Mit ‘Haushalt’ getaggte Artikel

Sonntag, 29. August 2010, von Elmar Leimgruber

Forum Alpbach: Unbezahlte Familienarbeit anerkennen

Unbezahlte Arbeit muss anerkannt und honoriert werden. Und diese hat ein Geschlecht und das ist weiblich. Zu diesem Resume kamen Experten eines Arbeitskreises beim diesjährigen Forum Alpbach. Unbezahlte Haus- und Familienarbeit, Kindererziehung sowie Alten- und Krankenpflege werden zum Großteil von Frauen geleistet. Die durch Haus- und Familienarbeit erworben Qualifikationen werden jedoch auf dem Arbeitsmarkt kaum berücksichtigt. Frauen tragen somit die Hauptverantwortung für Familienarbeit und erhalten dafür nicht die entsprechende Anerkennung, kritisierten die Teinehmer. Die Ausführungen aller Diskutantinnen und Diskutanten beinhalten zudem die Forderung nach verstärktem Engagement aller gesellschaftlichen Gruppierungen im Bereich unbezahlter Tätigkeiten.

Unser Arbeitsbegriff hinkt, ist sich die Mehrheit des Podiums im Arbeitskreis 3 der Alpbacher Reformgespräche sicher. Unbezahlte Haus- und Familienarbeit, Kindererziehung sowie Alten- und Krankenpflege werden auch in Österreich zum Großteil von Frauen verrichtet. Diese Familienarbeit war dann auch der Fokus der Diskussionsrunde. Der Leiter des Instituts für Familienforschung und EU-Parlamentarier Othmar Karas verweist auf einen zwölfprozentigen Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen im europäischen Durchschnitt: “Und wir in Österreich bilden mit 25 Prozent die rote Laterne!”, zeigt er sich empört.

Die Bundesvorsitzende von “Frau in der Wirtschaft”, Adelheid Fürntrath-Moretti, meinte zwar: “Das Weibchen schaut in der Natur nun mal auf die Brut. Das mag sich neuen Gegebenheiten anpassen, aber im Grunde genommen ist es so.” Sie wies aber zudem darauf hin, dass man hinsichtlich unbezahlter Arbeit zwischen dem Muss (Pflege, Haushalt, Familienarbeit) und dem freiwilligen sozialen Engagement unterscheiden müsse. Und: “Nicht immer alles, was man tut, lässt sich in Geld bewerten. “Das Ehrenamt ist ein wertvoller Bestandteil unserer Gesellschaft und durch die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungsgeld konnten wir ein positives Signal setzen, um den Frauen im Bereich der erforderlichen unbezahlten Arbeit entgegen zu kommen. Darüber hinaus fordert “Frau in der Wirtschaft” auch eine Absetzbarkeit von Ausgaben für Haushaltshilfen”.

Sabine Beckmann, Politikwissenschafterin an der Hochschule Bremen, wünscht sich mit dem Konzept der “inclusive citizenship” einen neuen Arbeitsbegriff. Wolfgang Mazal, Arbeits- und Sozialrechtler an der Universität Wien, kritisiert das frühere Frauenbild: “Die Nationalökonomie der fünfziger Jahre definiert eben primär Männerarbeit als Erwerbsarbeit, alles andere schien im BIP nie auf.” Die Vorsitzende der ARGE Österreichische Bauern, Anna Höllerer beklagt, dass Leistungen für Familie und Kinder monetär nicht bewertet sind.

Donnerstag, 18. Februar 2010, von Elmar Leimgruber

Merkel: Wir vertreten die Interessen des “Schatzes” Mensch

(Die Info zuerst, anschliessend mein Kommentar zum Thema in kursiv geschrieben)

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel
Foto: cdu.de

Da Deutschland nur über geringe Rohstoffvorkommen verfüge, sind alle Menschen “unser Schatz”. Dies betonte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrer gestrigen Aschermittwochsrede und bezichtigte den Koalitionspartner FDP indirekt des Lobbyismus: “Wir sind die Partei, die Maß und Mitte hat. Wir interessieren uns nicht nur für Gruppen, sondern für alle”, unterstrich Merkel: “Das ist unser Credo, das hat die Soziale Marktwirtschaft stark gemacht”. Wie im normalen Leben gebe es auch in der Politik Unterschiede zwischen Menschen sowie zwischen kleinen Parteien und Volksparteien: “Wir wissen, dass das Geld erst verdient werden muss, damit man es hinterher den Schwachen geben kann… Soziale Marktwirtschaft bedeutet daher gleichermassen Stärkung der Leistungsträger und Solidarität mit den Schwachen”, erklärte die Kanzlerin.

Sozialer Aufstieg gelinge am ehesten über eine gute Bildung und Ausbildung, zeigte sich die CDU-Vorsitzende überzeugt. Deshalb werde die christlich-liberale Koalition 12 Milliarden Euro zusätzlich für Bildung ausgeben: Die Menschen brauchten zukunftsfähige Arbeitsplätze und keinen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn.

Auch die Hinterziehung von Steuern mit Hilfe ausländischer Banken sei kein Kavaliersdelikt. Deutschland könne nur zusammenhalten, wenn jeder seinen Beitrag erbringe. Dessen ungeachtet seien Steuerzahler keine “Klientel”, denn sie finanzierten die Leistungen für die Schwächeren. Um die Facharbeiter, Meister, Ingenieure und Mittelständler zu motivieren, halte die christlich-liberale Koalition an der Einführung eines gerechteren und niedrigeren Steuersystems fest.

Merkel erinnerte daran, dass Deutschland als einziges Land mitten in der globalen Wirtschaftskrise eine Schuldenbremse im Grundgesetz verankert habe. Ab dem Jahr 2016 darf der Bund und ab 2020 dürfen die Länder nicht mehr ausgeben, als sie einnehmen. Dies sei wichtig, damit die Jungen in einer alternden Gesellschaft überhaupt noch Gestaltungsspielräume hätten. In diesem Zusammenhang forderte die Bundeskanzlerin Griechenland zu einem nachhaltigen Konsolidierungskurs auf. So wie sich Deutschland um eine vernünftige Haushaltspolitik bemühe, werde das auch von Griechenland erwartet. Scharfe Kritik übte die Regierungschefin an den Banken, die beim Fälschen der griechischen Haushaltsstatistiken geholfen hatten. Und Kritik gab es auch an den den Grünen und der SPD, welche die Kanzlerin “ideenlose Leute” nannte.

Ein Industrieland wie Deutschland müsse zudem auch immer Energieland sein, sagte Merkel weiter. Die Energiepolitik dürfe weder Arbeitsplätze noch Wirtschaftlichkeit kosten. Deshalb könne derzeit weder auf die Kernenergie als Brückentechnologie noch auf moderne Kohlekraftwerke verzichtet werden.

Angela Merkel fasziniert mich: Sie ist wieder da und präsenter und selbstbewusster und provokanter denn je: Und das ist gut so: Sie spricht sich klar gegen Lobbyismus aus, empfindet sich als zuständig und verantwortlich für alle Menschen in Deutschland, für die Leistungsträger genauso wie für die Schwachen. Vor allem Letzteres ist sehr mutig. Es mehren sich ja nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland die Stimmen jener, die lautstark fordern, Sozialleistungen zu kürzen, wenn sie nicht gar zu streichen.

Budgetkonsolidierungen dürfen niemals zu Lasten jener umgesetzt werden, die sowieso Monat für Monat um das finanzielle Überleben kämpfen müssen. Die “Oberen 10000″ müssen endlich bereit sein, ihren Überfluss zu “teilen”. Merkel spricht sich ja auch schon seit Langem für Kürzungen und Einkommensbegrenzungen nach oben hin für Manager aus, was ich für ein Gebot der Stunde halte (siehe dazu meinen Kommentar vor Kurzem). “Solidarität mit den Schwachen” ist heute mehr denn je nötig. Und ich freue mich, diese wohltuenden Worte von Merkel, einem der bedeutendsten Politiker Europas zu hören.

Zukunftsfähige Arbeitsplätze, wie sie Merkel anstrebt, sind zu fördern. Aber genauso -und hier stehe ich im Widerspruch zur deutschen Kanzlerin- sind auch gesetzlich vorgeschriebene Mindestlöhne notwendig: Von ein bis zwei 300 Euro-Jobs kann kein Mensch auf Dauer leben. Da muss ein Umdenken beginnen: Dies gehört meines Erachtens jedenfalls zu einem nachhaltigen politischen Denken dazu.

Und wenn Merkel schon Ausbildung und Bildung als so massgeblich für einen sozialen Aufstieg sieht und dies auch befürwortet, dann muss sie auch in diesem Punkt umdenken: Nur jene studieren zu lassen und ihnen daher “Karriere” zu ermöglichen, die einen gewissen Notendurchschnitt überschreiten, ist weder sozial, noch gerecht: Es kann doch nicht sein, dass wer Arzt werden will, gezwungen ist, nach Österreich auszuwandern, um einen Studienplatz an der Medizin-Uni zu erhalten! Bildung muss in einem demokratischen mitteleuropäischen Land einfach allen -auch finanziell- ermöglicht werden, die eine solche wollen. Punkt.

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