Mit ‘Literatur’ getaggte Artikel

Samstag, 23. Januar 2010, von Elmar Leimgruber

Seid mir gegrüsst und geehrt, grosse weibliche und männliche Söhne der Heimat!

Mal abgesehen davon, dass man nicht gleich mit Klage drohen muss, wenn man seine Rechte verletzt sieht:

Ja ich finde, dass Autoren (und wenn sie schon verstorben sind, auch ihre Rechtenachfolger ) die Möglichkeit haben müssen, darauf zu bestehen, dass der Text so bleibt, wie er geschrieben wurde.

Und abgesehen davon, dass Mozart (oder war es doch wer anderer?), von dem die Melodie der österreichischen Bundeshymne stammt, nicht im 20., sondern schon vor Jahrhunderten verstorben ist (und wer weiss, vielleicht würde er sie heute wirklich ganz anders komponieren): Gegen musikalische Neuarrangements spricht überhaupt nichts (und noch lebende Komponisten schneiden sogar noch finanziell mit: bei genehmigten Arrangements: 75% und bei ungenehmigten erhalten sie sogar 100 Prozent der Tantiemen). Texte hingegen verfälschen zu leicht die Intentionen von Autoren: Daher muss Literatur auch so bleiben, wie sie ist.

Der Text der österreichischen Bundeshymne wurde 1947, also Mitte des 20. Jahrhunderts geschrieben, also zu einem Zeitpunkt, wo es bereits zahlreiche bedeutende Frauen (z.B. Bertha von Suttner, die Kaiserinnen Elisabeth und Maria Theresia, Marie von Ebner-Eschenbach;) also “Töchter” gab, die auch durch diese Hymne geehrt werden sollten und wurden und werden.

Ich unterstelle es niemanden, aber der Verdacht liegt nahe, dass solche Aussagen einem Minderwertigkeitsgefühl (das Geschlecht jenes Menschen, der Grosses vollbringt, ist doch sowas von egal: er ist Mensch) entspringen, wenn man behauptet, sich als Frau nicht angesprochen oder geehrt zu fühlen, wenn in der Hymne von der “Heimat grosser Söhne” die Rede ist. Alle grossen Frauen in der Geschichte prägten ihre Zeit nachhaltig und wussten auch oft über ihre grosse Bedeutung als Söhne ihrer Heimat Bescheid, obwohl sie vielleicht manchmal zu ihren Lebzeiten zu wenig beachtet wurden.

Und das sage ich, obwohl ich schon zu oft die Erfahrung gemacht habe, dass viele Menschen nicht in der Lage sind, über dieses Thema sachlich (es hat aber auch nicht im Geringsten was mit Gleichberechtigung oder gar Geringschätzung zu tun) diskutieren, sondern sehr empfindlich auf dieses eigentlich rationale Thema reagieren. Leider.

Mich erinnert diese ganze derzeitige Situation an jahrelange Diskussionen innerhalb der katholischen Kirche, wo nach zahlreichen Interventionen sogar biblische Texte, die selbstverständlich immer schon sowohl an männliche als auch weibliche Brüder gerichtet waren, plötzlich Brüder und Schwestern als ausdrücklich genannte (und damit gedoppelte) Adressaten hatten. Wenn jemand die klassische Ansprache nicht versteht und sich psychologisch akzeptierter fühlt, weil es mittlerweile halt schon anders üblich ist: bitte, mir solls recht sein: notwendig ist es keinesfalls.

Aber jetzt geht die selbe unsinnige Diskussion im Zusammenhang mit der Bundeshymne schon wieder los, natürlich losgetreten von der streitbaren Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) und unterstützt durch ihre Kollegin Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (ebenfalls SPÖ), die den Text der Bundeshymne sogar grundsätzlich textlich abändern möchte. Echt kurios in diesem Zusammenhang: Auch ÖVP-Familienministerin Maria Rauch-Kallat wollte vor 5 Jahren, als sie noch in Amt und Würden war, diese Textzeile abändern lassen. Aber aus Respekt vor literarischen Texten sollte man diese niemals abändern.

Dabei gehört Christina Stürmer zweifelsohne -zumindest in der Gegenwart- zu den grossen Söhnen der Heimat. Dennoch, und das muss ich an dieser Stelle ebenfalls kritisieren: in einer Ehrung der Grossen des Landes historische (und über teils Jahrhunderte geehrte) Persönlichkeiten wie Siegmund Freud, Wolfgang Amadeus Mozart auch aktuelle Persönlichkeiten wie z.B. Christl, Didi Constantini und Brigitte Ederer reinzunehmen (die rein subjektiv ausgewählt wurden und vielleicht mal in die Geschichte Österreichs eingehen werden oder auch nicht): also auch das geht nicht. Und ich wundere mich darüber, dass das vor mir noch niemand kritisiert hat.

Wie minderwertig und unterdrückt muss man sich doch selbst als Ministerin fühlen, wenn man ein Problem damit hat, bedeutende Frauen der österreichischen Geschichte genauso als grosse Söhne der Heimat zu sehen wie ihre männlichen Kollegen: Gerade die Bezeichnung Söhne macht keinen Unterschied, ob eine Frau oder ein Mann Grossartiges geleistet hat: Und genau das ist meines Erachtens das einzig Sinnvolle.

Dasselbe trifft auch auf die biblische Ansprache “Brüder” zu: sie gilt für Männer und Frauen gleichermassen: sowohl was die Lehre betrifft als auch die Gebote. Und sonderbarerweise verlangt da auch niemand, dass beispielsweise das Gebot: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau auch ergänzt wird durch: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Mann: Es ist eben selbstverständlich, dass allgemein alles (wenn nicht ausdrücklich anders angegeben) für Männer und für Frauen in gleicher Weise gilt.

Die ganze Diskussion derzeit ist mühsam , langweilig und überflüssig: Mal abgesehen davon, dass die Textautorin der Bundeshymne ja selbst eine (sicher sogar sehr selbstbewusste) Frau (Paula von Preradović) war und sich wohl auch als literarischer Sohn ihrer Heimat gesehen hat (sonst hätte sie diesen Text wohl nicht so geschrieben):

Fehlt nur noch, dass morgen noch wer fordert, dass weil der Mensch ja auch einen männlichen Artikel hat, das Wort Mensch durch Menschin oder so was Ähnliches ergänzt wird, weil da könnten sich ja eventuell gewisse Frauen ja auch nicht angesprochen oder ernstgenommen fühlen. Warum muss man alles komplizierter machen als es ist?

Wenn wir alle gleich sind als Menschen in unserem Denken und Bewusstsein, Männer wie Frauen, wie Kinder (natürlich auch weiblich und männlich), ist es am Besten: Dann ist nicht nur jede Differenzierung überflüssig, sondern schadet sogar dem gemeinsamen Anliegen aller, eben Menschen zu sein, unabhängig von ihrem Geschlecht.

Hier ist ein musikalisches Neuarrangement der österreichischen Bundeshymne vom Wiener Musiklabel magnam gloriam zu hören und zu sehen:

Die Melodie rockiger (oder wie auch immer anders als klassisch) zu arrangieren ist also durchaus ok (das hat übrigens Hubert von Goisern mit der alten österreichischen Kaiserhymne auch schon vor Jahren gemacht), das passt. Aber einen bestehenden literarischen Text einfach abzuändern: das geht nicht.

Wenn aber -so wie es scheint- die Unterrichtsministerin und ihr Gefolge schon nicht zur Einsicht zu bringen ist, dass alle Menschen gleich sind, ohne dass man sie in Mann und Frau dividiert, dann schlage ich vor, dass -wie in der Nachkriegszeit- ein Wettbewerb für eine gänzlich neue Hymne (musikalisch und textlich) ausgeschrieben wird. Und dann sollte im Rahmen einer Volksabstimmung (da -und nicht dort, wo man die Antworten vorher schon weiss- wäre sie mal wirklich sinnvoll) die gesamte Bevölkerung Österreichs über die neue Bundeshymne abstimmen und entscheiden können.

Und hier folgt noch der vollständige Text der österreichischen Bundeshymne:

Land der Berge, Land am Strome,
Land der Äcker, Land der Dome,
Land der Hämmer, zukunftsreich!
Heimat bist du großer Söhne,
Volk, begnadet für das Schöne,
Vielgerühmtes Österreich,
Vielgerühmtes Österreich.

Heiß umfehdet, wild umstritten,
Liegst dem Erdteil du inmitten
Einem starken Herzen gleich.
Hast seit frühen Ahnentagen
Hoher Sendung Last getragen,
Vielgeprüftes Österreich,
Vielgeprüftes Österreich.

Mutig in die neuen Zeiten,
Frei und gläubig sieh uns schreiten,
Arbeitsfroh und hoffnungsreich.
Einig lass in Brüderchören,
Vaterland, dir Treue schwören.
Vielgeliebtes Österreich,
Vielgeliebtes Österreich.

Mittwoch, 4. Juni 2008, von Elmar Leimgruber

Robert Schneiders Offenbarung

Er war ein rastlos Suchender, als ich ihn vor etwa 10 Jahren schon mal live erlebte: Robert Schneider.
Heute wirkt er entspannt und zufrieden: Er scheint gefunden zu haben, wonach er sich sehnte. Ich hoffe doch, dass es nicht nur der Augenblick ist, der “so schön” ist und zum Verweilen einlädt.
Mit seinem neuen Roman “Die Offenbarung” seheint der Autor aus Vorarlberg an jene literarischen Wurzeln zurückgekehrt zu sein, die bereits sein Erstlingswerk “Schlafes Bruder” (Bestseller-Roman, Kinofilm, Oper) prägten: Musik, Glaube, Verzweiflung und Erlösung.
Es ist angenehm ihm zuzuhören, wenn er aus diesem seinem neuen Roman liest, man wird gefesselt und hineingenommen in eine ganz andere “Welt”, die so fremd und doch wieder so nah scheint.
Robert Schneider ist keinesfalls eine Eintagsfliege, sondern ein großartiger Künstler und Visionär. Das konnte ich heute abend im Radiokulturhaus wieder live erleben. Und Jürgen Natter begleitete an der großen Orgel den Autor, der selbst auch Organist ist, berührend und ergreifend mit Werken von Johann Sebastian Bach, aber auch Eigenkompositionen.
Obwohl dieser Abend mit Robert Schneider und Jürgen Natter ausserordentlich erfüllend und inspirierend war: Organisatorisch muss ich einiges rügen:
Meist sind Autorenlesungen (weil sie in erster Linie Promotion für eigene Werke sind) kostenlos; hier wurden an der Abendkasse 24 Euro verrechnet. Und es gab keinerlei Ermässigungen im ORF Radiokulturhaus: weder für Studenten noch für Ö1-Clubmitlieder (für die es laut “Heimspiel” immer Rabatt gibt). Begründung hierzu: Dies ist “keine eigene Veranstaltung”.
Bei einem solchen Preisverhalten darf man sich nicht wundern, wenn -wie heute- nur etwa 50 Besuchen der Lesung lauschen.
Ich erwarte mir künftig Besserung auf Seiten der Veranstalter Fechter Management und Aufbau Verlag sowie dem Radiokulturhaus: Robert Schneider ist nach wie vor unterschätzt. Und er verdient ein größeres Publikum.

Samstag, 9. September 2006, von Elmar Leimgruber

Willy Astor, Unverrichter der Worte

Willy Astor, jener bayerische Komödiant und Wortakrobat, der unter anderem durch seinen “Schatz im Silbensee” bekannt wurde (siehe dazu unter anderem meine Kritik vom 27.5.2006), geht unter die Buchautoren:
Unter seinem bekannten Spruch “Kafka Buch, klau’s Mann” sind in Astors Buch “Unverrichter der Worte” Geschichten und Gedichte des großen Comedians nun auch in Schriftform zu finden.
Hier können Sie diese Neuerscheinung gleich postspesenfrei bestellen.

Sonntag, 20. Februar 2005, von Elmar Leimgruber

Gunkl und Barth in der Via Emilia: ein literarisch-musikalischer Hochgenuss

Bislang kannte man Günther Paal alias Gunkl ja vor allem als geistreichen Kabarettisten, sowie als Kommentator in der TV-Serie “Dorfers DonnersTalk” bewundern. Doch was das Publikum am 18. im Wiener Radiokulturhaus live erleben konnte, war mehr als alles bisher von Gunkl Gehörte. Es war eine Lesung, oder war es ein Essay, ein Roman, ein bericht, eine Schilderung oder eine Erzählung?
In jedem Fall war es Literatur mit einem hohen Niveau und einer exzellenten sprachlichen Situationskomik. Mehr noch: es war die Geschichte von einigen Freunden, die sich regelmässig treffen und spielen und reden und natürlich auch denken, wenn auch zuweilen sehr unterschiedlich, aber doch so, dass sie sich gegenseitig dennoch verstehen.
Dazu servierte das Johann Strauss Ensemble Musik, die seinesgleichen oft vergeblich sucht. Thomas Barth (hier können Sie in seine Musik reinhören) komponierte und dirigierte eine erlesene Mischung aus Jazz, folkloristischen Klängen mit Elementen der Minimal Music, der ich mich bereitwillig auch stundenlang hingeben würde.
Ein rundum gelungener Abend. Auch wenn Sie sich jetzt fragen, was das alles mit der Via Emilia zu tun hat: tja: das will ich Ihnen im Hinblick darauf, dass ich mir Wiederholungen des Programms erwarte, nicht verraten.