Mit ‘Massimo Spinetti’ getaggte Artikel

Donnerstag, 14. Januar 2010, von Elmar Leimgruber

Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler

Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler: Willkommen?

Seit die italienische Regierung gegen Ende letzten Jahres die längst fällige Aufhebung faschistischer Gesetze in Bezug auf die Südtirolfrage im letzten Moment verweigert hat und das offizielle Österreich die Sorgen der Südtiroler Bevölkerung ignoriert, gehen die politischen Wogen südlich des Brenners hoch:

Die regierende Südtiroler Volkspartei (SVP) fordert einmal mehr eine Verankerung der Schutzmachtfunktion für Südtirol in der österreichischen Verfassung und hat hierbei auch die Rückendeckung durch die deutschsprachige Opposition und selbst durch einige politische Vertreter Österreichs. Italien lehnt dies allerdings strikt ab.

Andererseits -und so sehe ich das- solange es das offizielle Österreich -aus diplomatischer Freundschaft zu Italien- nicht einmal in der Ortsnamenfrage (mir geht es hier nicht darum, die im 20. Jh. im Faschismus in Südtirol eingeführten italienischen Ortsnamen abzuschaffen, sondern den seit über 1200 Jahren bestehenden deutschen Ortsnamen nicht die rechtliche Grundlage zu entziehen; siehe dazu auch die Stellungnahme von Massimo Spinetti, des italienischen Botschafters in Wien) wagt, sich für die Anliegen der Südtiroler einzusetzen würde auch eine Verankerung der Schutzmachtfunktion in der österreichischen Verfassung Südtirol nicht wirklich viel bringen.

Und dieselbe SVP will nun auch eine Volksabstimmung in Südtirol darüber abhalten lassen, ob -wie von ihr vorgeschlagen- die Doppelstaatsbürgerschaft (italienische und österreichische) kommen soll. Dieser Idee können selbst die Grünen -die politisch sowohl die deutsche als auch die italienische Sprachgruppe in Südtirol vertreten und für deren friedliches Zusammenleben stehen- was Positives abgewinnen: “Die doppelte Staatsbürgerschaft in Grenzregionen ist ein guter Ansatz und eine durchaus europäische Lösung, um Grenzen durchlässiger zu machen und mit erweiterten Staatsbürgerrechten auch plurale Identitäten zu fördern”.

Und auch wenn sich das offizielle Österreich diesbezüglich derzeit kaum und wenn doch, eher skeptisch dazu äussert: Wie auch immer diese Abstimmung in Südtirol ausfällt: sie könnte der “Schutzmacht Österreich” eine wertvolle “Orientierungshilfe” in der Südtirol-Frage sein. Auch von daher ist eine solche Volksabstimmung sehr zu begrüssen.

Es geht ja auch nicht darum, dass jeder Südtiroler nach einer Volksabstimmung zugunsten der Doppelstaatsbürgerschaft auch automatisch auch österreichischer Staatsbürger werden müsste, aber die Wahlmöglichkeit, die Freiheit dazu sollte gegeben sein. Und eigentlich würde in einem vereinten Europa die Vergabe der Doppelstaatsbürgerschaft an Südtiroler weder Österreich noch Italien schaden: es spricht also im Grunde nichts dagegen.

Der Nachrichtendienst “Südtirolnews” hat heute übrigens eine Onlineabstimmung zu diesem Thema gestartet.

Mittwoch, 6. Januar 2010, von Elmar Leimgruber

Wien: Italienischer Botschafter regt neues Toponomastik-Gesetz für Südtirol an

Massimo Spinetti, Italienischer Botschafter in Österreich
Foto: ambvienna.esteri.it

Am 20. Dezember letzten Jahres berichtete ich hier empört über die fehlende Unterschützung seitens der “Schutzmacht” Österreich für Südtirol in bezug auf die Ortsnamenfrage. Gerade noch in letzter Minute war in Rom durch Intervention rechter Abgeordneter ein beschlossenes Parlamentsgesetz wieder aufgehoben worden, mit dem das seit der Faschistenzeit bestehende Verbot der Verwendung deutscher Ortsnamen (die sogenannten Tolomei-Dekrete) in Südtirol aufgehoben hätte werden sollen. Aus Südtiroler Sicht bedeutet die Bestätigung dieser faschistischen Gesetze, dass die historischen deutschen Ortsnamen in Südtirol wiederum -wie seinerzeit- per Staats-Gesetz abgeschafft würden.

Dagegen protestierten nicht nur die regierende Südtiroler Volkspartei, sondern auch die deutschsprachigen Oppositionsparteien Südtirols: die Freiheitlichen, die Südtiroler Freiheit, die Union für Südtirol und -was bei solchen Themen seltenst vorkommt- auch die gemischtsprachigen Grünen. Nur das offizielle Österreich verharrte selbst trotz solch rarer Einigkeit in Südtirol in gleichgültigem Schweigen.

Und jetzt kommt plötzlich “Hilfe” in dieser Frage von gänzlich unerwarteter Seite: Ihr liege ein Brief von Massimo Spinetti, des italienischen Botschafters in Wien zu diesem Thema vor, berichtet die “Tiroler Tageszeitung” (TT) heute: Die Nichtaufhebung des Toponomastikdekretes von 1923 garantiere nur den Weiterbestand der (damals neu eingeführten) italienischen Ortsnamen auch heute und für die Zukunft. Dies ändere aber “absolut nichts” an der Erlaubnis der Verwendung der (historischen) deutschen Ortsnamen, schreibt demnach der Botschafter.

Die Verpflichtung zur Zweisprachigkeit in Südtirol sei sowieso später in den Pariser Verträgen vom 5. September 1946 zwischen Italien und Österreich festgelegt worden, in denen “auf Basis der Gleichberechtigung die Verwendung der deutschen und der italienischen Sprache bei öffentlichen Verwaltungen, in öffentlichen Dokumenten sowie in der zweisprachigen topographischen Nomenklatur” vorgesehen sei.

Laut Artikels 8 des Autonomiestatutes liege die Zuständigkeit in Bezug auf Ortsnamen “unter Beibehaltung der Verpflichtung zur Zweisprachigkeit” beim Land Südtirol. Und demnach stehe es dem Südtiroler Landtag frei, ein neues Ortsnamengesetz zu verabschieden, versicherte Spinetti laut TT.

Ja, wenn dem so ist, dann appelliere ich hiermit an die Südtiroler Landesregierung, raschestmöglich ein gutüberlegtes neues Toponomastikgesetz zu verabschieden. Bin jedenfalls gespannt, wie die Reaktionen aus Südtirol als auch jene der italienischen Rechten (die in Südtirol besonders stark vertreten sind) auf dieses Angebot des italienischen Botschafters in Wien sein werden.

In den letzten Wochen wird in Südtirol übrigens auch eifrig darüber diskutiert, Südtirolern (auf Wunsch) zusätzlich zur italienischen Staatsbürgerschaft auch die österreichische anzubieten; zudem müsse die Schutzmachtfunktion Österreichs ind er Verfassung verankert werden, fordert die Südtiroler Volkspartei unter Landeshauptmann Luis Durnwalder und Parteiobmann Richard Theiner. Dass Spinetti auch zu diesem Thema im Brief an die TT Stellung bezogen hätte, schreibt die Zeitung allerdings nicht.