere Konditionen von der finanzierenden Bank als wer, der 1.500 Euro monatlich verdient und 100.000 Euro Eigenkapital hat. Dies ist ja auch gerechtfertigt, weil die höheren Zinsen in diesem Fall der Bank helfen, das Risiko der Nichtrückzahlbarkeit zu gegenfinanzieren. Aber natürlich steht es dem Kreditnehmer frei, mit dem Finanzierer über bessere Bedingungen und Zinsen zu verhandeln: auch in diesem Fall werden jedoch wirklich bessere Konditionen nur bei guter Bonität erreicht werden können. Und hat man verhandelt und sich geeinigt, haben sich natürlich beide Seiten an die Vereinbarungen zu halten.

Um bei diesem Beispiel der Hausfinanzierung zu bleiben: Tritt wer bezüglich eines Hauskaufes an eine Bank mit dem Ersuchen um Kredit heran, der keine oder nur sehr geringe Eigenmittel hat, aber dafür schon mehrere kreditfinanzierte Häuser hat, deren Einkommen nicht mal in der Lage ist, die Kreditzinsen zu decken, wird jede Bank aus nachvollziehbaren Gründen die Finanzierung des zusätzlichen neuen Objektes ablehnen: sie würde mit Sicherheit das geborgte Geld niemals zurückbekommen. Bei Staaten ist es ähnlich: Verschuldete Staaten sind zwar vermutlich auch niemals in der Lage, die gesamte über Jahrzehnte hindurch angehäufte Schuldenlast zurückzuzahlen, aber dennoch bekommen sie immer wieder Kredite, weil sie sonst eben pleite gehen würden. Aber aus verständlichen Gründen werden die Konditionen der Kreditvergabe (Auflagen/Verpflichtungen) immer strenger: So werden also auch verschuldete Staaten -nachvollziehbar- an ihre Verpflichtung zur Einhaltung von Budgets erinnert. Und unabhängig von den strengeren Vorgaben der Kreditgeber: Es kann ja nicht das Ziel sein, ständig immer neue Schulden zu produzieren und diese den nachkommenden Generationen aufzubürden.

Was die Konditionen betrifft, spielen natürlich auch die so genannten Rating-Agenturen eine maßgebliche Rolle: Aber auch wenn es mich beunruhigt, dass das Bemühen um eine Einschränkung der Macht der US-Rating-Agenturen innerhalb der EU keine Mehrheit fand: es gibt meistens zwei Seiten, so auch hier: Man mag diesen Analysten ja durchaus zu Recht vorwerfen, dass nicht jegliche Einstufung nur auf rein objektiven Kriterien beruht. und es wird auch zutreffen, dass durch eine Herabstufung der Kreditgeber dank höherer ZInsen auch mehr verdient, aber er trägt auch gleichzeitg das höhere Risiko, sein Geld nicht mehr zurückzubekommen. Einerseits also ist blinder Glaube an das Allwissen der Ratingagenturen sicher nicht angebracht, andererseits aber sollte jeder auch, der bereit ist, sein Geld in einen Staat oder eine Bank zu investieren auch einigermaßen darüber Bescheid wissen, wie es seinem Kreditnehmer finanziell geht. Genau darüber -möglichst objektiv- zu informieren ist Aufgabe der Rating-Agenturen. Und daher wäre vielleicht eine europäische Rating-Agentur ähnlich einem Kreditschutzverband auch durchaus sinnvoll: wer kauft und investiert, sollte über das Risiko Bescheid wissen, das er eingeht, unabhängig davon, ob er sich dabei um einen Laptop, ein Fahrzeug, eine Immobilie, eine Aktie, eine Bank oder um einen Staat handelt.

Will man sich also als Staat aud Dauer immer unabhängiger vom Würgegriff der Finanzmärkte machen, muss man -so sonderbar es klingen mag- sich deren Gesetzen unterwerfen: Je kostendeckender die Staatsaushalte sind, desto freier und unabhängiger können sie agieren. Daher ist jetzt die so genannte Schuldenbremse auch dringendst notwendig. Und noch vielmehr ist diese Schuldenbremse in einer Gemeinschaft wie der Europäischen Union notwendig: Genau so wie es wichtig, richtig und solidarisch in einer Gemeinschaft ist, dass man sich gegenseitig unterstützt und aufbaut, wenn einer Probleme hat, ist es auch wichtig, richtig und solidarisch, dass dies niemand (egal ob willentlich oder nicht) in der Gemeinschaft ausnützt. Wie kommen wirtschaftlich noch einigermaßen gesunde EU-Staaten wie Deutschland oder Österreich dazu, das selbst mühsam erarbeitete und auch selbst benötigte Geld auf Dauer Pleitestaaten wie Griechenland zur Verfügung zu stellen? Dass wir nun in der EU ein wirtschaftliches Problem haben und sich nun Griechenland, Italien, Portugal, Spanien und einige andere (siehe meinen Beitrag dazu bereits vom 16. Juli 2010 ) so entwickeln konnten, dass sie nun auf Kosten der anderen leben, hat auch seine Ursachen:

Aus rein wirtschaftlichen Überlegungen heraus wurden sicherlich manche Staaten zu früh (weil noch nicht reif dazu) in die EU aufgenommen. Zudem wurde vor der Euro-Einführung offensichtlich (auch aufgrund von falschen gelieferten Zahlen der betreffenden Länder: warum übrigens werden die Verantwortlichen hierfür nicht zur Rechenschaft gezogen?) die Wirtschaftsleistung so mancher Staaten falsch eingeschätzt und demnach auch deren Währungswert falsch berechnet. Und ebenfalls ein Fehler war es, dass man damals den einzelnen Nationalstaaten ihre Versprechen zur Einhaltung von Sparvorgaben geglaubt hat. Deren Nationalstolz ist es auch zu verdanken, dass eine gemeinsame Regierung aller EU-Staaten damals deswegen nicht zustande kam. Dies war ein schwerwiegender Fehler, wie wir jetzt sehen: Wenn immer mehr Staaten in der EU offensichtlich damit scheitern, zukunftsorientierte Budgets zu erstellen, die sie nicht weiter in den Schuldenstrudel hineinziehen, dann zeigt dies -wie bereits in meinem Kommentar vom 3. November betont- dass eine zentrale europäische Wirtschaftsregierung nicht nur jetzt dringend notwendig ist, sondern eigentlich schon vor der Währungsunion hätte eingeführt werden müssen: Will man eine Gemeinschaft sein, muss eben jedes Mitglied bereit sein, für und im Sinne dieser Gemeinschaft und zum Wohle aller zu agieren.

Natürlich aber plädiere ich nicht für eine realitäts- und menschenferne Brüsseler Bürokraten-Regierung, sondern für eine gemeinsame, demokratisch legitimiertes (also von der EU-Gesamt-Bevölkerung gewählte) Parlament, welches eine Zentralregierung bestimmt, in welcher natürlich alle EU-Länder vertreten sein müssen. Und diese Zentral-Wirtschaftsregierung ist dann dafür zuständig, nicht nur zentral die Steuern aller Mitgliedsländer einzuheben (auch um Steuerlöcher zu schließen) und auch wieder zu verteilen, sondern jeweils auch anhand der geplanten Staatshaushalts-Ausgaben auch deren jeweilige Höhe festzulegen. Nur so kann längerfristig gewährleistet werden, dass die einzelnen Staaten wirtschaftlich so arbeiten, dass sie weder selbst pleite gehen, noch die wirtschaftlich gesunden Mitglieder der Gemeinschaft für die Fehler der Pleitiers bezahlen müssen.

Sollte diese zentrale europäische Wirtschaftsregierung aber -was ich befürchte- wieder mal an der Realitätsverweigerung, am Verantwortungsmangel für die europäische Gemeinschaft und am Nationalstolz der einzelnen EU-Staaten scheitern, bliebe nach meiner Einschätzung langfristig wohl wirklich nur noch die Beerdigung des Euro-Projekts, beziehungsweise eine Neugründung eines wirtschaftlich gesunden Klein-Euro-Raums mit Deutschland, Österreich und vielleicht noch ein paar anderen Staaten. dann wäre aber auch die große Idee EINES Europa gestorben, was ich sehr bedauern würde.

Es stimmt also: es wurden zweifelsohne schwerwiegende Fehler im Vorfeld der Euro-Einführung begangen. Aber noch ist es nicht zu spät. Und ich glaube auch nach wie vor an die Europäische Union und an die Währungsunion. Den populistischen EU-Austrittsgedanken (beispielsweise von Österreichs FPÖ-Chef H.C. Strache) lehne ich daher striktest ab: Eine Rückkehr in den früheren Nationalstolz (wir sind wir und die anderen scheren uns einen Dreck) würde langfristig -das lehrt uns die Geschichte, aus der wir bekanntlich nicht dazulernen- zu dem führen, was hoffentlich (noch) niemand will: zu weiteren Unruhen, territorialen Ansprüchen und Kriegen mitten in Europa.

Gemäß der weisen Vision und der politischen Maxime: “Nie wieder Krieg in Europa” wurde seinerzeit bereits die EG gegründet, die später zur EU und dann auch zur Währungsunion wurde. Es muss daher im Sinne aller verantwortungsbewussten Menschen in Europa, unabhängig von Volks- oder Staatsangehörigkeit, Hautfarbe, Religion, Beruf und Funktion sein, sich aktiv einzubringen für eine bessere Welt und für ein besseres solidarischeres Europa, in dem das Gemeinsame mehr zählt als das Trennende: wo aber jeder selbstverständlich (auch EU-gefördert) seine eigene Kultur und die seines Landes leben darf und soll (Vielfalt in der Einheit), wo sich jeder EU-Bürger auch als überzeugter Europäer wohl und zuhause fühlen kann.

“Nie wieder Krieg in Europa” muss weiter Bestand haben. Und wenn irgendein EU-Staat dagegen verstößt, dann müssen ihn auch in Zukunft alle anderen (mit allen nötigen Mitteln) in seine Schranken weisen und definitiv stoppen. Ich glaube an die Zukunft Europas und ich glaube an die Zukunft der EU. Möge mein Glaube Berge versetzen.

 

Donnerstag, 3. November 2011, von Elmar Leimgruber

Die Zeit ist reif für eine europäische Zentralregierung

Nein, das kann so nicht weitergehen mit der Europäischen Union (EU). Ich bin bekanntlich ja überzeugter Europäer und sehe auch keine Alternative zu einem vereinten Europa. Und ein Rückfall in einen Vielstaaten-Europa wäre verheerend.

Aber trotzdem: so kann es nicht weitergehen: Die EU muss zu einer wirklichen Union Europas werden. Es kann nicht so sein wie bisher, dass jeder Staat zuallererst seine eigenen Nationalinteressen vertritt und so weiterwurstelt wie bisher und Schulden anhäuft in Massen, in dessen Folge ihn die Gemeinschaft dann auch noch finanziell auffangen muss.

Es war -wie dokumentiert- grundsätzlich gut und richtig, als europäische Gemeinschaft Griechenland im finanziellen Notstand nicht allein zu lassen. Aber wie mittlerweile ersichtlich ist, ist Griechenland leider ein Fass ohne Boden. Wie kommen aber die Steuerzahler anderer europäischer Länder dazu, auf Dauer (!) beispielsweise  den aufgeblasenen griechischen Beamtenapparat zu finanzieren? Und wie kommt die EU vor allem dazu, sich und ihre Großzügigkeit nach dem Erlass der Hälfte ihrer Schulden auch noch durchs griechische Volk in Form einer Volksabstimmung beurteilen zu lassen?

An sich ist Griechenland dank jahrzehntelanger sozialistischer Misswirtschaft und Geldverschleuderung und Nichtprivatisierung und Nichtbekämpfung von Korruption und Steuerhinterziehung im großem Umfang angeblich längst schon pleite und könnte damit Hunderttausenden Beamten keine Löhne mehr auszahlen, hätte nicht die Europäische Union dies über den Euro-Rettungsschirm finanziert. Und weil im Gegenzug für die EU-Hilfe -vollkommen zu Recht- auch Sparmaßnahmen von der griechischen Führung eingefordert wurden, erntete der grichische Premier natürlich Massenproteste von den betroffenen Bevölkerungsschichten. Und ja, jeder Regierungschef agiert zu gern populistisch (was selten langfristig gedacht und erst recht nicht vernünftig ist) und der sozialdemokratische griechische Regierungschef agiert aktuell offenbar ganz besonders egoistisch und allein an das eigene politische Überleben denkend: Warum sonst will er ausgerechnet jetzt, wo seinem Land 50% der Schulden erlassen wurden, sein Volk abstimmen lassen?

Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: Natürlich bin ich ein überzeugter Demokrat und ja natürlich haben Volksabstimmungen auch ihre Berechtigung: Über die -meines Erchtens- viel zu rasche Expansion der Europäischen Union beispielsweise hätte man sehr wohl die Bevölkerung aller bisherigen EU-Länder abstimmen lassen müssen; immerhin werden nur diese ja als so genannte Geberländer auch zur Kasse gebeten. Und vielleicht wäre vor Bildung und ständiger Erweiterung des so genannten Euro-Rettungsschirms auch eine Volksabstimmung in allen EU-Ländern zumindest interessant gewesen. Aber wo es darum geht, als Staat bankrott zu gehen oder nicht, bezweifle ich, dass das Volk in der Lage ist zu beurteilen, was zu tun ist, wo dieses Problem nicht mal die klügsten Köpfe der Gesellschaft eindeutig beantworten können. Die Europäische Union fühlt sich also -vollkommen zu Recht- durch Griechenland hintergangen.

Und wenn schon Volksabstimmung, dann bitte doch eine solche, ob man es als Griechenland weiterhin verantworten kann, zu Lasten der anderen Länder der EU zu leben und einseitig Gelder zu kassieren. Und ja, vielleicht wäre es sinnvoll, würde Griechenland ernsthaft einen Austritt aus dem Euro-Raum überlegen. Vielleicht wäre aber auch, da Griechenland keinesfalls das einzige südeuropäische Land mit finanziellen Problemen ist, eine zweite, eine südliche Eurozone mit einem schwächeren Euro überlegenswert.

Dabei kreist im Moment zwar alles um Griechenland als Anlassfall, aber Griechenland allein ist nicht mal das Hauptproblem. Dieses sitzt viel tiefer: Griechenland steht nur für eine grundsätzlich falsche dem europäischen Gedanken entgegengesetzte Einstellung, wie jeder andere EU-Staat übrigens genauso: Man sieht sich und seinen eigenen Staat als Priorität und erst dann irgendwo Europa. das passt so nicht: es ist eine EU neu notwendig.

Wenn der Nationalstolz und der persönliche Stolz und der ständige Gedanke an die nächsten Wahlen im eigenen Land aber wichtiger sind als ein gemeinsames Europa, kann dieses letztlich nie Wirklichkeit werden. Das Hauptproblem sind also die Nationalstaaten, die sich selbst und ihre Lokalinteressen bislang immer für wichtiger halten als Europa im Gesamten. So lange hier die Nationalstaaten nicht umdenken und auf ihre persönlichen Befindlichkeiten zugunsten Europas verzichten, wird es immer populistisch darum gehen, wiedergewählt zu werden. Und daher wird auch weiter -zu Lasten der künftigen Generationen- Geld verschwendet und die Schulden wachsen.

Will man also wirklich eine europäische Union, die diesen Namen zu Recht verdient, auch weil man sich als solidarische und verantwortungsvolle Gemeinschaft versteht, dann muss man auch bereit sein, auf seinen Nationalstolz zu verzichten: Wir sehen im aktuellen Fall Griechenland und auch bei anderen Ländern, dass die steuerliche und finanzielle Autonomie der Nationalstaaten zu Populismus und zur Verweigerung der Budgetsparsamkeit führt. Es muss daher Schluss damit sein, dass jeder Staat mit seinen Finanzen nach eigenem Belieben jonglieren kann: das hat uns letztlich die aktuelle Misere eingebrockt.

Und ich betone nochmal: Es geht hier nicht nur um Griechenland: Viele EU-Staaten stehen -wie berichtet- vor dem finanziellen Ruin. Und weder ist es rein finanziell möglich noch sinnvoll, alle diese Länder durch Rettungsschirme aufzufangen: die Folge wäre, dass die so genannten EU-Geberländer (allein diese beteiligen sich am Rettungsschirm), denen es bislang noch einigermaßen gut gut (wie etwa Deutschland und Österreich) ebenfalls Bankrott-gefährdet wären. Daher -obwohl es allen Beteiligten wehtut- bevor es für alle zu spät ist, müssen sich die EU-Staaten jetzt rasch entscheiden:

Entweder man gibt den Gedanken einer Europäischen Union mit gemeinsamen Währung auf oder man teilt die EU in eine starke nördliche und eine schwache südliche Zone. Oder man drängt Staaten, die sich kategorisch nicht an die Vorgaben halten, aus dem Euroraum hinaus. Oder aber, und dafür plädiere ich: man bildet eine europäische Zentralregierung. Und natürlich muss diese -vom EU-Parlament kontrolliert- die finanzielle Oberhoheit über alle maßgeblichen öffentlichen Gelder der einzelnen Mitgliedsstaaten haben und daher auch nicht nur die Steuern einziehen, sondern vorher schon einheitliche Steuersätze in allen EU-Ländern durchsetzen. Nur dann kann es vielleicht eine Europäische Union geben, die fernab von jeder nationalen Eigenbrötlerei die großen Interessen eines geeinten Europas auch lebt.

Ich wünsche mir dieses echte vereinte aus verschiedensten wunderbaren Kulturen gewachsene (und ein solches soll es auch bleiben: Kulturelle Vielfalt ist Reichtum) Europa aus tiefstem Herzen. Und dennoch befürchte ich, dass die europäischen Nationalstaaten die Zeichen der Zeit nicht erkennen wollen, sondern weiterhin ihre nationalen Eigeninteressen verteidigen werden. Damit sind der totale Zerfall der Europäischen Union und der Eurozone nur noch eine Frage der Zeit. Denn je höher der Euro-Rettungsschirm auch werden mag, er wird immer weniger finanzierbar sein (aktuell beträgt er eine Billion Euro, demgegenüber steht das deutsche BIP bei 3,4 Billionen), sondern es würde einfach kurzerhand mehr Geld gedruckt. Die Folge davon wäre eine verheerende Inflation im gesamten EU-Raum, was hoffentlich niemand ernsthaft haben will.

Noch ist es Zeit in Verantwortung für Europa zu agieren: Es ist Zeit, dass die Verantwortlichen zu Gunsten Europas auf nationales und populistisches Gedankengut definitiv verzichten. Wer hören kann, der höre und er handle weise, aber entschieden und nachhaltig, also langfristig zum Wohle aller Menschen in der Europäischen Union.

Mittwoch, 2. November 2011, von Elmar Leimgruber

UNO: Norwegen hat welthöchste Lebensqualität

Norwegen bleibt nach wie vor weltweit das Land mit der höchsten Lebensqualität. Dies geht aus dem aktuellen UNO-Bericht zur menschlichen Entwicklung hervor, der heute vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) veröffentlicht wurde. Zu den ersten zehn Ländern des HDI-Rankings gehören demnach außerdem Australien, die Niederlande, die USA, Neuseeland, Kanada, Irland, Liechtenstein, Deutschland und Schweden. Werden jedoch die Ungleichheiten in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Einkommen berücksichtigt, fallen etwa die USA vom 4. auf den 23. Platz zurück.

Österreich liegt im HDI-Ranking übrigens auf dem 19. Platz, während die Schweiz Platz 11, Frankreich den 20., Spanien den 23., Italien den 24., Großbritannien den 28. und das schwerverschuldete Griechenland den 29. Platz belegen. Der HDI wurde vor 20 Jahren als Gegenmodell zu rein ökonomischen Entwicklungs-Gradmessern entwickelt. Er berücksichtigt auch statistische Daten zu Gesundheit, Umwelt und Bildung. Der vollständige Bericht kann hier (in englischer Sprache) kostenlos downgeloadet werden.

Index der menschlichen Entwicklung (HDI) 2011
Grafik: UNDP

Die Entwicklungsstudie 2011 trägt den Titel „Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit: Eine bessere Zukunft für alle“. Er stellt fest, dass  sich die ungleiche Verteilung des Einkommens fast überall auf der Welt verschärft hat. Die Region mit der stärksten Ungleichheit ist nach wie vor Lateinamerika, wenn es auch einigen Ländern wie Brasilien oder Chile gelungen ist, die  innerstaatlichen Einkommensunterschiede zu verringern.

Betrachtet man jedoch den IHDI (Inequality-adjusted Human Development Index ) als Ganzes, also einschließlich der Dimensionen Lebenserwartung und Schulbildung, so ist die Ungleichheit in Lateinamerika geringer als in Afrika  südlich der Sahara oder in Südasien. Die Demokratische Republik Kongo, Niger und Burundi bilden heuer übrigens das Schlusslicht im diesjährigen Index der menschlichen Entwicklung (Human Development Index HDI), der 187 Staaten erfasst.

Mittwoch, 14. September 2011, von Elmar Leimgruber

Auslandsstudenten sind in Österreich am zufriedensten

Internationale Studenten sind in Österreich mit einer Zufriedenheitsnote von 92 % am glücklichsten und würden ihr Studium hier daher am meisten weiterempfehlen. Wie eine vom internationalen europäischen Netzwerk StudyPortals durchgeführte Studie mit 1.100 internationalen Studierenden nachweist, liegt Studieren im europäischen Ausland grundsätzlich mit einem durchschnittlichen Zufriedenheitsgrad von 71 % sogar noch vor beliebten Marken (65 %) wie Apple, Facebook oder Google. Die anhand des Net Promoter Score (NPS) durchgeführte Zufriedenheitsumfrage zeigt zudem auf, welche Faktoren die Meinung von Studierenden beeinflussen:

Hierbei stellte sich heraus, dass das Sozialleben und die Atmosphäre der betreffenden Stadt erheblich zur Zufriedenheit beitragen. Lebenshaltungskosten und Wohnverhältnisse hingegen können sich negativ auf die Zufriedenheit auswirken. Daneben spielt auch die Dauer des Auslandsaufenthalts eine Rolle. So sind Studierende, die länger als ein Jahr im Ausland leben, grundsätzlich kritischer als Austauschstudenten.

In den Rängen der Zufriedenheitsskala folgen hinter Österreich übrigens Norwegen (91 %) und Finnland (88 %). Ein Auslandssemester an einer deutschen Universität liegt mit einem NPS von 65 % im Mittelfeld und damit noch vor Großbritannien (59%) und dem Schlusslicht Griechenland (50%) – die beide unter dem europäischen Durchschnitt liegen. Dennoch sind auch die Studierenden dieser Länder mit Ihrem Studium ausgesprochen zufrieden. Eine Zufriedenheitsquote von mehr als 0% bedeutet bereits, dass ein Kunde ein Produkt bzw. einen Service weiterempfehlen würde. Ein NPS von 50 wird nur selten erreicht.

Dienstag, 21. Juni 2011, von Elmar Leimgruber

Griechenland und die Zukunft der EU (Info + Kommentar)

Zunächst sei hier mal die aktuelle Sachelage bezüglich Griechenland und der EU erläutert und anschließend folgt mein Kommentar dazu:

12,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) und insgesamt 300 Milliarden Euro an Schulden hat Griechenland angehäuft. Um der drohenden Staatspleite zu entkommen, fließen nicht nur 112 Milliarden Euro an Hilfsgeldern aus anderen Ländern der EU Richtung Griechenland, sondern steht das Land auch unter Druck, schmerzhafte, aber notwendige Sparpakete zur Sanierung des Staatsaushalts einzuleiten:

Juni 2011 in Griechenland: Essen und Trinken in einer Konditorei/Cafe: Mehrwertsteuersatz für alles liegt bei 9%

Diese sehen vor, bis 2013 im Staatshaushalt 30 Milliarden Euro einzusparen und ab 2014 die Stabilitätskriterien des Maastrichter Vertrages wieder zu erfüllen. Die Privatisierung von Staatseigentum und die Verkleinerung der öffentlichen Verwaltung und Einsparungen im Bereich der Investitionen sollen erste Milliarden einbringen. Und geplant ist auch, die Gehälter im Staatssektor um weitere (bereits zuvor um sieben Prozent reduziert) acht Prozent zu kürzen: Dabei entfallen bei Bruttolöhnen ab 3000 Euro das 13. und 14. Monatsgehalt, während Kleinverdiener pauschal 500 Euro zu Weihnachten, 250 Euro zu Ostern und 250 für ihren Urlaub erhalten. Auch Kürzungen bei Pensionen und Renten sind vorgesehen: Wer mehr als 2500 Euro an Bezügen erhält, verliert die 13. und 14. Monatsbezüge. Personen mit niedrigen Pensionen sollen hingegen künftig jährliche Zusatzzahlungen von insgesamt 600 Euro jährlich erhalten.

Dafür werden die Steuern für Immobilien, Luxusgüter, Glücksspiele, Tabak, Alkoholika und Treibstoff erhöht und hohe Einkommen (mehr als 100.000 Euro Jahreseinkommen) sowie illegal errichtete Häuser sogar mit einer Sondersteuer belegt. Zudem werden die bis vor Kurzem äußerst niedrigen Mehrwertsteuersätze Griechenlands angehoben: die niedrigsten Sätze von 4,5 auf 5 %, die mittleren von 9 auf 10 Prozent und die höchsten von 19 auf 21 Prozent.

Rechnung bei einem österreichischen Discounter: Mehrwertsteuersatz für Getränk beträgt 20 Prozent

Frühpensionierungen vor dem 60. Geburtstag sollen abgeschafft und die 37 Arbeitsjahre, die aktuell zur vollen Rente berechtigen, sollen bis 2015 schrittweise von 37 auf 40 Jahre angehoben werden. Die Renten werden zudem -wie in vielen anderen europäischen Ländern auch- dahingehend gekürzt, dass deren Höhe das gesamte Arbeitsleben und nicht nur das Einkommen der letzten Berufsjahre widerspiegelt.

Vorausgeschickt sei: Natürlich musste es soweit kommen, wenn man ein Sozial-und Steuersystem betreibt, in dem Frühpensionen die Regel sind und in dem es selbstverständlich ist, dass in beinahe allen Branchen an der Steuer vorbei gearbeitet wurde: insofern muss man natürlich den früheren Regierungen Griechenlands vorwerfen, viel zu locker und zu wenig verantwortungsbewusst mit Gesetzen und Regelungen umgegangen zu sein und zudem Steuergelder unnütz verschleudert zu haben. Staaten, die so agieren, können früher oder später nur in einer Pleite enden. Außer sie setzen einen rechtzeitigen Schlusstrich unter falsche Entwicklungen und gehen notwendige Reformen an.

Setzt die griechische Regierung hier die richtigen Reformschritte? Ich finde ja: zum einen werden griechische Sozialgesetze wie jene des Pensionsalters endlich europäischen Standards angepasst. Auch wenn es schmerzhaft ist: Viel Geld füllt leider nicht die Löcher von Staatskassen eine weitere Besteuerung der wirklich Wohlhabenden (obwohl dies auch dazu gehört), sondern viele kleine Einnahmen, die aber aufgrund ihrer .enge hoffentlich dem ersehnten Ziel näher kommen. Daher ist auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer, besonders in einem Hochschuldenstaat wie Griechenland einfach unumgänglich. Und zudem wird Staatseigentum privatisiert, was -mit Ausnahme des Trinkwassers und notwendiger Infrastruktur- äußerst sinnvoll ist und hohe Einnahmen bringt.

Treibstoffrechnung in Österreich: Mehrwertsteueranteil beträgt 20 Prozent; Gesamtsteueraufschlag beträgt ca. 90 Prozent

Andererseits werden von der griechischen Regierung lobenswerterweise nicht nur die höheren Gehälter beschnitten, sondern auch ärmere Bevölkerungsschichten entschädigt, sowohl beim Gehalt als auch in der Pension: das ist sozial ausgewogen. Das Bild der bösen Regierung, welche die Reichen belohnt und die Armen bestraft, was gewisse Medien bei uns über Griechenland zu vermitteln versuchen, trifft so also nicht zu: die Regierung ist um Ausgleich bemüht. Die vielen Demonstrationen in Griechenland sind aufgrund der objektiven Sachlage für mich daher kaum nachvollziehbar. Wenn man aufgrund von Schulden zahlungsunfähig ist, kann man nicht mehr so weiterleben wie bisher: das trifft auf den Staat genau so zu wie auf Unternehmen und auf Privatpersonen.

Offensichtlich wird dies und die Tatsache, dass man mit notwendigen Reformen leider viel zu lange gewartet hat, den Menschen in Griechenland nicht oder nicht ausreichend kommuniziert. Oder aber die Gewerkschaften dort sind nicht nur viel zu mächtig, sondern auch verantwortungslos genug, es zuzulassen, dass ihr Land, weil es riskiert, internationale Hilfsgelder nicht zu erhalten, endgültig in den finanziellen Abgrund stürzt.

Wie in allen wichtigen Fragen des Lebens und der Politik heisst es auch hier, einen klaren Kopf zu bewahren und alles daran zu setzen, dass sich Griechenland baldmöglichst wieder erholt. Und hier müssen alle konstruktiven Kräfte des Landes zusammenarbeiten: Regierung, Gewerkschaft und Bevölkerung. Nur gemeinsam kann Griechenland gerettet werden.

Und ja: ich halte es für richtig, dass die Europäische Union Griechenland hilfreich zur Seite steht, auch wenn dies für jedes einzelne Land finanziell schmerzhaft ist. Das nämlich macht eine Gemeinschaft aus: dass man zusammensteht, auch wenn es schwierig ist.

Ein anderes Thema ist freilich ein grundsätzlicheres: Griechenland ist -wie berichtet- nicht das einzige EU-Land, das Hilfe braucht: Was ist, wenn viele weitere Länder Unterstützung brauchen? Es können nicht ein paar wenige, gesund agierende EU-Länder die anderen auf Dauer finanzieren, sonst landen letztlich alle Länder im finanziellen Desasater.

Es müssen daher auch jetzt schon ernsthaft längerfristige Alternativen zu gemeinschaftlichen Hilfen angedacht werden. Es muss möglich sein, zu überlegen, ob es nicht wirklich verschiedene Grade der EU-Mitgliedschaft geben könnte, welche gewährleisten, dass bei finanziellen Problemen eines Staates nicht die gesamte Eurozone hineingezogen wird. Da gibt es noch viel zu tun und die EU-Staaten sollten hier uneingeschränkt und tabulos, aber ohne Zeitdruck über alles diskutieren. Wenn sie sich dazu durchringen können, hat die Europäische Union Zukunft: Wünschenwert wäre es. Wenn nicht, bezweifle ich, dass die EU, wie wir sie heute kennen, noch lange Bestand haben wird.

Samstag, 23. Oktober 2010, von Elmar Leimgruber

EU: Ein Drittel der Männer lebt bei den Eltern

In der EU27 lebten im Jahr 2008 20% der Frauen und 32% der Männer im Alter von 25 bis 34 Jahren noch mit mindestens einem ihrer Elternteile zusammen. Von diesen jungen Frauen und Männern, die noch zu Hause lebten, waren jedoch nur 13% noch in Ausbildung. Dies geht aus einem Bericht von Eurostat, dem Statistikamt der Europäischen Union (EU) hervor.

Demnach war für die Altersgruppe der 18 bis 24-jährigen der Anteil derjenigen, die bei ihren Eltern leben, erwartungsgemäß viel höher und lag bei 71% für Frauen und 82% für Männer. In dieser Altersgruppe der jungen Frauen und Männer, die im Elternhaus leben, lag der Anteil derjenigen, die sich in der Ausbildung befinden, bei 55%. Von den jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 34 Jahren lebten 48% der Frauen und 36% der Männer in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft.

In Deutschland leben übrigens 70,8 von 100 Frauen und 83,5 von 100 Männern zwischen 18 und 24 Jahren noch bei den Eltern, zwischen 25 und 34 Jahren immer noch 9,2 % Frauen und 18,7 % Männer. In Österreich sind es 66,4 % Frauen und 75,6 % Männer unter 25 Jahren sowie 14,7% Frauen und 30,7 % Männer unter 34, die nach wie vor bei zumindest einem Elternteil wohnen. Und in Italien, wo das “Hotel Mama” ganz besonders bekannt ist, liegen die Prozentsätze bei 82,5 und 91,8 sowie 32,7 und 47,7 Prozent.

Sowohl für Männer als auch für Frauen wurden im Jahr 2008 die höchsten Anteile von jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 24 Jahren, die im Elternhaus leben, in Slowenien und Malta (je 93% für Frauen und 97% für Männer) sowie in der Slowakei (90% und 96%) verzeichnet und die niedrigsten Anteile in Dänemark (27% und 40%), Finnland (32% und 53%) und Schweden (37% und 47%).

Bei den 25 bis 34-jährigen Frauen hatte die Slowakei (42%) den größten Anteil derjenigen, die bei ihren Eltern leben, gefolgt von Slowenien (38%) und Griechenland (36%), während Dänemark (1%), Finnland und Schweden (je 2%) die niedrigsten Anteile aufwiesen. Für Männer derselben Altergruppe verzeichneten Bulgarien (61%), Slowenien (60%), Griechenland und die Slowakei (je 56%) die höchsten Anteile und Dänemark (3%), Schweden (4%) und Finnland (8%) die niedrigsten.

Der höchste Anteil von jungen Erwachsenen, die in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft leben, ist in in Finnland, Schweden, Rumänien und Frankreich gegeben. In allen Mitgliedsstaaten waren die Anteile von Frauen in der Altersgruppe der 18 bis 34-jährigen, die in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft leben, höher als die der Männer, da Frauen im Durchschnitt früher heiraten oder mit einem Partner zusammenziehen als Männer.

Die höchsten Anteile von Frauen und Männern im Alter von 18 bis 34 Jahren, die in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebten, wurden im Jahr 2008 in Finnland (63% für Frauen and 51% für Männer), Schweden (61% und 48%), Rumänien (57% und 42%) und Frankreich (55% und 45%) verzeichnet und die niedrigsten Anteile für Frauen in Irland (34%), Slowenien, Malta und der Slowakei (alle 37%) und für Männer in Griechenland (21%), Slowenien (22%) und Italien (25%).

Donnerstag, 21. Oktober 2010, von Elmar Leimgruber

ROG: Pressefreiheit-Rankings 2010 – Europa im Abwärtstrend

Die Lage der Medienfreiheit in Europa hat sich weiter verschlechtert. Dies ist ein Ergebnis der am 20.10.2010 veröffentlichten Rangliste zur Lage der Pressefreiheit 2010 (World Press Freedom Index 2010) von Reporter ohne Grenzen (ROG). Der bereits bei der vorherigen Erhebung von 2009 festgestellte Abwärtstrend einiger süd- und südosteuropäischer Staaten setzt sich demnach im aktuellen ROG-Ranking fort. Auch bei den EU-Gründungsstaaten Frankreich und Italien hat sich diese Entwicklung bisher nicht umgekehrt.

Gleichzeitig beobachtet ROG bei der Lage der Pressefreiheit wachsende Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedsländern: Zwischen den drei am besten platzierten EU-Ländern an der Spitze des Rankings – Finnland, die Niederlande und Schweden – und den am schlechtesten platzierten – Bulgarien, Griechenland – liegen rund 70 Positionen.

Rund die Hälfte der 27 EU-Mitgliedsstaaten sind unter den 20 führenden Ländern der aktuellen Rangliste. Die Schere innerhalb der Staatengemeinschaft geht jedoch stark auseinander. So liegen zwölf EU-Länder, also fast die Häflte, zwischen dem 30. und 70. Rang. Am stärksten gefallen ist Griechenland (2009: Platz 35, 2010: Platz 70). Damit bildet das südeuropäische Land gemeinsam mit Bulgarien (2009: Platz 68, 2010: Platz 70) das Schlusslicht unter den EU-Staaten. In Griechenland waren körperliche Angriffe bei Demonstrationen und Drohungen gegen Journalisten ein Grund für die Abwärtsbewegung.

Auch bei den EU-Gründungsstaaten Frankreich (2009: Platz 43, 2010: Platz 44) und Italien (2009 und 2010: Platz 49) gibt es keine Indizien für eine Verbesserung der Situation: Grundlegende Probleme wie die Verletzung des Quellenschutzes, die zunehmende Konzentration von Medieneigentum sowie gerichtliche Vorladungen von Journalisten dauern an.

“Es ist beunruhigend festzustellen, wie einige EU-Mitgliedstaaten weiter Plätze in der Rangliste verlieren”, äusserte sich dazu ROG-Generalsekretär Jean-François Julliard: “Wenn die EU-Staaten keine Anstrengungen unternehmen, setzt sie ihre weltweit führende Position bei der Einhaltung von Menschenrechten aufs Spiel. Die europäischen Staaten müssen dringend ihre Vorbildfunktion wiedererlangen”, appelliert Julliard.

Die Pressefreiheit – Rangliste 2010
Grafik: rog.at

Auch in diesem Jahr dominieren wieder nordeuropäische Staaten die ersten Ränge. Finnland, Island, die Niederlande, Norwegen und Schweden teilen sich zusammen mit der Schweiz den ersten Rang. Seit Veröffentlichung der ersten ROG-Rangliste im Jahr 2002 hatten alle sechs Staaten schon einmal diese Position inne. Die gesetzlichen Schutzgarantien für Medienschaffende und das hohe Maß an Respekt für die wichtige Arbeit von Journalisten in demokratischen Systemen sind in diesen Ländern vorbildlich.

Österreich nimmt in diesem Jahr Platz 7 ein. Die Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr (Platz 13) ist in Relation zu den anderen genannten Ländern zu sehen. Österreich hat 2010 im Ranking deshalb besser abgeschnitten, weil sich die Situation der Pressefreiheit in den anderen Ländern teilweise verschlechtert hat. Grossbritannien liegt übrigens am 19. und die USA am 20. Platz.

Deutschland steht in diesem Jahr – fast unverändert – auf Platz 17 (2009: Platz 18): Wie auch in anderen EU-Staaten wurden Redaktionszusammenlegungen und Stellenstreichungen negativ bewertet. Der Zugang zu Behördeninformationen bleibt ebenfalls unzureichend. Zu weiteren Kritikpunkten gehörten unter anderem das Strafverfahren gegen zwei Leipziger Journalisten in der so genannten Sachsensumpf-Affäre.

Anlass zur Sorge bietet darüber hinaus die Entwicklung der Türkei. Nachdem sich der EU-Anwärter schon im Index 2009 um 20 Plätze verschlechtert hatte, folgt in diesem Jahr ein weiterer Rückfall um 16 Ränge. Damit steht das südeuropäische Land auf Position 138 (2009: 122). Ins Gewicht fielen bei der schlechten Platzierung die steigende Zahl von Klagen gegen Journalisten und Medien sowie Festnahmen von Medienmitarbeitern. Die Türkei gerät somit in unmittelbare Nachbarschaft zu Russland (2009: 153, 2010: 140).

Zensur, Gewalt und Repressionen gehören nach wie vor zum Alltag vieler kritischer Journalisten auch in der Russischen Föderation. Die Mordserie im Erhebungszeitrum der vorherigen Rangliste hat sich jedoch nicht wiederholt. Eine äußerst schwierige Situation der Pressefreiheit dokumentiert ROG zudem seit vielen Jahren auf dem Balkan. Besonders kritisch ist die Lage in Serbien (85), im Kosovo (92) und in Montenegro (104). Drohungen gegen Journalisten und der steigende Einfluss krimineller Gruppen auf Medienunternehmen erschweren die Arbeit von Medienschaffenden in Südosteuropa erheblich.

Die Situation auf den untersten Positionen der Rangliste weltweit ist fast unverändert: Birma, Iran, Turkmenistan, Nordkorea und Eritrea sind erneut die Schlusslichter. Neu hinzugekommen zu der Gruppe der zehn repressivsten Staaten der Welt sind in diesem Jahr der Sudan und Ruanda. Mit der diesjährigen Rangliste wird zum neunten Mal die Situation der Pressefreiheit in 178 Staaten und Regionen weltweit verglichen. In die Bewertung wurden Verstöße gegen dieses Menschenrecht im Zeitraum von September 2009 bis August 2010 einbezogen:

Seit 2005 stehen Eritrea (178), Nordkorea (177) und Turkmenistan (176) ganz unten auf der Liste. Eine systematische Verfolgung von unabhängigen Medienschaffenden und ein vollständiges Fehlen von Nachrichten und Informationen kennzeichnet die Lage in den Ländern seit mehreren Jahren. “Wir sehen leider keine Verbesserung in den autoritären Staaten”, so Julliard. „Wir sind besorgt über den harschen politischen Kurs einiger Regierungen von Ländern am unteren Ende des Rankings.”

Die Situation hat sich auch in Ruanda (2009: 157, 2010: 169) und im Sudan (2009: 148, 2010: 172) verschärft. Die beiden Länder im Osten und Nordosten Afrikas sind deswegen auf die zehn hintersten Ränge abgerutscht. In Ruanda fielen zusätzliche Zensurmaßnahmen und Schließungen von Medien vor der Präsidentschaftswahl im August 2010 ins Gewicht. Überdies wurde ein Journalist ermordet. Im Sudan hat die Regierung ihre Überwachung der Printmedien deutlich verstärkt, mehrere Journalisten wurden verhaftet und eine oppositionelle Tageszeitung wurde geschlossen.

Auch Birma rangiert wieder unter den letzten zehn Staaten. Auf Versuche von Journalisten, Nachrichten jenseits von Propaganda zu veröffentlichen, reagieren die Behörden mit Gefängnis und Zwangsarbeit. Es gibt erste Anzeichen dafür, dass sich die Lage angesichts der im kommenden Monat bevorstehenden Parlamentswahl noch verschärfen wird.

Kaum verändert haben sich darüber hinaus die Positionen der Volksrepublik China (2009: 168, 2010: 171), des Irans (2009: 172, 2010: 175) und Syriens (2009: 165, 2010: 173). Die starke Wirtschaftsmacht China nimmt immer noch nicht ihre Verantwortung bei der Wahrung der Menschenrechte wahr. Anlässlich der Bekanntgabe der Verleihung des diesjährigen Friedensnobelpreises an Liu Xiaobo hat die Regierung wieder ihre starre Haltung manifestiert: Medienberichte über die Preisvergabe wurden zensiert, Unterstützer Lius festgenommen.

Im Iran haben die Menschenrechtsverletzungen gegen Journalisten und Blogger und die staatliche Zensur in diesem Jahr ein noch größeres Ausmaß erreicht. Mehr als 200 Medienschaffende sind seit Sommer 2009 aus der islamischen Republik geflüchtet. In Syrien lassen weit greifende Mechanismen zur Kontrolle von staatlichen und privaten Medien, repressive Pressegesetze und die Unterdrückung von oppositionellen oder kritischen Journalisten so gut wie keine Freiräume mehr für unabhängige Meinungsäußerung.

Die Philippinen, Ukraine und Kirgistan sind neben Griechenland am stärksten in diesem Jahr abgestiegen: Auf den Philippinen (2009: 122, 2010: 156) ereignete sich im vergangenen November eines der schwersten Massaker an Journalisten: Rund 30 Medienmitarbeiter kamen damals ums Leben. In der Ukraine (2009: 89, 2010: 131) verzeichnet ROG eine stetige Verschlechterung der Situation der Pressefreiheit seit Viktor Janukowitschs Wahl zum Präsidenten: Die staatliche Kontrolle über die Medien und Repressionen gegen Journalisten haben zugenommen, die Medienvielfalt nimmt ab. In Kirgistan (2009: 125, 2010: 159) gingen die politischen Unruhen mit der Verfolgung von Journalisten einher, die ethnischen Minderheiten angehören.

Die vollständigen Pressefreiheit-Rankings 2010 weltweit sind hier abrufbar.

Sonntag, 12. September 2010, von Elmar Leimgruber

Biennale 2010: Alle Preisträger der Filmfestspiele Venedig

Biennale 2010: Der Goldene Löwe Venedigs
Foto: labiennale.org

Am Samstag abend gingen die diesjährigen Filmfestspiele in Venedig mit den Prämierungen zu Ende. Den Goldenen Löwe als bester Film erhielt -wie es hieß einstimmig- “Somewhere” von Sofia Coppola. Weitere Preise gingen unter anderem an Monte Hellmann für seine gesamte Regiearbeit, an Jerzy Skolimowski für “The Essential Killing”, an Alex de la Iglesia (beste Regie und bestes Drehbuch) für “A Sad Trumpet” und an John Woo für sein Lebenswerk. “Black Swan” von Darren Aronofsky erhielt keinen Hauptpreis, “Drei”, der neue Film von Tom Tykwer (“Das Parfüm”), ging leer aus. Die grosse Jury Venezia 67 bestand in diesem Jahr aus Quentin Tarantino (Vorsitz), Gulliermo Arriaga, Ingeborga Dapkunaite, Arnaud Desplechin, Danny Elfman, Luca Guadagnino und Gabriele Salvatores und hatte über 24 Filme zu entscheiden.

Alle Filme und Preisträger im Detail:

- Hauptpreise:

Bester Film (Goldener Löwe): “Somewhere” von Sofia Coppola (USA)

Beste Regie (Silberner Löwe): Álex de la Iglesia für “A Sad Trumpet (Balada triste de trompeta) (Spanien, Frankreich)

Spezialpreis der Jury: Jerzy Skolimowski für “The Essential Killing” (Polen, Norwegen, Ungarn, Irland)

Bester Darsteller (Coppa Volpi): Vincent Gallo für “The Essential Killing”

Beste Darstellerin (Coppa Volpi): Ariane Labed für “Attenberg” von Athina Rachel TSANGARI (Griechenland)

Beste Nachwuchsdarstellerin (Marcello-Mastroianni-Preis): Mila Kunis für “Black Swan” von Darren ARONOFSKY (USA)

Beste Kamera (Osella): Mikhail Krichman für “Ovsyanki” (Silent Souls) von Aleksei FEDORCHENKO (Russland)

Bestes Drehbuch (Osella): Álex de la Iglesia für “A Sad Trumpet (Balada triste de trompeta)”

Großer Preis der Jury (Silberner Löwe): Monte Hellman (für seine gesamte Regiearbeit)

Ehrenpreis für das Lebenswerk (Goldener Löwe): John Woo

- Weitere Preisträger und Filme:

Den mit 100.000 $ notierten und von Filmauro (Aurelio und Luigi De Laurentiis) gesponserten Löwen der Zukunft erhielt der Film “Çogunluk” von Seren YÜCE (Türkei) – VENICE DAYS, der an Regisseur und Produzent gleichermassen aufgeteilt wird.

Die Horizontpreise gingen an VERANO DE GOLIAT von Nicolás PEREDA (Mexiko, Kanada), an COMING ATTRACTIONS von Peter TSCHERKASSKY (Österreich) an TSE (OUT) von Roee ROSEN (Israel), (lobende Erwähnung) an JEAN GENTIL von Laura Amelia GUZMÁN und Israel CÁRDENAS (Dominikanische Republik, Mexiko, Deutschland) und (der Spezialpreis) an THE FORGOTTEN SPACE von Nöel BURCH und Allan SEKULA (Niederlande, Österreich). Den VENICE SHORT FILM NOMINEE FOR THE EUROPEAN FILM AWARDS erhielt THE EXTERNAL WORLD von David OREILLY (Deutschland), den Preis Persol 3-D hingegen AVATAR von James CAMERON (USA, GB) speziell für DRAGON TRAINER (HOW TO TRAIN YOUR DRAGON) von Chris SANDERS und Dean DEBLOIS (USA). Weitere Preise gingen an Vittoria Puccini und Mani Ratnam.

Freitag, 16. Juli 2010, von Elmar Leimgruber

Weitere EU-Länder in Wirtschafts-Troubles

Es betrifft derzeit nicht nur Griechenland oder etwa Spanien, Irland und Italien. Insgesamt zwölf  Länder haben nach Angaben der EU-Kommission Maßnahmen zur Sanierung ihres Haushalts ergriffen:

Dänemark, Finnland und Zypern gehören nun demnach auch zu den Mitgliedstaaten, deren hohe Haushaltsdefizite die gesamte europäische Wirtschaft bedrohen. Deshalb empfiehlt die Kommission, sie auf die Liste der Länder zu setzen, deren öffentliche Finanzen einer tiefer gehenden Überprüfung unterzogen werden sollen.

Mit diesen drei Ländern würden alle EU-Länder außer einem auf dieser Liste stehen: Nur das Haushaltsdefizit von Luxemburg bleibt unter dem Grenzwert von 3 % – 2009 schloss das Land mit einem Defizit von ungefähr 2 % ab.

Bis jetzt haben nach Auffassung der Kommission lediglich zwölf Länder ausreichende Anstrengungen unternommen, um die Rückstände zu beheben. Dazu gehören Einschnitte bei den Haushaltsausgaben und Maßnahmen zur Steigerung der Staatseinkünfte. Zu nennen sind Irland, Italien, Portugal und Spanien – vier Länder, deren hohe Staatsverschuldung wie ein Damoklesschwert über der Eurozone hängt, so die EU-Kommission.

Deutschland hingegen will vornehmlich höhere Ausgaben der Privathaushalte fördern, um Befürchtungen entgegenzuwirken, dass der hohe Außenhandelsüberschuss die Wirtschaft anderer EU-Länder beeinträchtigen könnte. Doch auch Deutschland hat für 2011 und später Maßnahmen zur Senkung des Haushaltsdefizits formuliert.

Im neuesten Bericht der Kommission wurden außerdem die Länder Belgien, Frankreich, Niederlande, Österreich, Slowakei, Slowenien und Tschechische Republik überprüft.

Wie alle anderen unter Beobachtung stehenden Ländern hat die Kommission Dänemark, Finnland und Zypern Fristen eingeräumt, um ihre Defizite zu beheben. Finnland hat bis 2011 Zeit, Zypern bis 2012 und Dänemark bis 2013.

Zypern verzeichnete im letzten Jahr ein Defizit in Höhe von 6,1 % des Bruttoinlandsprodukts. In Dänemark wird für dieses Jahr von einem Haushaltsdefizit von 5,4 % und in Finnland von 4,1 % ausgegangen.

Bis vor kurzem schienen diese Länder wirtschaftlich gut dazustehen. EU-Währungskommissar Olli Rehn sieht in dieser plötzlichen Kehrtwende, wie katastrophal sich die Wirtschaftskrise auf die öffentlichen Ausgaben ausgewirkt hat.

Die Obergrenze von 3 % Haushaltsneuverschuldung – Teil des Stabilitäts- und Wachstumspakts – soll Ungleichgewichte vermeiden helfen, die das Vertrauen in die Eurozone erschüttern könnten, wie es im letzten Monat durch die Griechenlandkrise der Fall war.

Sonntag, 13. Juni 2010, von Elmar Leimgruber

Sauberes Meer in Slowenien, Griechenland, Zypern und Malta, schmutziges in Italien, Frankreich und Spanien

Badestrand auf Ibiza
Foto: © Leimgruber

Wenn die Europäer diesen Sommer an die Badeküsten strömen, brauchen sie sich über die Qualität des Wassers keine Gedanken zu machen. Der jährlich erscheinende Badegewässerbericht der Europäischen Kommission und der Europäischen Umweltagentur zeigt, dass 95 % der Küstenbadegewässer und 90 % der Badegewässer der Flüsse und Seen 2009 den Mindestvorschriften entsprachen.

Auch wenn sich die Wasserqualität geringfügig verschlechtert hat, erlauben demnach die meisten europäischen Küstengewässer, Seen und Flüsse immer noch ungetrübten Badespaß. Der EU-Bericht basiert auf Proben, die 2009 den Gewässern entnommen wurden, in denen das Baden erlaubt oder zumindest geduldet war. Die europäischen Badegewässer werden auf physikalische, chemische und bakteriologische Schadstoffe untersucht. Die Länder müssen die in den EU-Rechtsvorschriften festgelegten Mindeststandards erfüllen, können jedoch auch einen Schritt weiter gehen und zusätzliche strengere Kriterien anlegen.

Die Badewasserqualität am Mittelmeer
Grafik: Europäische Umweltagentur

Bei den Küstengewässern entsprachen die Ergebnisse ungefähr denen des Vorjahres. Bei den Binnengewässern wurde jedoch eine geringfügige Verschlechterung festgestellt. 2008 waren noch 92 % dieser Gewässer als sauber eingestuft worden. 2009 wurden rund 20 600 Badeabschnitte getestet, von denen zwei Drittel an der Küste lagen. Legt man die strengsten Kriterien an, so erfüllten noch 89 % der Küstengewässer und fast 71 % der Seen und Flüsse die Anforderungen. Wie bereits im Jahr 2008 hatten auch dieses Mal wieder Griechenland, Zypern und Malta die saubersten Gewässer. Über 90 % ihrer Badegewässer erfüllten die strengeren Kriterien. Dies traf auch auf die bulgarischen und portugiesischen Badegewässer zu, was gegenüber dem Vorjahr eine deutliche Verbesserung darstellt.

Etwa 94,9 % der Küstenbadegebiete im Mittelmeerraum erfüllten laut Umweltbericht die zwingenden Qualitätswerte; dies liegt unter dem europäischen Durchschnitt von 95,6 %. In Malta, Slowenien, dem Vereinigten Königreich (Gibraltar) und Zypern lag die Einhaltung bei 100 %, in Griechenland mit 99,9 % knapp darunter. Ein Badeverbot bzw. eine Schließung während der gesamten Saison galt an 310 Badestellen (3,8 %); alle befanden sich in Italien. Insgesamt 77 Badestandorte (0,9 %) erfüllten nicht die zwingenden Werte: 51 davon befanden sich in Italien, 21 in Frankreich und 5 in Spanien. Die Wiener Badegewässer (Donau mit Nebenarmen) schnitten übrigens (wie schon seit Jahren) ausnahmslos mit gut ab.

Die EU-Umweltagentur, die den Jahresbericht erstellt hat, erklärte, dass derartige Schwankungen nicht außergewöhnlich sind. Dennoch forderte sie weitere Anstrengungen, um die Qualität der Badegewässer auch in Zukunft zu gewährleisten.

Detailierte Unterlagen inklusive Grsafiken und Bildern zu den einzelnen Badegewässern in der EU sind hier downloadbar.