Mit ‘Gusenbauer’ getaggte Artikel

Donnerstag, 24. März 2011, von Elmar Leimgruber

Über Lobbying und Korruption

Vorausgeschickt sei: Alles hier von mir Geschriebene und Behauptete beruht natürlich auf der Unschuldsvermutung der betroffenen Personen.

Es ist schon erstaunlich, was sich in den letzten Tagen in Österreich getan hat: Ex-Innenminister und damals auch oberster Polizei-Chef Ernst Strasser wird von Undercover-Journalisten der englischen “Sunday Times” der Korruption überführt. Die Redakteure hatten nach eigenen Angaben mehrere Treffen mit dem Lobbyisten, von dem das das letzte auch geheim auf Video (leider nicht mehr auf youtube, sondern nur mehr kostenpflichtig auf den Webseiten der “Sunday Times”) aufgezeichnet wurde. Darin sagt Strasser unter anderem: “Natürlich bin ich ein Lobbyist… Meine Kunden zahlen mir 100.000 Euro im Jahr… Ich bin immer sehr diskret… Wenn die Sache ins Parlament kommt, können wir versuchen, die Leute im Ausschuss zu beeinflussen…”. Dass Strasser alle ÖVP-Parteiämter niederlegen musste, ist nicht nur verständlich, sondern höchst notwendig. Der Sumpf der Korruption muss in allen Parteien ohne Rücksichten trockengelegt werden.

Dennoch sollte man Interessensvertretung und Lobbying über alle Parteigrenzen hinweg aber nicht grundsätzlich mit Korruption verwechseln: Natürlich wird ein von der Wirtschaftskammer oder Bauernbund nominierter Kandidat im Falle seiner Wahl vor allem die Interessen des Bauernstandes bzw. der Wirtschaft vertreten genau so wie ein Vertreter der Arbeiterkammer (AK) vor allem die Interessen der Arbeiternehmer verteidigen wird. Mit diesem Modell der Sozialpartnerschaft fährt Österreich im Grunde seit Jahren gut, weil die so genannten Sozialpartner ja auch die Bevölkerung rappräsentatieren. Auch spricht im Grunde wenig dagegen, dass die Mitglieder der Bundesregierung bunt gemischt aus allen Bundesländern kommen: Sowohl die “Stände” als auch die Bundesländer sollen natürlich auch gemeinsam in der Bundesregierung ihre Interessen vertreten können und -mit Blick auf das Gemeinwohl der Bevölkerung- entsprechend der parlamentarischen Mehrheit auch mitentscheiden können. Das ist auch Interessensvertretung und Lobbying und so praktiziert spricht auch nur wenig dagegen.

Das Problem beginnt dann, wenn es Mandataren nicht mehr um die Interessen des von ihm entsandten Sozialpartners und erst recht nicht mehr um jene des Gemeinwohls geht, sondern um den eigenen, vor allem materiellen Vorteil, wenn also die vertretenen Standpunkte von Abgeordneten gekauft werden, wodurch sich einerseits der entsprechende Mandatar selbst bereichert und andererseits dem Auftraggeber zu Vorteilen verhilft. Diesbezüglich habe ich große Zweifel, dass nur die immer wieder in den Medien vorkommenden “üblichen Verdächtigen” sich schuldig gemacht haben, sondern ich gehe von einem breiten Korruptionssumpf aus, der auch problemlos Parteigrenzen überschreitet.

Mal ganz abgesehen davon, dass sich die Parteien, vor allem Minister, eine wohlgesonnene mediale Berichterstattung offenbar durch häufige teure mehrseitige Werbung in Boulevard-Blättern “kaufen” können: Ich denke da beispielsweise an das österreichische Antikorruptionsgesetz, das ursprünglich ausgerechnet Parlamentarier davon auszunehmen vorsah. Oder um bei Beispielen zu bleiben: Welch ein wunderbarer “Nebeneffekt” ist es doch, dass ein Generikaunternehmen im Umfeld eines Ex-Ministers massiv davon profitiert, weil die betreffende Regierung beschließt, dass Ärzte und Krankenkassen, um Kosten zu sparen, auf günstigere Medikamente, auf Generika umsteigen müssen? Oder wer profitiert letztlich davon, wenn das neue Glückspielgesetz praktisch alle kleinen Betreiber ruiniert? Oder warum erhalten gewisse Firmen gewisse Großaufträge von der Stadt Wien und andere nicht? Und warum ist es beim ORF genauso? Oder warum landet ein Bankenchef im Gefängnis und die entsprechende Richterin auf dem Ministerposten, während der eigentliche Spekulant freigesprochen wird und ein anderer Bankier, dem Ähnliches wie Ersterem vorgeworfen wird, gegen eine 100 Mio. Euro Kaution freigelassen wird und offenbar nie vor Gericht kommt? Oder wie unabhängig ist die österreichische Bundesregierung, wenn SPÖ-Bundeskanzler Faymann bekanntlich wie sein Vorgänger Gusenbauer dem größten Boulevardmedium des Landes sogar schriftlich seine Loyalität versichert hat und nach wie vor (z.B. aktuell Berufsheer und Atomkraft) jederzeit brav das vertritt, was ihm die “Kronenzeitung” thematisch vorgibt?

Natürlich geht es in der Politik vielfach nicht nur um das Allgemeinwohl, sondern zu oft auch um eigene Interessen. Dennoch ist so mancher mediale Schnellschuss unberechtigt. Denn auch hier könnte man gewissen Medien System, Taktik und Boshaftigkeit unterstellen, wenn dauernd fast ausschließlich ÖVP-Politiker in ein schlechtes Licht gerückt werden, während ranghohe SPÖ-Funktionäre in ähnlichem Umfeld nicht mal erwähnt werden. So wird beispielsweise immer wieder ex-ÖVP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel medial gescholten, weil er Aufsichtsrat beim deutschen Energieriesen RWE ist, der unter anderem (!) auch Amtomkraftwerke betreibt, der aber auch am österreichischen Kelag-Konzert beteiligt ist. Da er sich bekanntlich nie entgegen des österreichischen Konsenses in punkto Atomenergie geäussert hat, spricht meines Erachtens auch nichts gegen diese seine berufliche Tätigkeit, zumal auch viele andere Abgeordnete aller österreichischen Parteien auch anderen Berufen nachgehen.

Dass ex-SPÖ-Kanzler Viktor Klima im VW-Konzern führend tätig ist, ex-SPÖ-Bundeskanzler Vranitzky für die WestLB tätig war und zudem Aufsichtsrat der Magna und der TUI ist, ex-SPÖ-Bundeskanzler Gusenbauer sogar die Hypo Alpe Adria “beraten” hat und jetzt Aufsichsratvorsitzender der Strabag ist, stört die selbsternannten Aufdecker offenbar nicht. Und dass der derzeit wieder von allen Medien hofierte ex-SPÖ-Vizekanzler Hannes Androsch seinerzeit über ähnliche Skandale wie die aktuellen gestürzt ist, scheint auch vergessen.

Was jetzt aber jedenfalls geschehen muss, ist die Gesetze gegen Korruption (gerade durch Parlamentarier) zu verschärfen und die verpflichtende Veröffentlichung von größeren Parteispenden vorzuschreiben. Es muss mehr Transparenz in die Politik. Und natürlich darf es auch Lobbyisten geben, die Interessen (hoffentlich im Sinne des Gemeinwohls)  vertreten. Jedoch müssen jene klar auch als solche auftreten und es darf kein Geld fließen, um Mandatare günstig zu stimmen.

Die Politik muss sauber werden, damit man auch wieder glauben kann, dass die gewählten Volksvertreter ihrem Namen und ihrem vom Volk verliehenen Namen auch gerecht werden.

Dienstag, 8. Juli 2008, von Elmar Leimgruber

Österreich ist nicht Italien

Das war ja vielleicht ein Tag gestern in Österreich: nicht nur, dass es atmosphärische Gewitter gab, sondern auch innenpolitische: Vizekanzler Molterer (ÖVP) verkündete mit den Worten: “Es reicht!” das Ende der großen Koalition.
Damit hat Molterer leider das getan, wozu die SPÖ insgeheim seit Wochen gezielt provoziert: Er hat resigniert. Ob dies die richtige Entscheidung Molterers war, wage ich zu bezweifeln, obwohl ich die lange Geduld der ÖVP mit ihrem Koalitionspartner SPÖ wirklich bewundere:
Die SPÖ mit ihrem Kanzler Gusenbauer hat nicht nur seit Monaten das mit der ÖVP gemeinsam beschlossene Regierungsprogramm boykottiert und teils sogar gemeinsame Beschlüsse zurückgezogen, wodurch es unmöglich wurde, weiterzuregieren:
Das Schwenk der SPÖ weg vom jahrzehntelangen großen Konsens in der so wichtigen Frage eines geeinten Europa in Richtung Kronenzeitung und billiger Populismus und die gescheiterte Gesundheitsreform waren letztlich jene Punkte, die ein Weiterregieren für den Koalitionspartner ÖVP unmöglich machten. Diese Blockadepolitik muss die SPÖ bewusst inszeniert haben, um Neuwahlen zu erreichen, sie aber nicht selbst ausrufen zu müssen (zu viel spricht in den letzten Wochen für den beginnenden Wahlkampf), dafür aber der aussteigenden ÖVP die Schuld zuschieben zu können.
Genau diesen Vorwurf machte gestern der neue SPÖ-Chef Faymann der ÖVP ja auch, dass sie nicht mehr arbeiten wolle.
Aber wie sollte man arbeiten können, wenn die Grundlagen des gemeinsamen Regierungsprogramms von der SPÖ plötzlich nicht mehr gelten, nur weil die SPÖ politischen Boden zurückgewinnen will.
Die SPÖ hat schon die letzten Nationalratswahlen einerseits durch eine bewusste Demobilisierung der ÖVP-Wähler und durch leere Wahlversprechen gewonnen. Die SPÖ hat keine versprochenen sozialen Gesetze umgesetzt, obwohl sie bislang den Bundeskanzler stellte. Daher ist es auch nicht glaubwürdig, wenn sie nun wieder mit sozialer Wärme wirbt. Wird also spannend werden zu beaobachten, ob sich die Wählerschaft erneut von populistischen Wahlzuckerln locken wird lassen oder ob sie nun umwählt.
Österreich ist doch nicht Italien. Oder?

Freitag, 20. Oktober 2006, von Elmar Leimgruber

Straches Poker

Ist schon sonderbar: Ausgerechnet der als rechtsaußen verschrieene FPÖ-Chef H.C. Strache macht sich für eine rot-grüne, also links-linke Koalition stark, die er durch seine FPÖ unterstützen könnte. Dabei erklärte er noch kurz nach der Wahl, dass sich der Wähler für eine große Koalition entschieden habe.
Dass Van der Bellen kein Interesse an einer Unterstützung durch Strache hat, ist klar. Und auch Gusenbauer will sicher keinen “Königsmacher” Strache, an dem es letztlich liegen würde, wie lange eine rot-grüne Koalition hält. Aber warum es nicht dennoch versuchen, wird sich Strache gedacht haben:-)

Donnerstag, 12. Oktober 2006, von Elmar Leimgruber

Manipulierte Wahlen

Jetzt, da auch die Wahlkarten ausgezählt sind: Ich will es nicht mehr verbergen: Ich bin enttäuscht!
- Bin enttäuscht darüber, dass viele Menschen in Österreich offenbar nicht erkannt haben, dass es Österreich und der österreichischen Bevölkerung nur deswegen so gut und besser als anderen EU-Staaten geht, weil Schüssel in den letzten Jahren Bundeskanzler war und seine Politik so gut war. Ich hätte mir daher Dankbarkeit für Schüssel erwartet, obwohl -und insofern wäre eine künftige schwarz-grüne Regierung meines Erachtens für Österreich derzeit die beste gewesen- ein betont sozial und ökologisch denkender Koalitionspartner leider bisher fehlte.

- Bin enttäuscht noch viel mehr darüber, dass offensichtlich so viele Menschen Schüssels Herausforderer Gusenbauer trotz all der Skandale sein Wahlmärchen von der gerechten Verteilung des Wohlstands geglaubt haben. Sind große Teile der Bevölkerung tatsächlich so leicht zu manipulieren, dass sie entgegen allen Tatsachen dennoch “ihre Schlächter selber wählen”?

- Bin enttäuscht aber vor allem, dass -da Gusenbauers SPÖ etwas mehr Stimmen als die ÖVP bekommen hat und sozusagen “Wahlsieger” ist- bei einer Neuwahl laut einer aktuellen Umfrage noch mehr Stimmen erhalten würde. Denn: warum denn jetzt plötzlich einen Standpunkt haben, wenns viel einfacher und bequemer ist, immer auf der sogenannten Siegerseite zu stehen? Es lebe der Opportunismus!