Mit ‘Henry Mason’ getaggte Artikel

Mittwoch, 21. Oktober 2020, von Elmar Leimgruber

“Die Zauberflöte” oder “Lasset die Puppen tanzen”

Auch wenn sie im ehrwürdigen Theater an der Wien von Emmanuel Schikaneder (welcher auch das Libretto zur weltberühmten Oper schrieb) am 17. September 1791 uraufgeführt wurde, gehört sie inzwischen zum Standard-Repertoire beinahe jedes Opernhauses weltweit: „Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Gerade diese über unzählige Generationen hindurch reichende Bekanntheit scheint es zu verunmöglichen, sie tatsächlich auf der Bühne neu in Szene zu setzen.

Henry Mason, welcher grundsätzlich ein Meister seines Fachs ist, (es mag wohl an meiner persönlichen Wahrnehmung liegen oder vielleicht muss ich mir das Stück eben ein zweites Mal gönnen) verstehe ich in dieser Neuinszenierung der „Zauberflöte“ an der Wiener Volksoper nicht oder zumindest nicht nachvollziehbar. Umso überzeugender und im wahrsten Sinne beglückend und kaum zu übertreffen ist die aktuelle musikalische Darbietung:

Der Tiroler Tenor Martin Mitterrutzner (Debut an der Volksoper) interpretiert Tamino -trotz seines jungen Alters mit noch weiterem Potential nach oben- mit einer Gänsehaut-erzeugenden und charmanten Leichtigkeit, in der er gar vielleicht bekannte so genannte Weltstars (bei denen ich teils schon beim Zuhören quälende Halsschmerzen verspüre) herausfordern könnte: da kommt hoffentlich in Zukunft noch viel Schönes und Erhebendes auf uns zu: so einen herausragenden „Tamino“ habe ich persönlich tatsächlich weder live noch auf Tonträgern gehört.

Taminos grosse Liebe Pamina, ebenfalls eine Rolle, bei der ich aufgrund der Überforderung so vieler Sängerinnen regelmässig mitleide, singt hier an der Volksoper Rebecca Nelson, die keinerlei Probleme mit Atem, Höhen und Ausdauer hat: so wünsche ich mir das.

Absolut herausragend interpretiert Anna Siminska die Königin die Nacht: Jeder Ton sitzt -im Gegensatz zu vielen anderen ihrer Kolleginnen klar- präzise und taktgenau. Dies trifft genauso auf Stefan Cerny als Sarastro zu: Hier sind nicht nur die getragenen Melodien präsent, sondern auch die tiefsten Töne, die bei anderen im Nichts verschwinden. Allem in allem ist das gesamte Ensemble dieser Produktion hervorragend gecastet und eingesetzt.

Dafür empfinde ich aber dessen Inszenierung als eine sonderbare Mischung aus von Maschinengewehrträgern bewaffneten Revolutionsführer, österreichischem Kaiser mit Reiterstiefeln und Sektenguru als äußerst fragwürdig. Im „Zauberer von Oz“ in der Volksopern-Inszenierung von Mason war noch nachzuvollziehen, dass der Hund eine Puppe ist. In der „Zauberflöte“ gibts -vielleicht angelehnt an das Musical „König der Löwen“ unzählige -durchaus wunderbar gestaltete- Tiere (Rebekah Wild), und selbst die Drei Knaben (Wiener Sängerknaben) treten anfangs als Marionetten auf, während dies beispielsweise bei den Drei Damen nicht der Fall ist.

Dieses zweifelhafte „Puppenspiel“, das die Handlung mehr stört als sie unterstützt, findet absolut keinen Zugang zu mir.
Dennoch sollte diese meine Kritik keinesfalls abschreckend wirken: im Gegenteil: anschauen und selbst beurteilen.

Und vor allem: Musikalisch ist die „Zauberflöte“ in der Wiener Volksoper ein Top-Highlight vieler vergangener Jahre, was vermutlich auch auf das aussergewöhnliche Gespür der begnadeten Dirigentin Anja Bihlmaier zurückzuführen ist: Das Orchester der Volksoper musizierte noch selten (z.B. vor Jahren „Hänsel und Gretel“ unter Dietfried Bernet) so weit überdurchschnittlich wie jetzt:

Diese „Zauberflöte“ an der Wiener Volksoper ist daher -neben der vielleicht optischen Herausforderung- schon musikalisch ein „Muss“, selbst wenn man sie -wie ich- schon xfach live gesehen hat.

Donnerstag, 11. Dezember 2014, von Elmar Leimgruber

Musical mit Zauber und Knalleffekt: “Der Zauberer von Oz” an der Wiener Volksoper

Zu keiner Zeit sind wir sensibler und offener für Schönes und Wundersames wie in der Vorweihnachtszeit: Das Kind (zumindest in den meisten) in uns kehrt zuweilen wenigstens für kurze Momente zu uns zurück und lässt uns staunen und strahlen wie damals, als wir noch dem Weihnachtsgeschehen zauberhaft erlagen. Natürlich wurden wir als Kinder auch zu oft missverstanden und vielleicht auch vollkommen falsch eingeschätzt und behandelt. Aber vielleicht und hoffentlich haben wir uns trotz allem einen Hauch von Grundvertrauen, dass alles wieder gut wird, bewahrt.

Auch Dorothy Gale wird missverstanden und fühlt sich gar von ihren Angehörigen verlassen, weil sie ihr nicht dabei helfen wollen, ihren Hund Toto vor der boshaften Almira Gulch zu schützen. Ein plötzlicher Wirbelsturm entführt sie in dieser Trostlosigkeit in eine vollkommen andere Welt, nach Oz, wo sie von den Bewohnern und der guten Hexe Glinda als Heldin gefeiert wird, weil ihr auf sie herabstürzendes Haus die böse Hexe des Ostens getötet hat. Doch da erscheint auch schon ihre Schwester, die böse Hexe des Westens und will deren magische rote Schuhe an sich nehmen, aber plötzlich sind diese an den Füßen von Dorothy, die eigentlich nur nach Hause möchte. Also macht sie sich auf Rat von Glinda mit ihrem Hund Toto auf den Weg zum mächtigen Zauberer von Oz, der ihr diesen Weg weisen würde. Dabei trifft sie eine Vogelscheuche, die sich ein Gehirn wünscht, einen Blechmann, der ein Herz begehrt und einen Löwen, der gern mutig wäre. Daher begleiten sie Dorothy auf ihrem Weg zum Zauberer und bestehen gemeinsam allerlei Abenteuer, die ihnen die böse Hexe des Westens beschert. Endlich in der Smaragdstadt des Zauberers angekommen, werden die auf Hilfe Hoffenden erst allmählich zum Geist des Zauberers vorgelassen, der ihnen zu helfen verspricht, wenn sie ihm den Besen der bösen Hexe bringen. Also geht das Abenteuer der Freunde in die nächste Runde…

Wer die wunderbare Verfilmung des Buchs “Der Zauberer von Oz” von Lyman Frank Baum mit Judy Garland in der Hauptrolle aus dem Jahr 1939 noch nicht gesehen hat, darf sich nun in der Wiener Volksoper überraschen lassen, wie die Story weitergeht und endet. Das gleichnamige Musical von Harold Arlen und E.Y.Harburg (Deutsche Fassung: Klaus Eidam) lädt unter der Regie von Henry Mason (Exzellente Arbeit!) zum vorweihnachtlichen Abtauchen in diese wunderbare Oz-Zauberwelt mit Tiefgang ein.

Ich gebe es zu, ich kann mit Knallereien jeglicher Art absolut nichts anfangen. Aber ich gebe auch zu, eine böse Hexe muss wohl mit Knalleffekt erscheinen. Aber mal abgesehen davon hat mich die gesamte Produktion (gesehen bereits in der Vorpremiere am 4. Dezember) überaus erfreut und mitgerissen: Das Volksopernballet (Choreographie: Francesc Abos) begeistert, der Kinder- und Jugendchor der Volksoper genauso und die gesamte Show ist einfach stimmig und es kommt keinen Moment Langweile auf, was auch auf das wunderbare Bühnenbild (einzig der Wirbelsturm ist irgendwie mickrig klein geraten) und die Kostüme, entworfen von Jan Meier zurückzuführen ist. Und das Orchester der Wiener Volksoper unter der Leitung von Lorenz C. Aichner beweist an diesem Abend wieder mal, welche entscheidende Rolle es (auch für den Erfolg eines Stückes) bei der originalgetreuen Interpretation von Musicals innehat: Ich genieße dieses wunderbare Orchester seit Jahrzehnten in vollen Zügen.

Franziska Kemna spielt nicht Dorothy Gale, nein, sie ist es: sie interprstiert die Hauptrolle kindlich, neugierig und lernbereit im positivsten Sinn und ich hoffe, ich werde sie noch sehr oft live auf der Bühne sehen und singen hören: sie hat eine Wahnsinnsstimme sowieKlarheit und Präzision im Gesang (auch in “Somewhere Over The Rainbow”), wie es ältere Kolleginnen auf der Bühne selten schaffen. Ebenso großartig sind auch ihre Begleiter Martin Bermoser als Löwe, Oliver Liebl als Blechmann, Daniel Leroma als Toto (und nein, mehr dazu verrate ich nicht), aber vor allem Peter Lesiak als Vogelscheuche. Christian Graf als die böse Hexe ist sooo fies dass es für diese Rolle vermutlich keinen besseren geben könnte. So bleiben noch Gernot Kranner als Wächter sowie Boris Eder als Zauberer erwähnenswert, welche beide jederzeit in allen ihren zugedachten Rollen beste Ergebnisse bieten.

Wer sich und seinen Lieben im Vorweihnachtstrubel eine sinnvoll-erfreuliche Auszeit gönnen möchte, wird durch den “Zauberer von Oz” in der Wiener Volksoper bestens unterhalten und verlääst diue Vorstellung glücklich. Und wer es trotz allem jetzt nicht mehr schafft: Im kommenden Jahr stehen weitere Vorstellungen dieses Musicals am Spielplan der Volksoper: Also hingehn und begeistert sein.