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Dienstag, 17. Februar 2015, von Elmar Leimgruber

Öko-Test: Vitaminpillen machen krank

Es ist zwar seit über 20 Jahren bekannt und auch durch Studien belegt, aber die Werbelügen, dass Vitamine gesund machen, werden nach wie vor von vielen, besonders von gesundheitsbewussten Menschen geglaubt, bedauert “Öko-Test”.  Vitamine sind – wenn der Arzt sie nicht verschreibt – nicht nur überflüssig, sondern sie können auch krank machen. Öko-Test erklärt im neuen Sonderheft SPEZIAL – Vitamine und Mineralstoffe, wie man sich am besten mit lebenswichtigen Nährstoffen versorgt, aber auch wo Hersteller den Verbrauchern etwas aufschwatzen, was sie gar nicht benötigen.

Es gibt aber auch Menschen mit Mehrbedarf: Schwangere benötigen viel Folsäure, Raucher mehr Vitamin C und E und Veganer oftmals zusätzlich Vitamin B12. Zu den Inhalten der aktuellen Öko-Test Spezial in Kürze:

• Multivitamin-Pillen: Eine Vitamin-Langzeitstudie an über 38.000 Teilnehmer kommt zum Ergebnis: Viele Supplemente erhöhten die Sterblichkeitsrate: Multivitamine um 2,4 Prozent, Zink um 3 Prozent, Eisen um 3,9 Prozent, Vitamin B6 um 4,1 Prozent, Folsäure um 5,9 und Kupfer sogar um 18 Prozent. In einer weiteren Studie hatte das fettlösliche Vitamin E das Risiko für Prostatakrebs bei gesunden Männern erhöht. Die Einnahme einer Kombination von Vitamin E plus Selen oder von Selen allein erhöhte das Risiko zwar nicht, verringerte es aber auch nicht. Ähnlich verhält es sich laut Ökotest auch mit Multivitamin-Säften, die großteils mit künstlichen Vitaminen überdosiert sind.

• Vitamin C und Zink: Das Wundermittel gegen Erkältungen gibt es nicht. Dies gilt auch für Vitamin C und Zink und Zink kann zudem zu Überkeit führen. ÖKO-TEST hat 21 Nahrungsergänzungsmittel mit Zink und Vitamin C eingekauft und unter die Lupe genommen. Gerade mal drei der 16 Produkte erreichen überhaupt ein “ausreichend”. Grund: Für einen Nutzen solcher Präparate gibt es keinerlei Belege. Eine vollwertige Ernährung enthält prinzipiell ausreichende Mengen an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen, um den Bedarf eines Erwachsenen problemlos zu decken. Um etwaige positive Wirkungen bei Erkältungen erzielen zu können, enthalten die untersuchten Präparate im Übrigen viel zu wenig Zink. Die in den Studien angesprochenen Mengen dürfen in Nahrungsergänzungsmitteln nämlich nicht zum Einsatz kommen. Für Nahrungsergänzungsmittel hingegen enthalten die meisten Präparate zu viel Zink, gut die Hälfte auch zu viel Vitamin C.

• Multivitaminpräparate für Kinder: Es gibt nun mal Kinder, die einen großen Bogen um Obst oder Grünzeug machen. Damit sie dennoch keine Mangelerscheinungen bekommen, greifen ihre besorgten Eltern gern zum „Rundum-Sorglos-Präparat“. Keines der 5 getesteten Produkt ist eine Empfehlung wert. Zwei erreichen mit Ach und Krach ein “befriedigend”. Zu hohe Dosierungen, fragwürdige Auslobungen und mangelnder Nutzen sorgen für zwei “ungenügende” Gesamturteile. Zwei Produkte enthalten außerdem Natriumbenzoat. Das Konservierungsmittel steht in Verdacht, relativ häufig Allergien auszulösen. Zudem: Ein Nutzen von Multivitaminpräparaten für gesunde Kinder ist nicht ersichtlich.

• Vitamine für Schwangere: .Hier schneidet kein Präparat mit “sehr gut” ab. Alles, was über Folsäure und Jod hinausgeht, ist mit einer angemessenen Ernährung zu decken. Außerdem sind Vitamine und Mineralstoffe in vielen getesteten Produkten überdosiert.

• Magnesiumpräparate: Magnesium ist an vielen Vorgängen im Körper beteiligt. Es spielt beim Zell- und Knochenaufbau eine Rolle und ist wichtig für die Nerven- und Muskeltätigkeit. Allerdings leiden die wenigsten Menschen unter einem Magnesiummangel. Dazu kommt: Eine Überdosierung kann zu Durchfällen führen. Im Test schnitten nur die Arzneimittel, die gegen ärztliche Verschreibung verabreicht werden, sehr gut weg, Nahrungsergänzungsmittel erreichten maximal ein befriedigend.

• Calcium- plus Vitamin-D-Präparate: Wer unter Osteoporose leidet, bricht sich die Knochen häufig schon aus dem geringsten Anlass. Kombipräparate aus Vitamin D und Calcium sollen vorbeugen oder den Knochenschwund aufhalten. Der Nutzen der Arzneimittel ist belegt, die Nahrungsergänzungen spart man sich besser, denn nur die Arzneimittel schneiden mit sehr gut im Test ab: Nach der Leitlinie Osteoporose des Dachverbands Osteologie sollte die Gesamtzufuhr an Calcium aus Nahrung und Nahrungsergänzungen 1.500 Milligramm (mg) nicht überschreiten, täglich 1.000 mg Calcium mit der Nahrung reichen aus. Da diese leicht erreicht werden, sind – nach Rücksprache mit einem Arzt – oft reine Vitamin-D-Präparate die bessere Wahl. Der Nutzen von Nahrungsergänzungsmitteln mit Vitamin D für den gesunden Verbraucher ist nicht belegt. Ausnahme: Ältere Menschen, bei denen eine höhere Zufuhr den Knochenabbau vermindert.

• Basische Nahrungsergänzung: Zwar kann auch eine abwechslungsreiche, gesunde Ernährung einen gewissen Säureüberschuss erzeugen, doch “beim gesunden Erwachsenen sind die Regulationssysteme des Säure-Basen-Haushalts auch bei einer einseitigen Ernährung in der Lage, Säure- und Basenüberschüsse zu kompensieren und auszuscheiden”, erklärt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Viele Basenpulver enthalten zudem Hydrogencarbonate. Die eingesetzten Mengen lassen aber Folgen wie Völlegefühl, Aufstoßen und Blähungen erwarten, denn in der empfohlenen Tagesdosis entsprechen sie häufig denen von Arzneimitteln gegen Sodbrennen.

• Nahrungsergänzungsmittel aus Supermärkten und Discountern: Nicht genug Vitamine gefuttert, ein leichtes Kratzen im Hals oder einfach müde und schlapp – wer keine Lust auf lange Wartezeiten beim Arzt hat oder teure Apothekenpreise scheut, der findet auch im Supermarkt und bei den Discountern eine Reihe von Nahrungsergänzungsmitteln. Zwölf (der insgesamt 47) Präparate, vor allem pflanzliche Arzneimittel mit Baldrian oder Artischocke sowie die Meerwasser-Nasensprays landen ganz vorne. Am Tabellenende tummeln sich wegen fehlender Studien mit Wirksamkeitsbelegen die Venencremes sowie mangels adäquater Dosierung und Deklaration etliche Nahrungsergänzungsmittel. Die Bilder ähneln sich bei allen Discountern mit Ausnahme von Lidl, dessen vier Brausetabletten allesamt ein “befriedigend” erhalten.

Ebenso im neuen Sonderheft:

• Das Geschäft mit den Vitaminen: Künstlich hergestellte Vitamine landen längst nicht nur in Pillen, Riegeln und Getränken. Sie stecken beispielsweise auch in Kosmetika, Sonnenschutzmitteln und Tierfutter. Dank der enorm vielfältigen Nachfrage drängen immer mehr Hersteller ins gut gehende Geschäft. Einen offenen Einblick in konkrete Marktanteile und Umsatzzahlen gibt die Branche aber nicht.

• Richtig gut einkaufen und kochen: Von A wie Apfel oder Avocado bis Z wie Zitrone oder Zwiebel – mit frischen Zutaten schmeckt das Essen nicht nur besser, sondern steckt auch voller Vitamine und Mineralstoffe. Aber es hängt auch von der richtigen Zubereitung ab, wie viele davon letztlich auf dem Teller landen.

Das Öko-Test Spezial zum Thema Vitamine und Minseralstoffe ist in Deutschland um 5.80 Euro im Zeitschriftenhandel sowie online erhältlich.

Freitag, 18. März 2011, von Elmar Leimgruber

Warnung: Jod-Tabletten sind gesundheitsheitsgefährlich

Die Einnahme von Kaliumjodid-Tabletten (besser bekannt als Jod-Tabletten) ist schwer gesundheitsschädigend, warnt die deutsche Bundesapothekerkammer (ABDA). Erwachsene über 45 Jahren sollten demnach grundsätzlich keine hochdosierten Jodtabletten einnehmen, da diese das Risiko für schwerwiegende Schilddrüsenerkrankungen erhöhen. Auch wer zum Beispiel auf Jod überempfindlich reagiert (Jodallergie) oder eine Schilddrüsenüberfunktion hat, sollte auf die prophylaktische Jodeinnahme verzichten. Wenn überhaupt sollten diese Tabletten nur nach ausdrücklicher behördlicher Aufforderung eingenommen werden, so die ABDA.

Nach dem Atomunfall in Japan haben sich viele Bürger in Westeuropa mit solchen Tabletten eingedeckt, obwohl nach einhelliger Meinung von Experten das betroffene japanische Atomkraftwerk zu weit entfernt ist, als dass es für Menschen in Westeuropa zu radioaktiver Belastung kommen könnte. “Apotheker raten von der Einnahme von Jodtabletten auf eigene Faust ausdrücklich ab”, sagt Erika Fink, Präsidentin der deutschen Bundesapothekerkammer. Für die Blockade der Aufnahme radioaktiven Jods reicht zudem im Regelfall eine einmalige Einnahme von Kaliumiodid als Notfallmedikament (“Jodblockade”). Kaliumjodid G.L. 65 mg-Tabletten verhindern in der angegebenen Dosierung die Aufnahme von radioaktivem Jod in die Schilddrüse (so genannte Jodblockade) und vermindern so das Risiko, an
Schilddrüsenkrebs zu erkranken. Die Dosierung richtet sich nach dem Alter.

 

Der Katastrophenschutz ist Aufgabe der Bundesländer. Auch die Bevorratung mit Kaliumiodid und seine Ausgabe an die Bevölkerung werden von den Bundesländern geregelt. Als Vorsorgemaßnahme kann es nach einem Atomunfall an die Bevölkerung ausgegeben werden. Eingenommen werden sollten die Tabletten aber nur nach ausdrücklicher Aufforderung durch die Behörden. Auch Österreich hat diese Tabletten auf Lager, bestätigt das Gesundheitsministerium, das ebenfalls aktuell keine Gefährdung durch Radioaktivität sieht.

Für einen Ernstfall bevorratet Österreich zum Schutz der Risikogruppen (Kindern, Jugendlichen, Schwangeren und Stillenden) ausreichend Kaliumjodidtabletten. Die verfügbaren Chargen werden vom Arzneimittelkontrolllabor des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen laufend auf Qualität und Wirksamkeit (zuletzt im Jänner 2011) überprüft. Österreich hat zum Schutz der Zielgruppen 6 Millionen Packungen zu jeweils zehn Tabletten Kaliumjodid in allen Apotheken, ärztlichen Hausapotheken und Krankenanstalten gelagert. Zusätzlich wird in allen Schulen und Kindergärten die erste Tagesdosis Kaliumjodid für jedes Kind bereitgehalten. Ferner gibt es eine Bundesreserve, erklärt das österreichische Gesundheitsministerium.

Bei einem atomaren Unfall wird radioaktives Jod freigesetzt. Dieses wird vom Körper über die Luft, über Nahrung und Getränke oder über die Haut aufgenommen. Es reichert sich in der Schilddrüse an und kann dort zu Organschäden führen. Die Schilddrüse regelt selbst, wie viel Jod sie aufnimmt. Dabei wird nicht unterschieden zwischen radioaktiven oder stabilem, nicht-radioaktiven Jod. Eine mit Jod gesättigte Schilddrüse wird weniger oder kein radioaktives Jod aufnehmen. Deshalb kann durch die Einnahme von Jodtabletten die Speicherung von radioaktivem Jod verhindert werden. Der Schutz ist am wirksamsten, wenn die Jodtabletten praktisch gleichzeitig mit dem Einatmen des radioaktiven Jods eingenommen werden. Jodtabletten schützen aber nicht vor anderen radioaktiven Stoffen.