- Journalistenkammer Trentino/Südtirol: Präsident Fabrizio Franchi (links) und Vizepräsident Willy Vontavon (rechts)
Foto: Leimgruber
Die Glaubwürdigkeit im Journalismus war das Hauptthema der Jahresversammlung der Journalistenkammer der Region Trentino Südtirol letzthin in Trient. Es stimme bedenklich, dass der Berufsstand der Journalisten einen so schlechten Ruf bei der Bevölkerung habe, sagte Präsident Fabrizio Franchi. Es müsse dringend an der Glaubwürdigkeit gearbeitet werden: Dazu gehöre auch eine umfassende Journalisten-Aus- und Weiterbildung, die bislang fehle, sagte Vizepräsident Willy Vontavon.
Bei einer repräsentativen Umfrage von Astra Ricerche in Zusammenarbeit mit Lexis in der Lombardei betitelten 68 Prozent der Befragten Journalisten als Lügner, die nicht die Wahrheit sagen. 60 Prozent empfinden Journalisten als unwissend und inkompetent, 59 Prozent halten sie für “Nachrichten-Aufpauscher” und Dramatisierer, 52 Prozent halten sie für nicht unabhängig, sondern gewisse Interessen vertretend, 48 Prozent empfinden sie als Position für die eigene Partei ergreifend, 40 Prozent als korrupt und kaufbar, 30 Prozent als selbstverliebt und arrogant und ebenfalls 30 Prozent als einfach unsympathisch. Die Umfrage kam durch Befragung von 2004 Menschen aus allen Branchen und jeden Alters über 15 Jahren zustande.
Die italienischen Umfrageergebnisse sind hier (italienisch) downloadbar.
Der Beruf des Journalisten in der Bundesrepublik Deutschland hat zwar ein hohes Ansehen, doch an der Unabhängigkeit der Journalisten hat die Mehrheit der Deutschen ihre Zweifel. Dies zeigen die Ergebnisse der bevölkerungsrepräsentativen Befragung “Journalismus 2009“, die vom Kölner Markt- und Organisationsforschungsinstituts YouGovPsychonomics in Kooperation mit der Macromedia Hochschule für Medien- und Kommunikation, München, durchgeführt wurde.
Demnach meinen 54 Prozent der Befragten, dass Journalisten “nicht wahrheitsgemäß” berichten, 59 Prozent vermuten Beeinflussbarkeit durch Wirtschaft und Politik. Dass Journalisten an einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung interessiert sind, glauben lediglich 46 Prozent der Bundesbürger, ein Anteil von 55 Prozent widerspricht. Andererseits gibt sich die Mehrheit überzeugt, dass Journalisten für ihre Artikel “gewissenhaft recherchieren”, auch wenn der Beruf nicht wirklich als anstrengend empfunden wird.
Was die Glaubwürdigkeit einzelner Medien betrifft, äußern die Befragten gegenüber dem Magazin „Der Spiegel“ die wenigsten Vorbehalte: 82 Prozent halten ihn für glaubwürdig. Den zweiten Platz belegt mit 80 Prozent die Zeitung „Die Zeit“, den dritten die Frankfurter Allgemeine Zeitung (76 Prozent). Die auflagenstärkste deutsche Tageszeitung “Bild“ landet mit acht Prozent Zustimmung in Sachen Glaubwürdigkeit weit abgeschlagen auf dem letzten Platz aller Medien. Insgesamt wurden repräsentativ 1.000 Personen aus der deutschen Bevölkerung befragt.
- Vom 16.-18. April fand die internationale Tagung der Europäischen Journalisten Federation in Istanbul statt
Die vollständige Studie ist hier downloadbar.
Die Europäische Journalisten-Föderation (EJF) indes wird eine Charta zur Glaubwürdigkeit des Journalismus in Europa erarbeiten. Dies beschloss die Generalversammlung der EJF auf Antrag des Deutschen Journalisten-Verbandes und der dju in ver.di. Ziele der Charta sind unter anderem die klare Abgrenzung des Journalismus von Marketing und Werbung, die Sicherung von journalistischer Qualität und Urheberrechten sowie die Überprüfung der Arbeitsverhältnisse von fest angestellten und freien Journalisten insbesondere in Osteuropa und bei Online-Medien.
Der Deutsche Journalisten-Verband hat ausserdem die Abgeordneten des Deutschen Bundestags aufgefordert, ihre zum Teil restriktive Haltung gegenüber der Live-Berichterstattung aus den Ausschüssen des Parlaments aufzugeben. Anlass ist das gegenüber dem Sender Phoenix ausgesprochene Fernsehverbot, das die Sondersitzung des Verkehrsausschusses am Dienstag dieser Woche und die Sitzung des Kundus-Untersuchungsausschusses am heutigen Donnerstag betraf. Wie der Sender dem DJV gegenüber bestätigte, waren Übertragungsanfragen von Phoenix in beiden Fällen von den Politikern der Ausschüsse mehrheitlich abgelehnt worden.
“Wie die Minister Ramsauer und zu Guttenberg die Fragen der Ausschussmitglieder zur Flugasche und zum Kundus-Bombardement beantworten, ist von großem öffentlichen Interesse”, sagte hingegen DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Deshalb sei es völlig unverständlich, warum die Ausschüsse keine Live-Berichterstattung zuließen.