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Freitag, 13. Februar 2015, von Elmar Leimgruber

Euthanasie: Wird schon wieder über “lebensunwerte Menschen” gelästert?

Natürlich muss nicht nur über ein Leben in Würde, sondern auch über ein Sterben in Würde gesprochen werden. Doch mit welchem Ziel? Menschen zu töten, die wir anderen nicht mehr für lebenswürdig oder lebenswert erachten? Natürlich wünschen sich manche Menschen mit massiven Qualen manchmal vorübergehend den Tod, aber der Schmerzen wegen und nicht weil wie tatsächlich sterben möchten. Und natürlich muss die Medizin hier Mittel und Wege finden, um Menschen möglichst wenig leiden zu lassen und  ihre Schmerzen weitgehstenst zu lindern. Aber wollen wir anderen zugestehen, über Leben und vor allem Tod zu entscheiden oder wollen wir das gar selbst in die Hand nehmen?

Diese Diskussion, in der andere (natürlich ebenfalls mit schönen Worten begründet) darüber entschieden, wer (noch) lebenswert ist, hatten wir doch schon mal. Und die Folge waren unzählige Ermordete: Menschen anderer Völker, anderer Religionen oder Meinung, anderer sexueller Orientierung, Behinderte und eigentlich jeder, der nicht in ein ach so perfekten System passte. Der aktuelle Vorschlag der Bioethik-Kommission (was steckt da für eine “Ehtik” dahinter?), in gewissen Fällen bei Euthanasie Straffreiheit zu gewähren, kann daher nur entschieden abgelehnt werden.

Haben wir nicht dazugelernt? Wollen wir tatsächlich so eine Diskussion, wer es noch wert ist zu leben, von vorne beginnen? Keinesfalls! Jeder Mensch hat das Recht auf eine würdige Begleitung auch auf seinem letzten Lebensweg und zwar ohne dass man sein Leben verkürzt. Alles andere mag vielleicht wirtschaftlich sinnvoll erscheinen, widerspricht aber allen humanistischen Werten.

Heute sind es Schwerkranke, denen durch den Tod “geholfen” werden soll, morgen sind es Behinderte und schon übermorgen kann es jeden von uns treffen. Der aktuelle Widerstand ist also gerechtfertigt: Auf das unmenschliche Niveau, auch nur über “lebensunwerte” Menschen nachzudenken,  bewegen wir uns in der Geschichte hoffentlich nie wieder zu: nie wieder!

Elmar Leimgruber

 

Zum Mehrheitsvotum der Bioethikkommission, in “Härtefällen” Ausnahmeregelungen zur assistierten Selbsttötung im Strafrecht durchzuführen, gab es am Donnerstag auch zahlreiche Reaktionen aus Politik und Zivilgesellschaft. Gegen jedwede Lockerung des Verbotes aktiver Sterbehilfe, insbesondere auch der straffreie Beteiligung von Ärzten daran, sprachen sich die Ärztekammer, Behindertenorganisationen sowie auch das kirchliche Bioethikinstitut IMABE aus.

“Es muss möglich sein, dass Kranke „an der Hand und nicht durch die Hand eines anderen Menschen  sterben”, zitiert Alfred Trendl vom Katholischen Familienverband eine Aussage des früheren Kardinals von Wien, Franz König und fordert einen Rechtsanspruch auf Palliativ- und Hospizversorgung: “Über Leben und Tod zu entscheiden steht uns schlicht nicht zu”, so Trendl.

Leben zu beenden widerspreche dem ärztlichen Berufsethos und dürfe nicht Bestandteil ärztlichen Handelns sein, reagiert die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) und lehnt die von der Bioethik-Kommission empfohlene Lockerung des Verbotes der aktiven Sterbehilfe ab. Vielmehr sei es die Pflicht jedes Arztes, Leben zu erhalten und Sterbende palliativmedizinisch zu begleiten. Dazu sei ein umfassender Ausbau der Palliativmedizin in Österreich dringend erforderlich, so die Ärztekammer. Von einem “offenen Schlag ins Gesicht von Menschen, die sich in der letzten Phase ihres Lebens befinden”, sprach Marianne Karner vom Behindertenberatungszentrum “Bizeps” mit Blick auf das Mehrheitsvotum der Bioethikkomission.

“Die Vertrauensbasis zwischen Arzt und Patient würde dabei völlig untergraben”, betont die Geschäftsführerin des Bioetikinstituts Imabe, Susanne Kummer gegenüber “Kathpress”. In der Gesellschaft würde die Legalisierung in einem “breiten Konsens” abgelehnt, und es mute “eigenartig” an, “dass eine nicht demokratisch legitimierte Kommission diesen bestehenden Konsens brechen will”. Es sei gefährlich, wenn gemäß des Minderheitenvotums beim Sterbewunsch eines Patienten diesem automatisch ein Suizidwunsch unterstellt würde, da dies Unterschiede verwische, erklärt Kummer. Auch im Wortgebrauch ziele man scheinbar auf eine Entwicklung wie in Großbritannien ab, wo der Begriff “assistierter Suizid” mittlerweile verboten und nur noch die Rede von “Selbstbestimmung” sei. “Fakten werden somit komplett verschleiert”, so Kummer.

Die Empfehlung der Bioethik-Kommission bezüglich Euthanasie kann online unter www.bundeskanzleramt.at/bioethik/ nachgelesen werden.

Montag, 26. Januar 2015, von Elmar Leimgruber

Was der Linksruck in Griechenland für Europa bedeutet

Griechenland hat nun also gewählt. Und ich habe großes Verständnis für das Wählerverhalten. Das Land, das die Wiege der Demokratie ist und selbst der Logik, zumindest wenn man den alten griechischen Philosophen jene Ehre zukommen lässt, welche sie in der Tat verdienen. Das Land am Mittelmeer hat in den vergangenen Jahren mehr als genug gelitten, aber nicht unter den “Schikanen” der EU -was man der Bevölkerung dort aus populistischen Gründen seit Jahren eintrichtert- sondern wegen der schwerwiegenden Fehler der früheren vielfach sozialistisch geführten Regierungen.

Während also seit Jahren unter den Griechen ein EU- und vor allem ein Deutschland-Hass gezüchtet und genährt wurde, ist es aber letztlich genau der EU und hier vor allem Deutschland zu verdanken, dass das seit Jahren nicht nur schwerverschuldete, sondern teils sogar zahlungsunfähige Land Griechenland immer wieder EU-Hilfszahlungen erhält und damit die drohende Staatspleite, welche die Bevölkerung dort erst recht vernichten würde, erfolgreich verhindert wird. Seit den Hilfsvereinbarungen ab 2010 flossen (von der EU und vom IWF) insgesamt 227 Milliarden Euro an Hilfsgeldern nach Griechenland. Und zudem wurde zwischen der EU und Griechenland bereits vereinbart, dass sowohl die Laufzeit der EFSF-Kredite gegenüber der ursprünglichen Vereinbarung um 15 Jahre verlängert wird als auch  die Regierung in Athen bis 2022 (!) keine Zinsen auf das geborgte Geld zahlen muss. Das sind keinesfalls unseriöse Bedingungen.

Natürlich könnte man jetzt sagen, dass gleich nach dem Auftreten der ersten finanziellen Probleme Griechenlands dessen Austritt aus der Europäischen Union zumindest hätte ernsthaft überlegt werden müssen. Nur: Eine Europäische Union, vor allem eine Währungsunion, welche alle Euro-Staaten miteinander in einer Währung verbindet, ist nun mal (zumindest im Notfall) auch eine Solidargemeinschaft, ob man dies nun will oder nicht. Nur so hat sie meines Erachtens überhaupt einen Sinn: So lange es eine Währungsunion in dieser Form gibt, führt an der Solidarität kein Weg vorbei.

Also musste alles versucht werden, um konjunkturschwächere Staaten (nicht nur Griechenland) mit Krediten zu unterstützen und damit ihre Mitgliedschaft in der Union zu erhalten, Natürlich nicht ohne Bedingungen: Niemand (egal ob als Privater, als Bank oder als Staat) borgt wem anderen über Jahre hindurch immer wieder neues Geld, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass das Geld inklusive Zinsen zurückgezahlt wird, unwahrscheinlich ist bzw. immer mehr sinkt. Daher werden selbstverständlich Kriterien ausgehandelt, die dafür sorgen sollen, dass durch notwendige Reformen die Ausgaben immer geringer werden und damit auch die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung gegeben ist. Genau dies verlangt die EU, allen voran Deutschland als Hauptgeldgeber (29%) der Kredite von Griechenland vollkommen zu Recht. So erklärt das offenbar aber niemand der griechischen Bevölkerung, weshalb die EU und allen voran Deutschland -zu Unrecht- als die Griechenland-Zerstörer diffamiert werden.

Selbstverständlich kann und muss man darüber reden, wie die Hilfsgelder teilweise auch direkt der griechischen Bevölkerung zugute kommen. Andererseits hat die griechische Regierung aber nach wie vor (ein Relikt aus der sozialistischen Versorgungs-Ära) einen sowohl personell als auch finanziell sehr aufgeblasenen Staats- und Beamtenapparat zu bezahlen. Haben aber die Banken keine Gelder zur Verfügung, gibts diese weder über die Geldautomaten und erst recht nicht für den Staat zur Bezahlung der Gehälter von Staatsbediensteten und Beamten. Und: Besser massive Gehaltskürzungen als Kündigungen. Das muss man der griechischen Bevölkerung auch mal darlegen.

Während ich nach den letzten Griechenland-Wahlen noch begeistert war von der überdurchschnittlichen Besonnenheit der griechischen Bevölkerung, habe ich diesmal zwar einen Wahlsieg des linken Nationalpopulisten (wie passt das überhaupt zusammen?) Alexis Tsipras von Syriza befürchtet. Die Bevölkerung musste ja wirklich harte Sparmaßnahmen über sich ergehen lassen und auch die Arbeitslosigkeit stieg dramatisch, ich hoffte aber dennoch erneut auf eine vernünftige Entscheidung der Bevölkerungs-Mehrheit. Und diese wäre auch mit Sicherheit zustande gekommen, würden nicht (wie in anderen Ländern genauso) letztlich in Krisenzeiten immer die charismatischen Populisten (egal ob links oder rechts) die Wahlen gewinnen.

Tsipras trat mit unrealistischen Forderungen an und gab Wahlversprechen ab, die er mit ziemlicher Sicherheit nicht einhalten wird können: Grundsätzliche aber nicht die Substanz ändernde Neuverhandlungen mit der EU sind zwar wohl möglich. Aber wer sollte die Kredite von  227 Mrd. Euro zurückzahlen, wenn nicht der Schuldner Griechenland selbst? Und warum sollte das hochverschuldete und (ohne Finanzhilfen) und immer wieder zahlungsunfähige Land auch weiterhin Milliardenhilfen erhalten, wenn es nicht bereit ist, die eingeleiteten Reformen fortzuführen und damit die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlungsmöglichkeit zu erhöhen? Seien wir uns ehrlich: Das ist nicht nur unwahrscheinlich, sondern einfach unrealistisch.

Die griechische Bevölkerung hier derart zu täuschen und zu blenden und sie mit falschen Wahlversprechen zu ködern, ist in hohem Maße verantwortungslos. Selbst wenn ich Tsipras als Idealisten betrachten würde, dem es tatsächlich um das Wahl seiner Bevölkerung geht, müsste ich ihm -der ja keinesfalls mehr ein Newcomer in der Politszene ist- politische Naivität vorwerfen. Ich befürchte aber eher, dass sein Wille zur Macht Staat der eigentliche Grund seines Handelns sein könnte.

Schon bald wird sich dann zeigen, ob Tsipras (falls er Regierungschef wird), tatsächlich diese seine Vorhaben umsetzen wird: die Superreichen des Landes hoch besteuern (viel Erfolg dabei!) und die Armen steuerlich entlasten, Neuverhandlungen mit der EU, Erzwingung eines weiteren Schuldenschnitts, aber kein Austritt aus der Eurozone.

Vor allem Deutschland als Hauptkreditgeber für Griechenland konnte die Hilfszahlungen für Griechenland schon anfangs der eigenen Bevölkerung gegenüber nur damit rechtfertigen, dass es sich hierbei um Kredite handelt, die selbstverständlich wieder zurückgezahlt werden müssen. Diese Gelder fehlen nun mal in Deutschland, Österreich und weitern EU-Ländern massiv. Und große Teile der Bevölkerung haben zunehmend immer weniger Verständnis dafür, wenn Milliarden an Euros für Banken- und Staaten-Rettungen offenbar im Übermaß vorhanden sind,  jedoch nicht, wo es um die finanzielle Grundversorgung der eigenen Bevölkerung geht. Ein bedeutsamer Schuldenschnitt der kreditgebenden Euroländer für Griechenland verbunden dennoch mit weiteren Hilfszahlungen würde also nicht nur die betroffenen Staatskassen langfristig massiv belasten, sondern führte zu einem weiteren Wirtschaftseinbruch und damit verbunden zu noch mehr Arbeitslosen. Mittelfristig würde das noch viele weitere Bevölkerungsschichten auf die Straße treiben, nicht aus Boshaftigkeit, sondern aus Sorge um ihr finanzielles Überleben.

Natürlich war das warnende Statement der deutschen Bundeskanzlerin in bezug auf die griechischen Wahlen notwendig: Die Eurozone ist tatsächlich ohne Griechenland und auch ohne weitere Pleitestaaten denkbar. Selbstverständlich. Nur: Welchen Sinn macht dann ein Klein-Euro-Gebilde überhaupt noch?

Und auch wenn dieses Thema noch nicht aktuell sein mag: In ein Fass ohne Boden wirft man irgendwann kein Geld mehr, vor allem nicht Milliarden: Ohne die Einhaltung von Bedingungen wirds auf Dauer kein Geld mehr geben. Also zuerst der sichere Boden im Fass, dann das Geld. Wie der Boden aussehen muss, darüber darf und muss (z.B. Sinnhaftigkeit gewisser Reformen und direkte Geldzahlungen an die griechische Bevölkerung) gern diskutiert werden. Aber dass Griechenland langfristig den Geberländern das geborgte Geld zurückzahlen muss, darf nicht in Frage gestellt werden.

Freitag, 27. September 2013, von Elmar Leimgruber

Raunzen darf nur, wer wählt!

Hintergrundanalyse zu den Nationalratswahlen am 29. September 2013 und Spitzenkendidaten-*Augenvergleich

 

EINLEITUNG

Eigentlich steht das Ergebnis der österreichischen Nationalratswahl 2013 grundsätzlich bereits fest. Aber mal angenommen, man könnte als Wähler tatsächlich über die politische Zukunft Österreichs entscheiden, müsste man dann das Angebot wählen zu dürfen, nicht nahezu als moralische Verpflichtung empfinden? Ja so ist es, beziehungsweise so sollte es sein: Wer nicht wählt, sagt damit den Politikern, dass er selbst keine Mitverantwortung für die Politik tragen will, dass er wichtige Entscheidungen lieber anderen überlässt und dass ihm eigentlich, obwohl er sich vielleicht immer wieder abwertend über Politiker äußert, alles gleichgültig ist.

Wenn dies auch nicht jedem Entscheidungsträger angenehm sein mag: Letztlich sind in allen wichtigen gesellschaftlichen und politischen Fragen reife und mündige Bürger notwendig: Wenn es um die politische Zukunft eines Landes geht und man diese vernünftig zu planen gedenkt, kann es doch nicht darum gehen, lauter Ja-Sager, Hohlköpfe und Lämmer um sich zu scharen. Gefragt sich vielmehr Menschen, die eine eigene Meinung haben und die sich aktiv einbringen in die Diskussion und die Politik.

Bei dieser Nationalratswahl geht es aktuell um zwei Grundfragen: Was kann jeder Einzelne dazu beitragen, dass unsere Gesellschaft über alle Bevölkerungsschichten hinweg eine bessere und gesündere und produktivere und solidarischere und gerechtere wird? Und: Wie kann sich Österreich damit konkret und produktiv  in die Diskussion der gesamten Europäischen Union (EU) einbringen und damit an der Zukunft Europas aktiv mitarbeiten? Erst nach Beantwortung dieser beiden Grundfragen kann man an die praktische Umsetzung derselben anhand konkreter programmatischer Schritte herangehen.

EUROPA

Bei dieser Wahl geht es im Grunde zwar nur indirekt um Europapolitik, zumal die österreichische Regierung (egal welcher politischen Farbe) aufgrund internationaler Verpflichtungen gar nicht in der Lage ist, über eine grundsätzliche Umgestaltung oder gar einen etwaigen Austritt aus der Eurozone zu entscheiden. Gleich drei Parteien in Österreich bringen aber im Wahlkampf auch diese Thematik ein: Das Team Stronach, das BZÖ und vor allem die FPÖ:

Deren Frage diesbezüglich ist durchaus bedenkenswert: Kann es im Sinne der österreichischen Bevölkerung sein, dass gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise Milliarden an Euros nicht in die Ankurberlung der Wirtschaft und in die Lösung der sozialen Probleme im eigenen Land investiert werden, sondern an so genannte Pleitestaaten fließen und zwar immer wieder aufs Neue? Und ich prophezeie hiermit, dass uns die nächste Wirtchaftskrise in der Eurozone in Kürze ereilen wird.

Die Frage der dauerhaften gemeinsamen Währung aller bisherigen Euroländer ist zwar nur gesamteuropäisch bzw. auf Eurozonen-Ebene zu lösen. Man muss jedoch aus verantwortungsbewusster EU-Bürger die Frage stellen dürfen, ob eine gemeinsame Währung von wirtschaftsschwachen und wirtschaftsstarken Ländern Sinn macht oder nicht vielmehr langfristig auch die starken Länder in den wirtschaftlichen Ruin treibt, was man hofffentlich rechtzeitig wird verhindern können. Da kann Österreich froh sein, mit Deutschland und seiner Kanzlerin Angela Merkel einen starken und verlässlichen Partner in der EU zu haben.

LEISTUNG UND STEUERN

Vorausgesetzt, die Steuerhoheit innerhalb der EU verbleibt weiter bei den Mitgliedsstaaten: Ist es klug und zukunftsorientiert oder nicht vielmehr politisch kurzsichtig, ja unverantwortlich, jenes große Kapital beziehungsweise Vermögen, das seit Jahrzehnten maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass immer wieder neue Unternehmen gegründet und Arbeitsplätze und damit auch Wohlstand für die Bevölkerung geschaffen werden, noch einer weiteren zusätzlichen Besteuerung zu unterwerfen, wie dies in Österreich vor allem KPÖ, SPÖ und Grüne fordern?

Freilich ist es eine wohltuende Geste und zeugt von menschlicher Größe, wenn jene wenigen Menschen, welche sosehr im Überfluss leben, dass ihre Nachkommen gar nicht in der Lage wären, ihr überschüssiges Vermögen aufzubrauchen, ihre Dankbarkeit, ihr Verantwortungsbewusstsein und ihre Solidarität mit jenen Menschen, die knapp am Existenzminimum dahinvegetieren, zeigen, indem sie in harten Zeiten wie diesen freiwillig einen Teil ihres überschüssigen Geldes Bedürftigen zur Verfügung stellen. Solidarität -wem auch immer gegenüber- ist im Übrigen nicht eine Tugend, die man sich vom Staat erwarten sollte, sondern für die jeder einzelne Mensch persönlich verantwortlich ist.

Familien aber, die es entweder selbst oder deren Vorfahren meist durch harte Arbeit und Tüchtigkeit und Ausdauer zu größerem Wohlstand als der Durchschnitt gebracht haben, ein weiteres Mal mit Steuern hierfür zu bestrafen, würde deren Bereitschaft, Überdurchschnittliches zu leisten, und die Einsatzfreude beschneiden. Wer Fleiß und harte Arbeit über Generationen, die letztlich zu Vermögen geführt hat, durch zusätzliche Vermögens- und Erbschaftssteuern schädigen bis vernichten will, möge gern Werner Faymann und seine SPÖ auf ihrem Weg bestätigen und ihn oder Grüne oder gar die KPÖ wählen. Wer will, dass sich Leistung wieder lohnt und dass wer mehr leistet, auch mehr verdienen und letztlich auch mehr Wohlstand haben soll, muss ÖVP, BZÖ oder FPÖ wählen.

Denn nur derjenige kann investieren, der mehr hat, als er zum eigenen Leben (und der seiner Familie) braucht, kann auch investieren. Das Ziel der Politik muss also sein, Vermögensaufbau nicht durch Steuern zu behindern, sondern zu fördern. Dann wird das Vermögen auch investiert: In Projekte und neue Unternehmen und Projekte. Und damit wird fruchtbarer Boden für neue Arbeitsplätze geschaffen, was der gesamten Gesellschaft gut tut. Die von ÖVP-Chef Michael Spindelegger versprochene “Entfesselung der Wirtschaft” ist also höchste Zeit und notwendig.

Stronachs Steuermodell, wonach Unternehmen von der Steuer befreit werden, sofern sie das Kapital wieder in Österreich anstatt im Ausland investieren, klingt vernünftig, allerdings nur, wenn auch ungerechte Managergehälter (ab 500.000 Euro jährlich) künftig der Vergangenheit angehören. Stronachs Vision einer Steuerflatrate (auch das BZÖ hat Sympathien hierfür), welche im Grunde alle Menschen reich machen soll, ist wohl mehr Traum als Realität. Ähnlich verhält es sich mit Stronachs Wunsch nach Steuersenkungen, was in Zeiten der Hochkonjunktur sinnvoll wäre, aber in Zeiten der Wirtschaftskrise wohl unverantwortlich.

LOHNNEBENKOSTEN

Die Lohnnebenkosten zu senken, wie dies vor allem das BZÖ, aber auch SPÖ und ÖVP wollen, ist hingegen grundsätzlich sinnvoll und arbeitsplätzefördernd, aber nur, wenn die dann fehlenden Einnahmen (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sowie Steuern) anderweitig eingenommen werden: vor allem die Pensionen sind jetzt schon nur mehr schwer finanzierbar.  Vielleicht wäre es gerechter, wenn die Progression der Sozialversicherung künftig keiner Grenze im Gehalt mehr unterliegt, sondern nicht nur geringeren Gehältern mit der Höhe des Gehalts mitsteigt.

MINDESTGEHALT UND ARBEITSZEIT

Der SPÖ-Vorschlag eines Vollzeit-Mindestgehalts (für ein grundsätzliches Mindestgehalt pricht sich übrigens auch die FPÖ aus) von 1500 Euro wäre im Prinzip eine interessante Idee, aber sie ist illusorisch: Jedes Unternehmen hat ein gewisses Budget, mit dem es arbeiten muss. Und dieses Budget ist ausschlaggebend dafür, wie viele Mitarbeiter auf Grundlage der aktuellen Kollektivverträge (diese Sozialpartnerschaft zwischen Wirtschaftstreibenden und Arbeitnehmern ist äußerst sinnvoll) beschäftigt werden können. Würde künftig (anstelle der jetzigen Kollektivvertragsgehälter) ein verpflichtendes Mindestgehalt von 1.500 Euro eingeführt, wären mit Sicherheit viele Unternehmen mit Sicherheit nicht mehr in der Lage, ihre Mitarbeiter zu behalten: es käme entweder -vom Arbeitgeber zwar nicht gewünscht, aber gesetzlich erzwungen- zu massiven Kümdigungen oder man einigt sich in eingigen wenigen Fällen auf Teilzeitbeschäftigungen. Das von Werner Faymann (SPÖ) geforderte Mindestgehalt schädigt also nicht nur massiv die Unternehmen, sondern sorgt letztlich künftig auch für mehr Arbeitslose.

Dass vor allem im Gesundheitsbereich teils unmenschlich tiefe Löhne bezahlt werden, ist hingegen ein Misstand, der durch neue vernünftige und angemessene Kollektivverträge dringend behoben gehört. Ebenfalls ein schwerwiegender und zu dringend zu beseitigender Missstand sind sowohl scheinselbständige Beschäftigungsformen wie beispielsweise so genannte freie Dienstverträge und oft auch Werksverträge sowie Gehälter, in denen eine “Überstundenpauschale” inkludiert ist: Wer Überstunden macht und vor allem, wer Zusatzdienste an den Wochenenden und an den Abend zu leisten hat (was manchmal durchaus notwendig sein kann), gehört ausnahmslos auch entsprechend hierfür wahlweise (auf Wunsch des Arbeitnehmers) entweder ausbezahlt oder in Urlaubstagen vergütet.

Ein grundsätzlicher 12-Stundentag jederzeit und für jedermann käme selbst bei Überbezahlung einer Ausbeutung nahe, aber die von ÖVP-Chef Michael Spindelegger vorgeschlagene Arbeitszeit-Flexibilisierung ist jedoch nicht nur sinnvoll, sondern notwendig: Ein genereller 8-Stundentag ist zwar sinnvoll für alle Branchen in denen grundsätzlich täglich dasselbe Arbeitspensum zu erledigen ist, aber nicht für jene Bereiche, welche von der Auftragslage abhängig sind: Es muss künftig rechtlich möglich sein, kurzfristig auch mal 12 Stunden am Tag zu arbeiten, um beispielsweise Projekte rechtzeitig abschließen zu können. Sofern die Wochenarbeitszeit nicht überschritten (oder wenn doch entsprechend zusätzlich bezahlt wird) wird, also ein “Ausgleich” statt, ist eine solche Arbeitszeitflexibiliserung sehr sinnvoll.

FAMILIE, PENSIONEN UND BILDUNG

So vielfältig wie wir Menschen sind, so vielfältig sind auch unsere Persönlichkeiten und Talente. Was spricht wirklich dagegen, Eltern selbst entscheiden zu lassen, für wie lange sie ihre Kinder in den Kindergarten schicken und ob sie sie in eine Ganztagesschule schicken wollen oder nicht? Und warum wollen ihnen Grüne und SPÖ auch noch diesbezüglich bevormunden, dass es nach der Volksschule unabhängig von den Fähigkeiten und Talenten der Schüler nur noch einen einheitlichen Schultyp geben darf: keine Gymnasien mehr, dafür noch noch die “Neue Mittelschule?”. Selbstverständlich braucht es Schulen-Vielfalt (dafür muss endlich gesetzlich gewährleistet sein, dass jeder, der die Volksschule verlässt, anschließend auch lesen und schreiben kann) und es ist Aufgabe der Eltern, ihre Kinder selbst zu erziehen und auch selbst zu entscheiden, für welchen Schultyp sie am besten geeignet sind: Diesen Standpunkt vertritt vor allem die ÖVP.

Unser Politik muss grundsätzlich kinder- und familienfreundlicher werden, allerdings ohne andere Lebensformen zu diskrimieren: Die Familie ist die Keimzelle der menschlichen Gesellschaft. Werden Kinderfreundlichkeit und Familie gefördert und auch entsprechend finanziell unterstützt, haben wir Zukunft. Ohne Familien und Kinder gibts keine Zukunft. Die von der ÖVP geforderte Transparanzdatenbank muss daher dringend eingeführt werden, auch um festzustellen, wer tatsächlich wie bedürftig und wer am dringendsten Hilfe benötigt: dann kann und muss dann schnell helfen können.

Und natürlich muss auch Kindererziehung künftig auch als reguläre Arbeitszeit in der Pension berücksichtigt werden, ein Standpunkt, den vor allem die FPÖ ganz besonders vertritt. Es ist Konsens, dass das Pensionsalter in den kommenden Jahren insgesamt erhöht werden muss. Hier täte es jeder Partei gut, dies auch im Wahlkampf offen zuzugeben. Und da die Angleichung des Pensionalters der Frauen an jenes der Männer bereits beschlossene Sache ist, sollte SPÖ-Chef Faymann den Wählerinnen gegenüber besser nicht weiterabstreiten.

WAHLPROGNOSE und ABSCHLUSS

Es steht zwar schon seit Langem fest, dass es nach der Nationalratswahl wiederum zu einer rotschwarzen Koalition kommen wird. Da diese beiden Parteien aber vermutlich nicht mehr genügend Stimmen erhalten werden, um allein regieren zu können, werden erstmals auch die Grünen mit in der Bundesregierung vertreten sein. Vollkommen ausgeschlossen ist hingegen die von der SPÖ als Schreckgespenst inszenierte schwarzblaue Koalition: einerseits werden diese beiden Parteien gemeinsam nicht genügend Stimmen erhalten und selbst wenn, würde Michael Spindelegger keinesfalls mit einem so starken Eurokritiker wie HC Strache eine Regierung bilden. Dasselbe gilt übrigens auch für eine Dreierkoalition mit Stronach zusätzlich.

Dass die NEOS neu ins Parlament einziehen werden, damit rechne ich -trotz massiver Unterstützung durch den Industriellen Hans Peter Haselsteiner- aufgrund ihrer Farblosigkeit und Beliebigkeit eher nicht. Da Josef Bucher seine Partei beeindruckend reformiert und zudem ein neues vernünftiges Zukunftkonzept für Österreich entwickelt hat, hoffe ich hingegen sehr, dass das unter Bucher erneuerte BZÖ eine zweite Chance bekommt und ins Parlament gewählt wird. Während die Piraten und die KPÖ (auch diesmal) nicht ins Parlament ziehen dürfte, wird Stronach, der zweifellos Bedeutendes in seinem Leben geleistet hat, den Einzug wohl schaffen.

Ich rechne mit etwa folgendem Wahlergebnis der österreichischen Nationalratswahl 2013: SPÖ: 24-28%, ÖVP: 23-27%, FPÖ: 22-27%, Grüne: 12-16%, Stronach: 6-8%,  BZÖ: 4-6%, NEOS: 3-5%, KPÖ: 1-3%, Piraten: 0,5-1%.

Ich gebe nun keine Wahlempfehlung, außer diese: Auch wenn alles bereits geplant und fixiert ist, wie es nach der Wahl weitergeht und wer regiert: Gehen Sie zur Wahl, nützen Sie ihre Chance zur Mitbestimmung. Setzen Sie ein persönliches Zeichen für eine eigene Meinung: Sie können eine der bisherigen Regierungsparteien wählen und diese damit bestätigen. Oder aber Sie wählen eine bisherige Oppositionspartei oder gleich eine ganz neue Partei. Lassen Sie sich aber nicht von populistischen Wahlversprechen (egal ob von links oder rechts) blenden, sondern bleiben sie realistisch und vernünftig. Und wählen Sie verantwortungsvoll und zukunftsorientiert. Denn raunzen darf nur, wer auch wählt.

Zum Abschluss noch ein Politiker-*AUGENVERGLEICH der Spitzenkandidaten der einzelnen Parteien: Und wem vertrauen Sie?

 

Montag, 23. September 2013, von Elmar Leimgruber

Angela Superstar – Analyse zur Bundestagswahl 2013

Sie hat es also erneut geschafft. Und dies allen Unkenrufen zum Trotz: Angela Merkel ist und bleibt der deutsche Polit-Superstar. Sie wurde mit über 42 Prozent der Stimmen wiedergewählt und wird damit wohl weiter deutsche Bundeskanzlerin bleiben.

Dabei war Merkel noch vor zwei Jahren “totgesagt”: Den Linken war sie zu unsozial, den Bürgerlichen zu wenig wirtschaftsorientiert. Dennoch vertraut ihr inzwischen beinahe die Hälfte der Stimmberechtigten in Deutschland. Warum? Der klugen und ausgewogenen und intelligenten Politik Angela Merkels ist es zu verdanken, dass Deutschland trotz ungeplanten massiven Hilfszahlungen an EU-Pleitestaaten wirtschaftlich nach wie vor relativ gut dasteht und dass sich im europäischen Vergleich auch die Arbeitslosenzahlen sehen lassen können.

Merkels Weg, in schwierigen Zeiten wie der Wirtschaftskrise keine voreilig kurzfristigen und dummen Entscheidungen zu treffen, sondern bedacht und verantwortungsvoll vorzugehen, wird offenbar auch von den Wählern  honoriert, was sehr lobenswert ist. Und Angela Merkel kann man an dieser Stelle nur herzlichst gratulieren zu ihrer intelligenten und letztlich äußerst erfolgreichen Gratwanderung zwischen Willen und Pflicht.

Dass Merkels kleiner Koalitionspartner, die FDP, nun offenbar nicht mehr dem deutschen Bundestag abgehört, ist zwar einerseits tragisch, weil unterschiedliche Parteien nun mal die vielfältigen Standpunkte der Bevölkerung wiedergeben und politischer Pluralismus jedenfalls wünschens- und fördernswert ist. Andererseits aber hat die Führungsspitze der FDP, allen voran Parteichef Philipp Rösler und Spitzenkandidat Rainer Brüderle sich in den letzten Jahren zunehmend der Lächerlichkeit preisgegeben, während der ehemalige Parteichef Guido Westerwelle, dem man zumindest noch Fachkomptenz zutraute, sich -obwohl nach wie vor Außenminister- immer mehr aus der Öffentlichkeit zurückzog. Das panische Ersuchen der Parteispitze in der vergangenen Woche, man möge doch die Zweitstimme der FDP schenken, war dann nur noch ein verletzter verzweifelter Aufschrei.

Doch wie gehts es nun weiter? Auch wenn es sich ausginge, dass aufgrund der Aufsplitterung im Kleinparteiensektor Merkel mit ihrer CDU/CSU-Moalition allein regieren könnte: klug wäre es wohl nicht: Gerade, was die enormen Zahlungen aus Deutschland an so genannte Pleitestaaten betrifft, hat Merkel genügend Andersdenkende auch in der eigenen Partei: Diese Rettungsschirme und sind nun mal nicht längerfristig für jedermann verantwortbar. Dass daher die Alternative für Deutschland (AFD) auf Anhieb deutschlandweit knapp 5 Prozent der Stimmen erhielt, ist also auch nicht verwunderlich. Genau das aber wäre das Problem für Merkel: Sie kann den Menschen in Deutschland nur dann Stabilität und Sicherheit bieten, wenn sie sich auf ihre eigene Regierung verlassen kann: Die Arbeit ihrer Regierung wäre dauerhaft ernsthaft gefährdet, wenn sie sich nicht auf alle ihre Stimmen verlassen kann.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, dessen Leben als hochbezahlter Vortragender künftig um einiges entspannter verlaufen wird, hat vor der Wahl eine Koalitionsregierung mit Merkel ausgeschlossen und tat es auch nach der Wahl, ja empfahl sogar seiner Partei, im Falle einer absoluten Mehrheit für CDU/CSU (bezüglich PKW-Maut kommen da harte Verhandlungen mit der CSU auf Merkel zu), in die Opposition zu gehen. Zumindest unter ihm wird es daher also keine schwarz-rote Koalition in Deutschland geben.

Merkel kann also mit einem anderem noch zu bestimmenden SPD-Vizekanzler eine Regierung bilden, dessen Scheitern (wie vor einigen Jahren auch) schon vorprogrammiert wäre. Oder aber mit den Grünen eine Koalitionsregierung zu bilden. Grünen-Chefin Claudia Roth hat bereits ihr Interesse hierfür bekundet. Und Claudia Roth wäre vermutlich eine gute Vizekanzlerin und Umweltministerin, zumal sich CDU und Grüne auch über den Ausstieg aus der Atomenergie einig sind. Schwarzgrün auf Bundesebene ist jedenfalls überlegenswert. Und Merkel könnte sich auf eine breite Mehrheit im Bundestag verlassen.

Eines ist aber in jedem Fall sicher: Ob Alleinregierung oder Koalition: Mit Angela Merkel ist Deutschland und auch die Europäische Union in stabilen und verlässlichen Händen.

Sonntag, 8. September 2013, von Elmar Leimgruber

USA beenden (hoffentlich!) Krieg Assads gegen sein Volk – Analyse zur Syrien-Krise

6.5 Mio. Flüchtlinge, darunter eine Million Kinder sowie über 100.000 Menschenleben innerhalb von zwei Jahren kostete schon bislang der Kampf des machtbesessenen Diktators Baschar Al-Assad gegen sein eigenes Volk. Selbst der vollkommen verrückte und sinnlose Irak-Krieg (gegen den ich übrigens war und bin), bedeutete letztlich 120.000 Tote, aber innerhalb von 10 Jahren. Und hier war es es bald Anliegen der Weltgemeinschaft, diesen von vorne herein umstrittenen Krieg von US-Präsident George W. Bush gegen Saddam Hussein zu beenden.

Die aktuelle Situation mit Syrien ist vollkommen anders: Ein lange Zeit angesehener und von der westlichen Welt geförderter Diktator (das verbindet Assad mit Hussein) droht, seine macht zu verlieren, weil der “Arabische Frühling”, spät aber doch auch sein Land erreicht. Da Reformen im eigenen Land und Demokratie unmöglich scheinen, formiert sich zunächst friedlicher Widerstand gegen den Diktator, der von vorne herein nicht toleriert wird, sondern blutig niedergeschlagen wird. Der Widerstand geht weiter und führt letztlich zum Bürgerkrieg, der bis heute bereits über zwei Jahre dauert. Möglich war dies vor allem deswegen, weil die EU ein Waffenembargo (das erst vor Kurzem gelockert wurde) verhängte, allen voran aber Russland dennoch Assad mit Waffen belieferte.

Im Westen wurde den Kämpfern für Freiheit und Demokratie in Syrien sofort Nähe zum Islamismus unterstellt, während man Assad als Garanten für die Religionsfreiheit in Syrien sah, was vor allem der christlichen Minderheit dort zugute komme. Daher dürfte man keinesfalls eingreifen, zumal diese Rebellen eh bald besiegt sein würden und somit die Stabilität im Nahen Osten gewährleistet sei. Doch: Kann es im Sinne Jesu Christi sein, 100.000 Tote zu “opfern”, um einen machtgeilen und rücksichtslosen Diktator zu “retten”,  nur weil dieser vielleicht auch Christen freie Religionsausüberung ermöglicht?

Inzwischen sind zwei bittere Jahre vergangen und Assad schlachtet nach wie vor sein Volk ab und setzte nun (mit ziemlicher Sicherheit) bereits zweimal Giftgas gegen seine Bevölkerung ein und bedrohte zudem auch das benachbarte Israel. Und wären es wirklich nur irgendwelche wenigen “Rebellen” im Kampf gegen Assad, sie hätten garantiert schon längst aufgegeben: niemand führt auf Dauer einen sinnlosen Krieg, wo er noch dazu damit rechnen muss zu unterliegen.

Wie jeder andere Diktator ist es auch Assad gewohnt, seinen eigenen Willen durchzusetzen, andere Meinungen zu unterdrücken und mit Waffengewalt zu zeigen, wer der Stärkere ist. Und so bedauerlich und tragisch dies auch ist: Ein Diktator versteht leider nur die Macht des Stärkeren und nicht Diplomatie: Und: Entweder es hat in diesen beiden Jahren niemand versucht, ihn “diplomatisch” zur Vernunft zu bringen oder es war erfolglos. Wie sollte es auch eine diplomatische Lösung funktionieren, wenn die zwei ebenso diktatorischen Weltmächte Russland und China hinter Assad stehen und Maßnahmen gegen ihn in der UNO verhindern?

Und wenn jetzt, wo wenigstens die USA endlich tätig werden wollen, um dem Massenschlachten Assads ein Ende zu setzen, mehren sich die Stimmen all jener, die lautstark nach einer diplomatischen Lösung rufen und den USA ihre Unterstützung verweigern. Ich bin für jede diplomatische Maßnahme, die dazu führt, dass Assad seine Macht verliert und vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gestellt wird. Ich bin für und begrüße weltweites Gebet um den Frieden und gegen den Krieg. Aber was die USA hier versuchen ist nicht die Initiierung eines Krieges, sondern die Beendigung des Krieges von Assad gegen sein eigenes Volk.

Und zur Erinnerung: Hätten nicht die USA erst kürzlich in den Eroberungskrieg Serbiens am Balkan eingegriffen und ihn gewaltsam beendet, hätten wir vermutlich heute noch Krieg mitten in Europa. Man möge also den USA dankbar sein für ihr Eingreifen anstatt sie an ihrer Arbeit zur Friedenssicherung zu behindern. Jetzt also, wo die USA den Krieg Assads (hoffentlich!) beenden wollen, vor einem Krieg zu warnen ist eine Themenverfehlung: Dieser Krieg Assads findet bereits seit zwei Jahren statt und bedeutet 100.000 Tote. Diesen Krieg Assads gilt es endlich zu beenden: und wenns über den Weg der Diplomatie nicht klappt, dann eben mit Gewalt.

Es gibt daher im Prinzip nur drei Möglichkeiten, den Krieg in Syrien zu beenden: Entweder es gelingt, Assad zum Rücktritt zu bewegen, einen Plan, den ich für unrealistisch halte: Tyrannen lassen sich maximal zum Rücktritt zwingen aber sicher nicht dazu überreden. Oder man schafft es, ihn tatsächlich abzusetzen und festzunehmen, was ähnlich unwahrscheinlich ist. Oder aber man zwingt ihn militärisch zur Kapitulation, was wohl leider nur den USA gelingen dürfte. Auch wenn ersteres zu schön wäre und zweiteres wünschenswert: Ich fürchte bei allem Idealismus: es bleibt nur die militärische Gewalt, bei aller Tragik und bei allen offenen Fragen, wer dann in Syrien regieren wird: Und klar wird man diese Frage in Folge auch beantworten müssen.

Die westliche Welt möge sich aber in jedem Fall dazu durchringen, Assad zu entmachten und zur Verantwortung zu ziehen für seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Klar haben die Friedensappelle beiden Seiten zu gelten: Assad und den “Rebellen”. Aber wie könnte mit Assad ein Neubeginn in Syrien stattfinden, einem unmenschlichen Diktator, der seit zwei Jahren sein eigenes Volk abschlachtet? Syriens Zukunft muss daher garantiert ohne Assad sein. Hoffentlich!

Freitag, 23. August 2013, von Elmar Leimgruber

Mariahilfer Straße neu: Grünes Sandkasten-Luftschloss

Grundsätzlich bin ich ja für Fußgängerzonen, vor allem in den historischen Stadtzentren überall im freien Westen. Beispielsweise nicht mehr durch die Wiener Kärntner Straße, welche übrigens seit 1974 Fußgängerzone ist, spazieren zu können, ohne von Autos oder Rad-Rowdys (wobei dies immer mehr zunimmt) gerempelt zu werden, wäre inzwischen undenkbar. Und das ist gut so.

Fußgängerzonen bieten unersetzbare Lebensqualität für Anrainer und Touristen: Selbstverständlich. Doch die besten Fußgängerzonen bieten zwar Geschäfte jeglicher Art, dies steht jedoch nicht im Vordergrund: gerade in der österreichischen Hauptstadt steht die sprichwörtliche Wiener Gemütlichkeit im Vordergrund: man genießt es als Einheimischer oder Tourist, über die breite Kärntner Straße, den Graben und den Kohlmarkt zu wandeln und man genießt die große Geschichte dieser Stadt, welche vor allem von Jahrhunderten Monarchie geprägt wurde und deren prachtvolle Bauten auch heute noch Bewunderung bei Besuchern aus aller Welt auslösen. Das Zentrum Wiens (der erste Bezirk) und so auch jeder anderen historischen Stadt sollten daher auch weitgehend autofrei bleiben.

Die Mariahilfer Straße in Wien zwischen 6. und 7. Bezirk hingegen war nie historisches Zentrum der Stadt, sondern seit Jahrhunderten eine Verkehrstraße Richtung Westen. Und 1870 nahm auf dieser Strecke auch der erste Wiener Straßenwagen (Auto-Vorläufer) seinen Betrieb auf. Und selbst Kaiser Franz Joseph befuhr regelmäßig diese auf dem Weg von der Hofburg nach Schönbrunn und setzte durch, dass selbst die damalige Straßenbahn Nachrang hatte.

Anstatt also die Mariahilfer Straße, die seit jeher Verkehrsstraße war, für den Verkehr zu sperren, wäre eher eine Sperre des historischen Wiener Rings um den ersten Bezirk herum mit seinen prachtvollen Bauten geschichtlich und touristisch sinnvoll.

Ergänzt sei, dass es nur eine wirkliche Befragung der Anrainer und der direkt Betroffenen, der Wirtschaftstreibenden, gibt, die ein klares Nein zur Fußgängerzone in Mariahilf ergibt. Dennoch ideologische Ziele und eigene Prestigeprojekte einfach auf Kosten der Steuerzahler gegen den Willen der Bevölkerung (dass an der Befragung nur wenige teilnahmen, ist kein Gegegenargument, sondern wohl auf die zunehmende Resignation der Leute zurückzuführen: die da oben machen eh, was sie wollen) umzusetzen, spricht Bände über das demokratische Denken der dafür Verantwortlichen Grünen in der Wiener Stadtregierung.

Früher mal standen die Grünen für Ideale, für Basisdemokratie und für Mitbestimmung der Bürger. Heute regieren sie und setzen noch egoistischer ihre eigenen Projekte um als die so genannten “Alt”-Parteien. Die Betroffenen einfach vor vollendete Tatsachen zu stellen und dann einen “Dialog” zu beginnen, wenn man eh alles schon umgesetzt hat, was man selber will, zeigt, wie ausgerechnet die Wiener Grünen (ein böses Omen auch für eine eventuelle Regierungsbeteiligung der Grünen in der Bundesregierung) die Demokratie verhöhnen. Dass sich nun selbst die Linienbusfahrer aus Sicherheitsgründen weigern, durch die Fußgängerzone zu fahren, zeigt ebenfalls, wie unreif und engstirnig dieses Maria Vassillakou-”Denkmal” in Wien in Wirklichkeit ist.

Die aktuelle “neue Mariahilfer Straße” ist zum Scheitern verurteilt, weil das Konzept einfach nicht gut durchdacht ist: es wird zu noch mehr sinnlosen Staus und in Folge zu massiver Verärgerung führen: die Autofahrer werden sich nach diesen Erfahrungen hüten, je wieder in der Mahü (Mariahilfer Straße) einzukaufen. Also wenn man schon neue Verkehrspläne hat, sollte man Nägel mit Köpfen machen, also eine grundsätzliche, wirklich sinnvolle Lösung (und zwar nicht nur für jene Bezirke, wo die Grünen regieren) finden und umsetzen. Also bevor man Straßen sperrt, sollte man zuerst mal die betroffene Bevölkerung davon überzeugen, dass ein neues Verkehrskonzept notwendig ist und dafür auch eine breite Mehrheit dafür gewonnen haben.

Ist dies gelungen, sind also die Betroffenen (Anrainer und Wirtschaft) mehrheitlich für eine Fußgängerzone Innere Mariahilfer Straße -eine Idee, der ich unter gewissen Voraussetzungen sogar was Positives abgewinnen könnte- dann gilt es, eine Gesamtlösung, ein sinnvolles Verkehrskonzept nicht nur für zwei “grüne” Bezirke, sondern für die gesamte Stadt zu erstellen, welche nicht dazu führt, dass alle anderen Straßen stadtauswärts Richtung Westen noch mehr in Verkehr und Staus ersticken, als dies jetzt der Fall ist:

A) Wenn schon, dann sollte man gesamte Innere Mariahilferstraße vom Ring bis zum Westbahnhof zur Fußgängerzone umfunktionieren, und zwar ohne Quermöglichkeiten, außer für den Linienbus. Und der Linienbus muss immer Vorfahrt haben!

B) Liefertätigkeit sollte mit wenigen Ausnahmen nur zwischen 4.00-10.00 Uhr möglich sein.

C) Und ganz wichtig: In der Praxis gibt es kein konfliktfreies Miteinander zwischen Fußgängern und Radfahrern: Also wenn schon, dann dreiviertel der Straßenbreite für Fußgänger und der Rest als Radweg. Die unzähligen sich um keine Verkehrsregeln kümmernden Rad-Rowdys sollten ihren eigenen Radweg haben und aus Sicherheitsgründen keinesfalls den Fußgänger-Bereich nützen dürfen.

Eine Aufteilung der Inneren Mariahilferstraße in zwei so genannte Begegnungszonen, welche in der Mitte zur Fußgängerzone wird, durch die dann aber doch der Linienbus durchmuss, ist einfach nur Stumpfsinn. Dieses Projekt kann nur scheitern. Und auch wenn die Grüne Maria Vassilakou nicht nur Vizebürgermeisterin, sondern auch Verkehrsstadträtin der Stadt Wien ist: Bürgermeister Michael Häupl persönlich möge nicht länger zu dieser unnützen Geldvernichtung schweigen, sondern dem unreifen Treiben auf Kosten der Steuerzahler, diesem im grünen Sandkasten entworfenen Luftschloss, durch ein Machtwort ein jähes Ende setzen. Danke.

 

 

Abschließend zum Vergleich noch die offizielle Infos der Stadt Wien zur Mariahilfer Straße neu:

1. FußgängerInnen-Zone auf der Mariahilfer Straße zwischen Kirchengasse und Andreasgasse
+ Das Liefern ist werktags von Montag bis Samstag zwischen 6 und 13 Uhr möglich.

2. Zwei Begegnungszonen zwischen Getreidemarkt und Kirchengasse sowie Andreasgasse und Kaiserstraße; Lieferzeiten und Lieferzonen bleiben unverändert.
+ Es gilt Tempo 20.
+ Drei “Kiss and Ride”-Plätze zum Ein- und Aussteigen wurden eingerichtet.
+ Zufahrten zu allen Garagen und Hauseinfahrten sind möglich.

3. Öffis und Taxis: Ein eigener Fahrbereich für den 13A wurde rot eingefärbt.
+Das Queren der Fahrbahn für den 13A ist erlaubt, das Längsgehen nicht.
+ Es gilt Tempo 20.
+ Taxis dürfen in Fahrtrichtung des Busses zum Abholen und Hinbringen die Fahrbahn des 13A benutzen. Das Ein- und Aussteigen erfolgt neben der markierten Fahrfläche. Das Durchfahren, ohne dort Ein-oder Aussteigen zu lassen, ist nicht erlaubt. Im Bereich der FußgängerInnen-Zone ist die Zu- und Abfahrt für Taxis zwischen 6 und 13 Uhr möglich.
+ Der Nachtbus N49 fährt seit 15. August nachts auf der Trasse der Straßenbahnlinie 49.

4. Radfahren ist in der gesamten Mariahilfer Straße in beiden Richtungen möglich.
+ Angepasste Geschwindigkeit, maximal Tempo 20 in den Begegnungszonen
+ FußgängerInnen-Zone: Schrittgeschwindigkeit, außer roter Fahrbereich für 13A: Dort Tempo 20 in Fahrtrichtung des Busses
+ Weitere Informationen: Radfahren auf der “neuen” Mariahilfer Straße – Fahrrad Wien

5. Das Parken in den betroffenen Bereichen der Mariahilfer Straße ist nicht mehr möglich.
+ Schaffung von AnwohnerInnen-Parkplätzen in den Seitengassen (je 27 AnwohnerInnen-Parkplätze im 6. und im 7. Bezirk). Ein weiterer Ausbau ist geplant.
+ Die umliegenden Garagen ermöglichen das Parken. Ausreichend Stellplätze sind vorhanden.

Nähere Infos der Grünen Stadtplanung zur Mariahilfer Straße neu gibts offiziell hier.

Ein Info-Folder ist hier downloadbar.

Donnerstag, 1. August 2013, von Elmar Leimgruber

Kommentar: Asyldebatte muss sachlicher werden

Gewiss: Menschlichkeit steht über dem Recht. Und doch gibt es Asyl-Gesetze, die nicht nur in Österreich gelten, sondern überall in der zivilisierten Welt: Die Genfer Flüchtlingskonvention. Diese regelt klar, unter welchen Voraussetzungen jemand im eigentlichen Sinne des Wortes Flüchtling, schutzbedürftig ist und demnach auch Schutz bei anderen Staaten benspruchen darf.

Natürlich bedarf der Asylantrag von Menschen, welche erwiesenermaßen aus einem islamistischen, kommunistischen oder einem anderen totalitären Staat stammen, einer noch gewissenhafteren Prüfung, weil keinesfalls riskiert werden darf, dass im Falle eines negativen Asylbescheids diese in ihrem Heimatland -politisch motiviert- (nicht zu verwechseln mit der Verfolgung für begangene Straftaten)  hingerichtet werden.

Wer jedoch in seinem Land tatsächlich politisch verfolgt oder mit dem Tod bedroht wurde, wird jedoch im Allgemeinen äußerst dankbar sein, wenn er es geschafft hat, in so einem zivilisierten Rechtsstaat und so einer intakten Demokratie wie Österreich anzukommen. Und er wird mit den zuständigen Behörden bestmöglichst zusammenarbeiten, damit diese auch seinen Willen zur Integration erkennen können. Und auch im Falle eines unverdient negativen Asylbescheids wird er vielleicht mit einem Rekurs versuchen klarzustellen, dass er, weil er Asyl dringend braucht, weil er eben in seinem Heimatland verfolgt wird.  Wenn der Rekurs ebenfalls negativ verläuft und sein Heimreisezertifikat rechtskräftig ausgestellt ist, wird er vielleicht untertauchen oder Zuflucht in einem anderen Land suchen, in den allermeisten Fällen aber die Chance ergreifen, sich freiwillig auf Heimatsuche zu begeben.

Was wer mit einem voraussichtlichen oder rechtskräftigen negativen Asylbescheid aber keinesfalls machen wird ist, auf die Barrikaden steigen, zu demonstrieren oder sonstwas unternehmen, was seine Situation in Österreich erschweren könnte. Vor allem aber wird er nicht einem zivilisierten Land wie Österreich vorwerfen, Asylanwerber unmenschlich zu behandeln. Wer real verfolgt oder gar mit dem Leben bedroht ist, wird alles, ausnahmslos alles, was ihm in Österreich widerfahren kann, als Wohltat emfinden gegenüber dem, was ihn zuhause erwarten würde, träfe die Verfolgung wirklich zu.

Wenn also Asylwerber (von diversen manipulativen Medien fälschlicherweise als Flüchtlinge bezeichnet: das sind sie erst, wenn dieser Status auch verifiziert ist), auf die Straße gehen und gegen Österreich demonstrieren, dann muss zumindest die Frage erlaubt sein: Was bildet sich hier jemand ein, der nicht eingeladen wurde und großzügigerweise vorübergehend Gast hier sein darf? Und wenn er schon so “mutig” ist: warum beweist er diesen Mut nicht dort, wo er vermutlich wirklich erforderlich ist: in seinem Heimatland? Wenn er schon so mutig ist: warum lässt er dann die Seinen in seinem Heimatland zurück, anstatt ihnen dort beizustehen? Wer Held sein will, soll seine Heimat reformieren.

Und: Verdienen es Menschen, die in einem für sie fremden Land auf die Straße gehen zum Demonstrieren, mehr, aus humanitären Gründen in Österreich zu verbleiben als jene vermutlich wirklich verfolgten, die stiillschweigend leidend ihre Verfahren abwarten und ihr Schicksal meistern? Zweitere sind meines Erachtens die wahren Helden, erstere sind Rebellen? Wollen wir als zivilisierter Rechtsstaat wirklich Rebellen in unser Land aufnehmen? Oder wollen wir -wenn schon- jene in unser Land aufnehmen, bereit sind, nach unseren europäischen Prinzipien und Grundregeln hier ein neues Leben zu beginnen?

Natürlich sind an der Eskalation mit Demonstrationen und dem Besetzen der Votivkirche nicht die betroffenen Asylwerber allein verantwortlich, was tragisch genug ist: Wie kann man das Leid von denen so schamlos für die eigenen politische Zwecke (Bleiberecht für alle) ausnützen und damit die Betroffenen in solche Schwieirgkeiten bringen? Gewiss: Die Asylwerber wurden von Asyl-Lobbyisten aufgehetzt, wie selbst Kardinal Schönborn schon seinerzeit treffend analysierte. Aber die Asylwerber ließen sich auch aufhetzen: Es ist nicht normal, dass man in einem fremden Land, in dem man nur provisorisch geduldet wird, auf die Straße geht zum Demonstrieren und Forderungen erhebt: was machen die erst, wenn sie dauwerhaft hier bleiben könnten? Krempeln sie dann unseren gesamten europäischen Rechtstaat um?

Demonstrierende “Gäste” stellen eine potentielle Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar: Dies führte letztlich wohl auch bereits ab März zu näheren Ermittlungen, die nun zu drei Festnahmen (aus dem Kreis genau dieser Asylwerber) wegen mutmaßlicher Bildung eines Schlepperrings führten. Da darf man nichts beschönigen.

Dass Asylwerber-Demonstranten, welche aus Sturheit die Fristen in ihrem Asylverfahren verpassten und daher rechtskräftig einen Negativbescheid erhielten, und in Folge auch der Aufforderung, freiwillig Österreich zu verlassen, nicht nachkamen, irgendwann zwangsabgeschoben werden, ist kein Skandal, sondern nur eine Frage der Zeit und daher selbstverständlich.

Ich bin also einerseits für sehr kurze Asylverfahren, auch um die Asylwerber nicht unnötig lang in der Unsicherheit zu lassen, ob sie als Flüchtlinge anerkannt sind oder nicht. Andererseits aber muss auch die Prüfung der Asylwerber noch viel präziser erfolgen, um nachhaltig richtige Entscheidungen zu treffen: hier ist auch mehr (fachkundiges) Personal unbedingt nötig. Wer aus islamistischen, kommunistischen oder anderen totalitären Staaten kommt, verdient grundsätzlich eher Schutz als andere, allerdings muss auch sichergestellt sein, dass diese “Asylanten” nicht bewusst in Österreich eingeschleust werden. Die Sicherheit eines demokratischen Rechtsstaates wie Österreich muss also in jedem Fall gewährleistet sein. Also Menschlichkeit im Sinne einer Aufnahme als Flüchtling ja, aber unter der Voraussetzung, dass die hierfür notwendigen Kriterien auch erfüllt werden. Dafür ist auch eine intensive uneingeschränkte Zusammenarbeit der Asylwerber mit den Behörden unabdingbar, auch damit eine Integration im Falle eines positiven Asylbescheids auch möglichst gelingt.

Mittwoch, 13. Februar 2013, von Elmar Leimgruber

Polemische ORF-Senioren-Hetze: Dennoch keine Senioren-Nessel

Zunächst die Info zur Veranstaltung, anschließend folgt der Kommentar dazu.

Info:

Am 12. Februar wurden auf Einladung von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer im Budgetsaal des Parlaments seitens des Österreichischen Seniorenrates (Präsidenten Karl Blecha und Andreas Khol) (ÖSR) und des Österreichischen Journalisten Club (ÖJC) die Preisträger der Senioren-Medienpreise “Senioren-Rose” und “Senioren-Nessel” für 2012 vor den rund 150 Gästen bekannt gegeben. Die “Senioren-Nessel” wird jenen überreicht, die in der Auswahl von Wort und Bild weiterhin mit längst überholten schablonenartig vorgefassten Meinungen arbeiten. Die “Senioren-Rose” wird an jene verliehen, die sich einer zeitgemäßen Darstellung der Lebensrealitäten der Senioren bedienen.

Die vollständige Preisverleihung inklusive Laudatoren-Reden ist hier als Video abrufbar.

Die Prämierten:

Als besonders erfreulich wurde es gewertet, dass – wie im Vorjahr – keine Senioren-Nessel in der Kategorie Werbung vergeben werden musste.

Die Senioren-Nessel in der Kategorie Journalismus ging an die Tageszeitung HEUTE für ihren Artikel vom 22.3.2012 mit den Überschriften “Warum es sich neben einem Studenten leichter lebt als neben einer Oma” und “Die größten Plagen: Kontroll-Senioren”.

Für das Magazin des Österreichischen Roten Kreuzes HENRI Ausgabe 14/2012 gab es sowohl eine Rose-Nominierung als auch eine Nessel-Nominierung. Letztlich wurde die Nessel für das Titelbild bei HENRI mit einem Rollstuhlfahrer am Ende eines Steges, vor einem See und bei rot leuchtenden Himmel mit dem Titel “Der Preis des Alter(n)s” vergeben. Henri-Chefredakteur Robert Dempfer nahm den Preis persönlich entgegen und betonte, dass er die Rüge ernst nehme. Motiv bei der Auswahl des Bildes sei gewesen, genau die bereits genannten Klischees zu vermeiden und Dempfer strich hervor, dass das Bild auch so interpretiert werden könnte, dass ein in seiner Mobilität eingeschränkter (älterer) Mensch nach vorne in die Morgenröte blickt.

Die Senioren-Rose verliehen wurde für das Titelbild von “Leben & Freude” 01/2012 mit einem lebensechten und fröhlichem älteren Paar, dass sich über das Internet kennen gelernt hatte.

Erstmalig vergeben wurde in Sonderkategorie UN-belehrbare eine UN-ehrende Anerkennung. Diesen Preis erhielt die ORF TV-Information stellvertretend für alle Medien, die bei Berichten über das Pensionssystem oder das Alter auf nicht mehr zeitgemäße Archivbilder zurückgreifen. Laudator Oswald Klotz vom ÖJC führte bedauernd aus, dass es offensichtlich unmöglich sei jene klischeehaften Bilder von stockhaltenden Händen oder auf der Parkbank sitzenden und Tauben fütternden älteren Menschen aus den Archiven der Medien zu vertreiben.

Die Senioren-Rose in der Kategorie Werbung wurde für die Kampagne der Apothekerkammer “Ich liebe meine Apotheke, weil…” vergeben.

Die Senioren-Rose Journalismus wurde an das Profil für eine sehr ausgewogene Cover-Story “Oldtimer Rallye” über den Wandel der Generation 70 plus vom 16.1.2012. Besonders positiv zu bewerten ist bei dieser Preisvergabe, dass Profil zu den ersten Nessel-Preisträgern im Jahr 2009 gezählt hatte.

 

Kommentar:

Zunächst Dank an alle, die sich Gedanken über Senioren-Rose und Senioren-Rose machen und an den Seniorenrat und den ÖJC dafür, dass es diesen Preis gibt. Doch nach dem Lob folgt die Kritik:

ORF verwendet tagelang diese Grafik zur Senioren-Hetze: Alte zwingen Jungen ihren Willen auf. In dieser Grafik stimmen weder die Zahlen (siehe zweite Grafik mit 6000 Befragungen), noch kommen die 30 bis 59-Jährigen vor, um die Hetze noch klarer betreiben zu können.

Es hat wohl noch nie eine solch schockierend tagelang anhaltende seniorenfeindliche Aktion, vor allem nicht im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gegeben wie jene des ORF zusammen dem Politologen Peter Filzmaier im Anschluss an die Volksbefragung: In allen ZIBs und Sondersendungen des ORF wurde auch anhand einer einprägsamen, manipulativen Aufstellung (siehe Grafik links) gegen “die Alten” polemisiert, die “den Jungen” wieder mal ihrer Sicht der Dinge aufzwingen.Volksbefragung: Abstimmungsverhalten im Detail

Mal abgesehen davon, dass die angegebenen Daten, wie eine tatsächlich breitangelegte Statistik (siehe Grafik rechts) belegt, nicht stimmten (weil über Altergruppen hinweg eine Mehrheit von mindestens 53% für die Beibehaltung von Grundwehrdienst/Zivildienst stimmten), handelte es sich hier selbst bei (nichtvorhandener) Richtigkeit der Daten eindeutig um eine noch nie dagewesene mediale Hetze gegen Senioren.

Ich habe deswegen den ORF für die Journalismus-Senioren-Nessel vorgeschlagen, was bedauerlicherweise leider ignoriert wurde. Die ORF TV-Information erhielt zwar lobenswerterweise eine UN-ehrenhafte Anerkennung für die Bedienung von Alten-Klischees, jedoch nicht für die weit schwerwiegendere tagelange ORF-Hetze gegen Senioren (diese wurde mit keinem Wort auf der Veranstaltung erwähnt), auf welche dann weitere Medien aufsprangen bis hin zur Forderung, dass man doch Senioren das Wahlrecht absprechen möge.

Wenn solche öffentlichkeitsprägende Anti-Senioren-Propaganda durch den ORF von der Jury der Senioren-Preise (aus falscher “Rücksicht?) nicht in aller Deutlichkeit verurteilt wird (dafür aber die Zeitschrift des Roten Kreuzes, welches wohl maßgeblich und vorbildlich ältere Menschen betreut, an den Pranger gestellt wird), dann stellt sich die Frage, ob solche Auszeichnungen in Zukunft überhaupt noch einen Sinn ergeben.

Dienstag, 12. Februar 2013, von Elmar Leimgruber

Papst Benedikt XVI. und das “Unvermögen”, das Petrusamt fortzusetzen

Papst Benedikt XVI., nach seinem Amtsverzicht bald wieder Kardinal Ratzinger; hier ist er bei einem sehr zahlreichen Besuchen als Präfekt der Glaubenskongregation in Brixen (Südtirol) zu sehen.Wie der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, auf einer Pressekonferenz bestätigte, setzt Papst Benedikt XVI. einen einmaligen historischen Akt: Noch nie bisher in der Kirchengeschichte hat ein über Jahre hinweg amtierender Papst seinen Amtsverzicht erklärt: Benedikt setzte dieses Zeichen in der “Gewissheit”, dass seine “Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben”.

Für die meisten Menschen kam dieser Schritt überraschend, selbst Menschen, die ihm über Jahrzehnte hindurch nahestanden, wussten nicht von diesem Schritt: Der Wiener Erzbischof und Joseph Ratzinger kennen und schätzen sich gegenseitig seit 41 Jahren; dennoch erfuhr Schönborn -wie er im Rahmen der Pressekonferenz betonte- davon gestern auch erst gegen 11.45 Uhr. Er sei überrascht und schwanke zwischen einerseits “Bewunderung für den Mut” des Papstes und andererseits “Bedauern” für diesen Schritt, erklärte Schönborn. Und mutig ist das Bekenntnis zur eigenen (Alters-)Schwäche allemal.

Eines ist sicher: Papst Benedikt XVI. wird mit diesem einmaligen Akt in die Kirchengeschichte eingehen. Und neben einem neu zu wählenden Papst (Konklave voraussichtlich Mitte März) wird es dann für einige Zeit einen “ex”-Papst und einen neuen Nachfolger Petri am Papststuhl geben, ein Gedanke, der Kardinal Schönborn äußerst sympathisch ist, habe er es doch seinerzeit auch sehr geschätzt, mit seinem Vorvorgänger Kardinal König immer wieder Gespräche zu führen, so der Kardinal gestern.

Auf meine Frage an Schönborn am Rande der Pressekonferenz, ob nach diesem Rücktritt Benedikt XVI. bei der Wahl seines Nachfolgers mitbestimmen könne, reagierte dieser sinngemäß, dass Benedikt als 85-Jähriger schon rein rechtlich (Altersgrenze beträgt 80 Jahre) nicht mehr am Konklave teilnehmen kann. Diese meine Frage könnte nämlich auch neben den vom Papst selbst angegebenen gesundheitlichen Gründen mit eine Rolle bei seiner Entscheidung gespielt haben: Noch nie vorher war ein noch lebender Papst durch seine bloße Existenz so prägend (wenn auch nicht in der Sixtinischen Kapelle, jedoch eben als ex-Papst) für die Wahl seines Nachfolgers, was durchaus auch Bestandteil seiner zutiefst empfundenen Verantwortung für die Kirche Jesu Christi sein könnte. Ein konkretes Kirchengesetz im Konklave hat sogar er persönlich noch abgeändert: Seither muss der Papst in jedem Fall über eine Zweidrittelmehrheit im Kardinalskollegium verfügen. Kommt diese nicht zustände, muss nun so lange gewählt werden, bis sie zustande kommt. Damit soll eine tatsächlich breite Mehrheit und Loyalität für den neuen Papst gewährleistet werden.

Nicht beeindruckt hingegen bin ich über die Aussagen von Pfarrerinitiative-Chef Helmut Schüller, der spekulierte, dass es ein “Putsch der Konservativen” gewesen sein könnte, der den Papst zum Rücktritt gezwungen habe. Dafür, dass Schüller niemals einen Hehl gemacht hat, dass er Ratzinger nicht für reformorientiert hält, klingt die jetzige Aussage doch zumindest zynisch. Vor allem: Eines kann man (entgegen manchen so genannten “Vatikan-Experten”) Benedikt XVI. garantiert nicht vorwerfen: Mangelnde Charakterstärke und Durchsetzungsvermögen: dies wäre eine großes Unrecht dem großen Theologen und Philosophen gegenüber: Wohl niemand vor ihm hatte soviele auch kircheninterne Probleme (VatiLeaks, Missbrauchsfälle, …) zu meistern wie er, und er erwies sich jederzeit als starke Führungspersönlichkeit.

Und auch wenn es Machtkämpfe und Intrigen außerhalb und innerhalb des Vatikans geben mag (was zwar allzu menschlich, aber keineswegs kirchlich und erst recht nicht im Sinne Jesu Christi, des Stifters der Kirche wäre): Wegbegleiter Benedikts wie eben der Wiener Erzbischof sind felsenfest davon überzeugt, dass der Papst seinen Rücktritt aus tiefster Überzeugung freiwillig gewählt hat: Die Freiwilligkeit der Handlung ist zur Gültigkeit ja auch notwendig, wie im Kirchenrecht, im Codex Iuris Caninici (CIC) wörtlich zu lesen ist: “Falls der Papst auf sein Amt verzichten sollte, ist zur Gültigkeit verlangt, dass der Verzicht frei geschieht und hinreichend kundgemacht, nicht jedoch, dass er von irgendwem angenommen wird.” (Can. 332 §2)

Und was den neuen Papst betrifft: Ja, es wäre sinnvoll (wenn auch nicht notwendig), wen zum Papst zu wählen, der nicht aus Europa kommt, sondern beispielsweise aus Südamerika. Benedikts Vorgänger, Papst Johannes Paul II. wurde verdientermaßen seliggesprochen: er hat prophetisch die katholische Kirche durch seine zahlreichen Pastoralreisen, den Selig-und Heiligsprechungen und den anschließenden zahlreichen Bischofs- und Kardinalsernnennungen weltweit zu dem gemacht, was sie im Grunde immer schon war: Weltkirche. Weltkirche zu sein und noch mehr zu werden, wird auch ihre künftige Aufgabe sein: Diener aller Menschen aller Hautfarben und Rassen weltweit im Dienste Jesu Christi zu sein. Und wer auch immer der neue Papst sein mag: sicher wäre jetzt auch wieder mehr ein Seelsorger als Papst sinnvoll. Wichtiger sind jedoch die Hoffnung und das Vertrauen, dass die 118 Kardinäle, die sich Mitte März im Vatikan zur Papstwahl versammeln werden, fernab von jedem Taktieren, von Machtspielchen und von Eigeninteressen nur den Willen Gotten für seine Kirche suchen und entsprechend handeln: zur größeren Ehre Gottes und zum Segen der Kirche und der gesamten Menschheit.

 

Und hier ist die Rede von Papst Benedikt XVI. zu seinem Amtsverzicht an die zu einem Konsistorium in Rom versammelten Kardinäle in der offiziellen deutschen Übersetzung des Vatikan im Wortlaut:

“Liebe Mitbrüder!

Ich habe euch zu diesem Konsistorium nicht nur wegen drei Heiligsprechungen zusammengerufen, sondern auch um euch eine Entscheidung von großer Wichtigkeit für das Leben der Kirche mitzuteilen. Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des
vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben.

Ich bin mir sehr bewusst, dass dieser Dienst wegen seines geistlichen Wesens nicht nur durch Taten und Worte ausgeübt werden darf, sondern nicht weniger durch Leiden und durch Gebet. Aber die Welt, die sich so schnell verändert, wird heute durch Fragen, die für das Leben des Glaubens von großer Bedeutung sind, hin- und
hergeworfen. Um trotzdem das Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden, ist sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, dass ich mein Unvermögen erkennen muss, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen.

Im Bewusstsein des Ernstes dieses Aktes erkläre ich daher mit voller Freiheit, auf das Amt des Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri, das mir durch die Hand der Kardinäle am 19. April 2005 anvertraut wurde, zu verzichten, so dass ab dem 28. Februar 2013, um 20 Uhr, der Bischofssitz von Rom, der Stuhl des heiligen Petrus, vakant sein wird und von denen, in deren Zuständigkeit es fällt, das Konklave zur Wahl des neuen Papstes zusammengerufen werden muss.

Liebe Mitbrüder, ich danke euch von ganzem Herzen für alle Liebe und Arbeit, womit ihr mit mir die Last meines Amtes getragen habt, und ich bitte euch um Verzeihung für alle meine Fehler. Nun wollen wir die Heilige Kirche der Sorge des höchsten Hirten, unseres Herrn Jesus Christus, anempfehlen. Und bitten wir seine heilige Mutter Maria, damit sie den Kardinälen bei der Wahl des neuen Papstes mit ihrer mütterlichen Güte beistehe. Was mich selbst betrifft, so möchte ich auch in Zukunft der Heiligen Kirche Gottes mit ganzem Herzen durch ein Leben im Gebet dienen.”

 

Und hier ist die schriftliche Stellungnahme des Wiener Erzbischofs Kardinal Christoph Schönborn und Vorsitzenden der österreichischen Bischofskonferenz zum Amtsverzicht im Wortlaut:

“Der Rücktritt Papst Benedikt XVI. ist ein welthistorisches Ereignis. Es ist ein Augenblick, an dem die ganze, über eine Milliarde Menschen zählende katholische Welt, den Atem anhält und zugleich im dankbaren Gebet mit dem 265. Nachfolger Petri verbunden ist. Und nicht nur wir Katholiken, auch viele andere Christen und Nichtchristen. Ich danke etwa dem Vorsitzenden des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, dem rumänisch-orthodoxen Bischofsvikar Nicolae Dura, der in einer ersten Stellungnahme die „zutiefst christliche Haltung“ des Papstes gewürdigt hat. Es ist ein Moment, in dem die Kirche ihren Blick sowohl in die Vergangenheit wie auch in die Zukunft richtet und sich dabei in der Güte dessen geborgen weiß, der nach dem christlichen Glauben die Kirche leitet – Jesus Christus.

Seit über 700 Jahren, seit Cölestin V. im Jahr 1294, ist es zum ersten Mal wieder der Fall, dass ein Papst zurücktritt. Der Schritt Benedikts XVI. ist zugleich demütig und groß. Er entspricht der Persönlichkeit dieses Menschen, der mit seiner Bescheidenheit und Gewissenhaftigkeit immer wieder beeindruckt hat.

Über dem Pontifikat Benedikts, ja schon über seinem Wirken davor, könnte als Leitmotiv stehen: Sammlung, Besinnung auf das Wesentliche. Benedikt XVI. war schon als Theologe immer einer, der das Innerste des christlichen Glaubens erschließen wollte, der das Wesentliche von den bloßen Zeitumständen trennen wollte, und der in dieser Konzentration auf den Kern des Evangeliums völlig vorbehaltlos und ohne Scheu auf andere Konfessionen, Religionen und auch der modernen, säkularen Gesellschaft zugehen konnte. Er ist ein Brückenbauer im Bewusstsein, dass man weite Bögen nur auf festen Pfeilern bauen kann.

Heute ist genau diese Auseinandersetzung um das Wesentliche in der katholischen Kirche in vielfältiger Weise präsent. In Europa etwa sucht die Kirche ein neues Verhältnis zur Gesellschaft. In vielen Ländern Asiens und Afrikas erlebt sie zugleich einen ungeheuren Aufbruch. Hier gilt es Weichen zu stellen, und Benedikt hat nun klar gemacht, dass dies Aufgabe für einen Papst im Vollbesitz seiner Kräfte sein muss.

Benedikt XVI. ist ein großer Freund Österreichs, wie sich besonders bei seinem Besuch 2007 gezeigt hat. Das Motto dieser Pilgerreise, „Auf Christus schauen“ ist auch der bleibende Auftrag für die ganze Kirche. Noch bei einem Gespräch am vergangenen Donnerstag war er – wie immer – bestens informiert über die Situation in Österreich und voller Wohlwollen.

Das bleibende Motto seines Pontifikats ist wohl der Titel seiner ersten Enzyklika „Deus Caritas Est“ – „Gott ist die Liebe“. Das ist Auftrag und Zukunft der Kirche.”

 

Und hier noch die Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, zur Ankündigung des Rücktritts von Papst Benedikt XVI. im Wortlaut:

“Die Nachricht vom Rücktritt unseres Heiligen Vaters bewegt mich zutiefst. Papst Benedikt gibt aller Welt ein leuchtendes Beispiel wirklichen Verantwortungsbewusstseins und lebendiger Liebe zur Kirche. Christus hat ihm durch die Kardinäle das Petrusamt anvertraut. In der Stunde, in der seine Kräfte zu gering werden, um der Kirche den erforderlichen Dienst zu erweisen, legt er dieses Amt zurück in Gottes Entscheiden. Es ist eine große menschliche und religiöse Geste. Wir deutschen Bischöfe danken dem Heiligen Vater für seinen Dienst auf dem Stuhl Petri und sind erfüllt von großem Respekt und von Bewunderung für seine Entscheidung.

Wer Papst Benedikt in den zurückliegenden Jahren persönlich erleben durfte und seine Botschaft aufmerksam aufnahm, der spürte deutlich, worin er seinen wichtigsten Dienst sieht und worum es ihm zuerst und im Innersten geht: um Gott und damit um den Menschen. Kurz und prägnant kommt dies im Leitwort zum Ausdruck, dass er für seine Apostolische Reise nach Deutschland im September 2011 wählte: „Wo Gott ist, da ist Zukunft!“

Papst Benedikt ist ein großer Lehrer unserer Kirche. Dabei hat Joseph Ratzinger ein bleibendes Anliegen, das sich gleichsam wie ein roter Faden durch sein Leben und Wirken zieht. Er will Glaube und Vernunft miteinander versöhnen. Ja, Papst Benedikt ist in vielerlei Hinsicht ein Pontifex: Er wollte Brücken bauen zwischen Glaube und Vernunft, Brücken hin zu Gott, Brücken zwischen Konfessionen und Religionen, um so dem Frieden der Welt den Weg zu bereiten und dem Reich Gottes Wachstum zu schenken.

Papst Benedikt ist ein überzeugter und überzeugender Hirte seiner Kirche. Um was er bei seinem Gebet an der Mariensäule in München im Jahr 2006 die Gottesmutter für alle Gläubigen bat, das zeichnete ihn aus: „Hilf uns, geduldig und demütig zu werden, aber auch frei und mutig“.

Das Bild des Hirten hat ihn als Papst geprägt. Unvergessen sind seine drei Besuche bei uns in Deutschland: anlässlich des XX. Weltjugendtages 2005 in Köln und ein Jahr später in seiner bayerischen Heimat. Im September 2011 kam er zu einem offiziellen Besuch: Berlin, Erfurt, das Eichsfeld und Freiburg bleiben unvergessliche Momente einer Pilgerreise, die die Kirche in Deutschland tief berührt hat. Wir sehen dankbar Bilder vor uns, wie er Menschen segnet, Kinder umarmt, sich seinen Gesprächspartnern zuwendet und in der großen Gemeinschaft des Glaubens Liturgie feiert. Der Hirte seiner Herde ist demütig im Auftritt, authentisch im Zeugnis und überzeugend in den Worten, die er wählt.

Die Religionen haben den Papst gehört, die Politik hat ihn um seine Meinung gebeten. Nicht zuletzt seine drei Enzykliken sind der deutlichste Garant dafür, worum es dem Papst ging: Eine gerechte, solidarische und friedliche Welt, die sich ihrer Verantwortung vor Gott und den Menschen stellt. Gerade in seiner Enzyklika „Caritas in veritate“ hat uns der Heilige Vater eine Magna Charta einer gelingenden Globalisierung hinterlassen, die sich um sozialen Ausgleich und die Bewahrung der Schöpfung mit aller Kraft bemüht.

Die Kirche in Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz sind Papst Benedikt zutiefst dankbar für sein Wirken und sein unermüdliches Engagement. Der deutsche Papst wird nun das Ruder der Kirche weitergeben. Er wird uns fehlen. Aber es wird viel von ihm bleiben, denn Theologie und Kirche hat er nachhaltig geprägt, als Brückenbauer, als Hirte seiner Herde, als Wissenschaftler und Lehrer. Wir wissen, dass er seine Lebenskraft weiterhin in den Dienst der Menschen stellen wird. Wir wünschen ihm dazu die nötigen Kräfte und empfehlen ihn dem Segen Gottes, in dem er geborgen ist. Die Deutsche Bischofskonferenz wird im Gebet in besonderer Weise den Heiligen Vater begleiten.”

 

Weitere Stellungnahmen zum Amtsverzicht von Bendikt XVI.:

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (Wortlaut)

Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck (Wortlaut)

Internationale Stellungnahmen gesammelt von Radio Vatikan

Dienstag, 22. Januar 2013, von Elmar Leimgruber

Heeres-Volksbefragung: Jetzt wird analysiert und reformiert

Bundesheer-Vorführung Staatsfeiertag

Zunächst zur Wahlanalyse, und dann zur Zukunft des österreichischen Bundesheeres:

-Wahlanalyse:

Ich bin -wie in meinem bisherigen Kommentaren erläutert- nicht grundsätzlich gegen ein Berufsheer, nur aktuell halte ich dies -speziell in Österreich- nicht für sinnvoll oder gar zeitgemäß. Daher kann ich meine Freude über das Ergebnis der Volksbefragung nicht verbergen:

Zum einen war das Thema Abschaffung des Grundwehrdienstes verbunden auch mit der Abschaffung des Zivildienstes offenbar ein Thema, das die Menschen in Österreich mehr bewegte als beispielsweise Wahlen zum Europaparlament. Sich nicht nur inhaltlich mit den Folgen der einen oder anderen Entscheidung auseinanderzusetzen, sondern sich durch die Teilnahme an der Volksbefragung aktiv einzubringen, ist ein großes Zeichen politischer Reife und zeigt vor allem Eines: Wenn es der Bevölkerung wirklich um was geht, dann will sie mitbestimmen, also die direkte Demokratie: das freut alle politischen Lager und das freut mich auch ganz besonders: Danke für die außerordentlich hohe Wahlbeteiligung.

Dieses Ergebnis der Volksbefragung ist auch ein starkes Ja zur Solidarität mit dem eigenen Land und seinen Menschen, besonders der Hilfsbedürftigen, der kranken und der alten Menschen. Der Zivildienst ist zwar “nur” ein Ersatzdienst für den Grundwehrdienst, aber mit dem Fallen des Grundwehrdienstes würde er ebenfalls fallen. Daher ist dieses Hauptargument (74%), für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht zu stimmen, sehr nachvollziehbar und auch vernünftig. Und es stimmt zudem auch nicht, dass der Wehrdienst keine Rolle in der Entscheidung gespielt hat: Gleich 70 % der Bevölkerung halten Wehrdienst und Zivildienst für einen wichtigen Beitrag der Jugend für die Gesellschaft und entschieden sich daher für die Wehrpflicht. Und dies scheint mir auch besonders wichtig: es ist eine Entscheidung gegen den weiterverbreiteten Egoismus in unserer Gesellschaft: wir leben nicht für uns allein und wir haben nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Und das ist gut so: Zumindest eine kurze Zeit im Leben schadet der verpflichtende Einsatz für Österreich, für andere Menschen niemanden (im Übrigen Frauen auch nicht): Im Gegenteil: das ist gelebte Solidarität. Katastrophenschutz und die Neutralität Österreichs waren übrigens weitere Gründe, sich fürs bestehende System auszusprechen.

Und dass -wie der ORF ärgerlicherweise seit dem Wahlabend polemisierte- die Senioren der Jugend mit dieser Entscheidung ihr Modell aufgedrängt hätten, stimmt so auch nicht: Zum einen blendete der ORF -der übrigens in der gesamten Berichterstattung äußerst einseitig und tendenziös manipulierend war (obwohl er mehrmals auf diese Verfälschung hingewiesen wurde) dauernd die größe Altersgruppe der 30-59-Jährigen aus, welche genauso (61%) wie ihre älteren Mitbürger (71%) zugunsten des bestehenden Modells der Wehrpflicht entschieden. Zum Einen wurde verschwiegen, dass augerechnet die Wahlbeteiligung der direkt Betroffenen, der Jungen, am Geringsten war (weil es offenbar kein Thema für sie ist, an der Wehrpflicht beteiligt zu werden). Und beide anderen Altersgruppen (30+), die sich immerhin um viele Jahrzehnte erstrecken, haben so entscheiden. Es muss sogar sogar positiv überraschen, dass so viele der eigentlich Betroffenen (entgegen der billigen Populismuskampagne der SPÖ zusammen mit ihren Massenblättern: “Ersparen wir den jungen Leuten doch diese Zeit”), die Jungen (Bis 29 Jahre) sich immerhin zu 37% ebenfalls für die Wehrpflicht ausgesprochen haben: Sie sind bereit, Verantwortung für ihr Land und für ihre Mitmenschen zu übernehmen, auch wenn nicht sofort wer (wie beispielsweise Sozialminister Rudolf Hundstorfer) mit dem vollen Geldbeutel winkt. Und dafür gebührt ihnen großer Respekt und Achtung: Sie haben einen sicher nicht immer einfachen, auch weil verpflichtenden Weg, trotzdem gewählt.

Ebenso postiv überraschend ist auch das Wahlverhalten der Frauen: auch sie stimmten (mit 55%) -obwohl es sie nicht direkt betrifft- für die Wehrpflicht: Dank und Anerkennung. Und selbst von jenen Wählern, welche nie weder Grundwehrdienst noch Zivildienst hatten, halten 50% das bestehende Modell der Wehrpflicht für sinnvoll.

Schon am Wahlabend waren sich dann auch alle “Experten” (allen voran Herbert Lackner, “Profil”) einig, dass das Ergebnis der Volksbefragung nicht nur eine Absage an das SPÖ-Modell ist, sondern zudem auch zeigt, dass die großen Massenblätter (“Krone”, “Österreich” und “heute”) bei der Mobilisierung der Bevölkerung nicht (mehr) funktionieren. Ich sage dazu nur: Falschanalyse: Wo werden die beiden Gratisblätter “heute” und “Österreich” (also wohl als fast einzige tägliche Tageszeitungen und entgegen anderslautenden Behauptungen der “Krone”) tatsächlich gelesen? Richtig: in Wien. Und genau hier, wo alle drei Massenblätter massivst für den SPÖ-Standpunkt (Aufhabung der Wehrpflicht)  mobilisierten, gabs auch -im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern in Österreich- ein klares Ja zum Berufsheer. Beruhigen mag zwar wenigstens, dass vor allem die “Krone”, welche im Gegensatz zu beiden Gratisblättern auch über Wien hinaus von Bedeutung ist, offenbar die Mehrheit der Bevölkerung (im Burgenland, wo die Krone 50% Reichweite hat, war das Ergebnis denkbar knapp) dennoch nicht auf ihre Seite zu ziehen in der Lage war. Es wäre aber dennoch ein schwerwiegender Fehler, würde man -vor allem in Wien- Macht und Einfluss der für Wahlkampf instumentalisierten propagandistischen Massenblätter unterschätzen.

- Konsequenzen: Zukunft des österreichischen Bundesheeres:

Werbung für Pioniere beim Bundesheer: http://www.bundesheer.at/miliz/formular_pikp.phpDiese klare Volksentscheidung (alle offiziellen Abstimmungsergebnisse sind hier abrufbar) sowohl in der Wahlbeteiligung (52,4 Prozent) als auch zugunsten der Wehrpflicht sind ein klarer Auftrag an alle politischen Parteien (besonders natürlich SPÖ und ÖVP)  und Fachleuten (ich plädiere hier, auch Berufsheer-Befürworter Gerald Karner wieder in die entsprechende Kommission zu integrieren), sich an einen Tisch zu setzen und sowohl beim Zivildienst als auch und besonders beim Grundwehrdienst die notwendigen Reformen endlich einzuleiten:

Beim Zivildienst muss dafür gesorgt werden, dass die Betroffenen noch mehr sinnvolle Tätigkeiten während ihres Dienstes ausüben, um noch besser zu gewährleisten, dass sehr viele anschließend auch weiterhin entweder beruflich oder noch besser als freiwllige Mitarbeiter für die Sozialeinrichtungen und Hilfsorganisationen tätig bleiben.

Der Grundwehrdienst hingegen muss grundlegend reformiert, ja neu struktuiert werden: Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat am Wahlabend zu Recht gesagt, dass der Grundwehrdienst “Sinn machen” muss für jene, die ihn absolvieren. Dies kann nur funktionieren, wenn der Aufenthalt in den Kasernen klar (und keinesfalls langweilig) organisiert wird: Es gibt viel zu viele so genannte “Systemerhalter” beim Bundesheer, was auch damit zusammenhängt, dass es sich hier vorwiegend um unkündbare Beamte handelt. Diese Situation muss sich ändern: Genauso wenig wie in der Privatwirtschaft und übrigens auch im sonstigen Öffentlichen Dienst reine Systemerhalter untragbar sind, trifft dies selbstverständlich auch auf das Bundesheer zu. Die geplante Bereinigung von überflüssigen Mitarbeiten im Heer (Generalstabchef Edmund Entacher:  Zahl der Brigadiere wird drastisch reduziert) muss umgesetzt werden und zudem muss ein neues Dienstrecht her und auch sind befristete Arbeitsverhältnisse für neue Herresangehörige (nicht im Beamtenstatus)  anzudenken: Auch im Bundesheer muss das Leistungsprinzip wieder zählen.

Und inhaltlich muss selbstverständlich im wahrsten Sinne des Wortes auch militärisch ausgebildet werden: immerhin müssen jene, welche den Grundwehrdienst absolviert haben, unter fachkundiger Anleitung im Notfall auch in der Lage sein, Verantwortung für ihr Land Österreich zu übernehmen und dessen Menschen zu verteidigen. Zu glauben, dass eine Landesverteidigung heute überholt ist (wie vor allem die KPÖ und Kreise der Grünen träumen), weil es aktuell keine Kriegsszenarien in Europa gibt, zeugt von Unkenntnis und Ignoranz. Immerwährender Friede ist wünschenswert, aber bedauerlicherweise nicht wahrscheinlich. Der vielverbreitete Standpunkt: “Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin” unterstreicht leider nur den Unwillen, für sein Land und seine Mitmenschen einzutreten und sie zu verteidigen. In Folge setzt sich immer der “Stärkere”, der Aggressor durch, was in niemandes Interesse sein kann. Für den hoffentlich nicht zu schnell (aber wahrscheinlich wohl leider) eintretenden Fall der Fälle muss auch Österreich mit seinen Männern (und Frauen) vorbereitet und gerüstet sein, sich zu verteidigen. Dies schreibt nun sogar (in diesem Fall äußerst lesenswert!) “unverdächtig” Christian Rainer (“Profil”).

Und wenn sich jetzt alle lobenswerterweise der Bundesheer-Reformkommission des von mir hochgeschätzten Wiener Alt-Bürgermeisters Helmut Zilk erinnern (an der übrigens alle Parlamentsparteien beteiligt waren), was ich für gut finde, möge man sich den Satz von Zilk in der Einführung des Endberichts einprägen: “Die Kommission ist in der Frage der Wehrpflicht zur grundsätzlichen Erkenntnis gelangt, dass derzeit ein Verzicht darauf nicht möglich ist.” Es stimmt also nicht, was der Grüne Peter Pilz (damals auch in der Kommission) am 21. Jänner in der ZIB2 (ORF2) wörtlich dazu sagte: “Über die Wehrpflicht haben wir uns überhaupt nicht geäußert.”

Fraglich ist allerdings, dass von den Vorschlägen der Bundesheer-Reformkommission bis heute -mit Ausnahme der Verkürzung des Grundwehrdienstes auf 6 Monate (wobei ich persönlich die Sinnhaftigkeit dieser Verkürzung anzweifle)- praktisch nichts umgesetzt wurde, was wohl nur am dafür zuständigen Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) liegen kann. Möge er also ruhig noch bis Ende der kurzen noch verbeliebenden Legislaturpersiode im Amt bleiben und dann vom Volk abgewählt werden.

Soldat auf Haflinger in unwegsamen Gelände. Foto: Wolfgang RiedlspergerDie Reformkommission empfielt übrigens den Ausschluss von Auslands-Einsatzverweigerung von Berufssoldaten beim Einstieg ins Bundesheer vor und schlägt im Grundwehrdienst unter anderem folgende Reformen zur Schaffung eines “identitätsstiftenden Bundesheer-Leitbildes” vor:

- Grundwehrdiener mehrheitlich in der Einsatzorganisation zu verwenden und die Zahl  der Systemerhalter unter Berücksichtigung der Tauglichkeitsgrade und der beruflichen  Vorbildung auf ein Mindestmaß zu reduzieren
- die Schaffung der Voraussetzungen für die unverzügliche Aufnahme als vorerst zeitlich befristeter Berufssoldat und Berufssoldatin einschließlich der besoldungs-, sozial- und pensionsrechtlichen Konsequenzen unter Berücksichtigung der Einstiegsentlohnung vergleichbarer Berufe und unter dem Aspekt der Existenzabsicherung. Für Grundwehrdiener soll diese Regelung ab dem Zeitpunkt der Annahme der Verpflichtungserklärung wirksam werden;
- die Anerkennung herausragender Dienstleistung durch Prämien und Sachleistungen sowie die Abgeltung überdurchschnittlicher Belastungen oder auch Gefährdungen im Rahmen der Ausbildung;
- die Ermöglichung einer systematischen Information am Arbeitsmarkt im Rahmen des allgemeinen Betreuungsangebotes zur Vorbereitung der Wiedereingliederung ins zivile Berufsleben;
- die Überprüfung der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und des Umfanges der Dienste vom Tag;
- die Anpassung der Ausbildungsinhalte an die neuen Aufgaben und Herausforderungen des Bundesheeres.
- das Angebot einer unentgeltlichen Inanspruchnahme ressortinterner Beratungsmöglichkeiten für eine Erstberatung in Rechts-, Vermögens- und Schuldnerfragen sowie Fragen des Konsumentenschutzes für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
- die flächendeckende Einführung einer zweckmäßigen und internationalen Standards entsprechenden Ausrüstung und Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten.
- Suchtbekämpfung einschließlich geeigneter Führungs- und Überprüfungsmaßnahmen, um dem Konsum legaler (Alkohol) und illegaler Drogen entgegenzuwirken, verbunden mit Ausbau der militärischen Sportausbildung (mindestens eine Stunde Sport täglich).

Der vollständige Endbericht der Bundesheer-Reformkommission ist übrigens hier abrufbar.

Pioniere des Bundesheers bei Leistungsschau am NationalfeiertagIch plädiere dafür, mit der Umsetzung der längst notwendigen Reformen nicht bis zu den Nationalratswahlen im Herbst zu warten, sondern sie aufgrund dieser überparteilichen Einigung bereits vor Jahren diese endlich konstruktiv zu diskutieren und nach Möglichkeit einstimmig umzusetzen: immerhin geht es um die Zukunft der Sicherheit Österreichs.

Und -dies möge an dieser Stelle auch nicht unerwähnt bleiben- wenn die Zeit hierfür reif ist (kann noch sehr lange dauern), also wenn alle EU-Staaten endlich ernsthaft bereit sind, eine gemeinsame europäische Verteidigungsstruktur umzusetzen, dann möge Österreich nicht zögern, sich ebenfalls daran zu beteiligen: Wir helfen nach klugem, weitsichtigem und weisen Ermessen) anderen, die unsere Hilfe brauchen und sie helfen uns (Österreich ist -langfristig betrachtet- militärisch allein nicht überlebensfähig): das ist gelebte Solidarität, auch in der (Europäischen) Gemeinschaft. Ob dieser Einsatz dann mit einem reinen Berufsheer sinnvoller ist oder in der jetzigen Mischform aus Grundwehrdienern, Berufssoldaten und Freiwilligen (Miliz), diese Frage stellt erst dann (ebenfalls in Form einer Volksbefragung?), und nicht heute: Aktuell bleibt unser Heer ein Heer aus dem Volk für das Volk: und das ist sehr gut so.

Heute haben wir uns in der Volksbefragung für diese gelebte Solidarität mit Östereich und seinen Menschen im Grundwehrdienst und Zivildienst entschieden. Und ich bin sehr stolz auf unsere Bevölkerung, die diese klare Entscheidung getroffen hat.