Mit ‘Messias’ getaggte Artikel

Montag, 5. März 2012, von Elmar Leimgruber

Echte Liebe ist das Maß aller Dinge – Impuls zur Fastenzeit

Nun fehlen uns noch fünf Wochen bis Ostern: und so manche von uns, selbst jene, die nicht wirklich einen religiösen Bezug haben, beschließen ihr Leben in der so genannten Fastenzeit umzukrempeln, ihrem Körper und ihrer Seele eine Art Frühjahrsputz zu verpassen haben. Das kann -auch unabhängig von kirchlichen Strukturen- durchaus Sinn ergeben. Manche begeben sich hingegen ganz bewusst in Klöster und in andere kirchliche Einrichtungen, um Orientierung und Hilfe in ihrem Vorhaben zu erhalten.

Und gerade in “Klösterreich” gibt es zahlreiche Angebote der Besinnung und der Einkehr, besonders auch in der Fastenzeit. Das alles ist eine sehr sinnvolle Tradition, die hoffentlich nicht nur an den Oberflächlichkeiten hängen bleibt, sondern wahrhaft in die Tiefe der menschlichen Seele reicht.

Und ja natürlich: Pflicht ist wichtig und richtig. Aber Fasten, das nur darauf abzielt, sich an seine (vielleicht auch nur vermeintliche) Pflicht zu “erinnern”, geht an seinem wahren Kern vorbei. Und da -zumindest kirchlich betrachtet- in der Fastenzeit im Grunde alles Bemühen und Ringen auf den Tod und die Auferstehung Jesu Christi ausgerichtet ist, hat Fasten letztlich auch einen eschatologischen (endzeitlichen) Charakter. Immerhin beginnt die kirchliche Fastenzeit selbst ja im Zeichen des Aschenkreuzes mit einem persönlichen “Totengedenken”, mit dem Gedanken an die eigene Sterblichkeit und Vergänglichkeit. Und das dieses volle Bewußtsein der eigenen Endlichkeit kann sehr sinnvoll, ja manchmal sogar notwendig sein, um die eigentlichen Prioritäten nicht zu vergessen, sondern sich auf das Wesentliche im Leben zu konzentrieren.
Ich persönlich halte mich nicht für einen vorbildlichen Christen. Aber davon bin ich dennoch zutiefst überzeugt: Sieht man sich selbst als Christ, also in der Nachfolge Jesu Christi, dann kann das eigentliche Kriterium, der Weg und das Ziel des Lebens letztlich nur die Liebe sein, welche laut dem Messias selbst tatsächlich das einzige “Gesetz” ist (vgl. Mt 22,35-40): Am Maß dieser unserer aufrichtigen Liebe werden wir also letztlich auch im Angesicht Gottes in der Stunde unseres Todes gemessen werden.

Wir mögen da vielleicht enttäuscht zu Jesus sagen: “Sind wir nicht in deinem Namen als Propheten aufgetreten:” Du irrst dich in uns Herr: wir standen ja in deinem Dienst und waren für dich und deine Kirche tätig… Ja, mögen uns da hoffentlich vorallem die harten Worte Jesu erspart bleiben: “Ich kenne euch nicht: weg von mir, ihr Übertreter des Gesetzes!” (vgl. Mt 7,21-23).

Das ist und bleibt das Kriterium für Gläubige und Ungläubige: Das Maß der Liebe, das wir aus tiefster Überzeugung leben (vgl. auch Mt. 25,33-46): die aufrichtige und selbstlose Liebe macht uns selbst und andere Menschen glücklich und prägt den Sinn unseres Lebens: Die Liebe ist das Maß aller Dinge. Und es gibt keine Alternative zum irdischen und ewigen Glück(lichsein) außer der Liebe: Und dies wünsche ich uns allen von Herzen.

Und zum Schluss meiner Gedanken zitiere ich jetzt noch (vor allem für überzeugte Christen) ein paar höchst bedenkenswerte Anregungen aus dem diesjährigen Fastenhirtenbriefs des Kärntner Diözesanbischofs Alois Schwarz (vorher Pastoralamtsleiter und dann Weihbischof von Wien):

“Für die kommende Fastenzeit möchte ich Ihnen drei Ziele aus unserem diözesanen Leitbildprozess besonders ans Herz legen:

1.  Wir wollen so leben, dass wir gefragt werden, warum wir  so leben. Und wenn wir gefragt werden, erzählen wir von  Jesus Christus und seiner Frohbotschaft von Gott.

2.  Wir wollen so miteinander beten, dass auch andere  Menschen mit uns beten und mit Gott sprechen wollen.

3.  Wir wollen so handeln, dass die Menschen uns als Christen erleben, die sich in keiner Situation von ihnen abwenden.

Es geht also um ein überzeugendes Leben, ein Miteinanderbeten und um ein solidarisches Handeln in barmherziger Zuwendung zu jedem Menschen.”

Der vollständige Fastenhirtenbrief 2012 von Bischof Alois Schwarz ist hier abrufbar.

Freitag, 16. Juni 2006, von Elmar Leimgruber

Paul McCreesh, der junge Hogwood

Im fernen Jahr 1973 gründete der Musikwissenschaftler und -Pädagoge Christopher Hogwood die Academy of Ancient Music, eine Formation von hochtalentierten jungen Musikern, die sich nicht nur rhythmisch und geschwindigkeitsmäßig auf die authentische Interpretation alter Musik spezialisieren sollten, sondern auch durch die Verwendung historischer Instrumente aus jeder Zeit, in der die Werke komponiert wurden.
Seither versuchten sich viele Künstler in demselben Genre (u.a. Roger Norrington, Nikolaus Harnoncourt, John Eliot Gardiner, William Christie, Trevor Pinnock, Paul Goodwin), Hogwood, das Original, blieb hingegen unerreicht.
In der Zwischenzeit wuchs eine neue Generation von Musikern heran: einer von diesen, Andrew Manze, ist heute der Nachfolger von Trevor Pinnock als Chef des English Concert. Vorher war er im Orchester Hogwoods als Solist an der Violine und als Dirigent tätig und wurde innerhalb kürzester Zeit Co-Chef der Academy. Auch die Bekanntheit von Cecilia Bartoli ist übrigens maßgeblich Christopher Hogwood zu verdanken, der sie schon in seinen frühen Einspielungen musikalisch verewigte.
Neben Andrew Manze ist DER musikalische Newcomer einer neuen Generation Paul McCreesh. Genauso wie Hogwood seinerzeit geht McCreesh heute einen ganz neuen Interpretationsweg im Bereich der sogenannten Alten Musik. Er interpretiert noch frischer, noch lebendiger, noch aufmüpfiger als Hogwood und es ist ein musikalischer und künstlerischer Hochgenuß, beispielsweise seine Einspielung von Händels “Messias” zu hören.
McCreesh hat mit seinem Ensemble Gabrieli Consort in diesem Jahr sein Spektrum erweitert und in London ein von der großen Öffentlichkeit beinahe unbemerktes Mozart-Konzert* gegeben, dem ich am 14. Juni beiwohnen durfte.
McCreesh ist ein großartiger und feinfühlender Musiker und Orchesterleiter und er interpretiert lebendig und begeistert, so dass der Kulturliebhaber sich nur ebenfalls begeistert freuen kann. Paul McCreesh ist heute DER musikalische und künstlerische Innovator, der seit 1973 Christopher Hogwood war.
Und was ist mit Hogwood heute? Ist er ausgelaugt, müde?
Nein, keinesfalls, er ist das, was ein großer Musiker und Wissenschaftler immer ist, weiter innovativ und auf neuen, vollständig anderen Ufern unterwegs: Er, der bisher nur bekannte Experte für Alte Musik, veröffentlicht seit einigen Jahren u.a. zusammen mit dem Kammerorchester Basel zahlreiche CDs mit Uraufführungen von Musik aus dem 20. Jahrhundert. Zudem führte er mit seiner Academy Of Ancient Music (deren Leitung übergibt er ab Herbst einem der neuen Generation: an Richard Egarr) romantische Werke beispielsweise von Mendelssohn-Bartholdi auf und auch in dessen Interpretation ist Hogwood wieder mal seiner Zeit weit voraus. Kein Wunder, dass Hogwood neben kleinen Meisterensembles mittlerweile einige der besten großen Orchester weltweit wie beispielweise das Tonhalle Orchester Zürich, das RAI-Orchester Mailand oder das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks dirigiert.
Qualität und Innovationsdenken überstehen eben alle Zeiten.
*Von Hogwood gibts übrigens auch eine neue CD, und zwar mit -wie sollte es im Mozartjahr auch anders sein- unbekannten Werken Mozarts: “The secret Mozart”.

Donnerstag, 19. Dezember 2002, von Elmar Leimgruber

Rilling, der Mozart-Spiritualisierer


Mozart und geistliche Musik: beinahe ein Widerspruch in sich, obwohl der Komponist als Erzbischof Coloredos Hofmusiker doch unzählige Noten unter liturgische Texte setzte. Viel von der ursprünglichen Spiritualität und Begeistertung blieb jedenfalls nicht übrig, als Mozart seinerzeit das Hauptwerk seines hochverehrten und geschätzten “Musikgottes” Georg Friedrich Händel, den “Messias”, in ein laizistisches umarbeitete. Dennoch wagte es Helmuth Rilling im Wiener Musikverein am 18. Dezember den “Messias” in der Mozart-Bearbeitung zur Aufführung zu bringen.

Und ja, ich gebe es zu: ich bin überrascht, ja positiv beeindruckt: Rilling interpretierte mit seinem Stuttgarter Bach-Collegium und seiner Gächinger Kantorei dieses Werk im Sinne Händels und damit zutiefst spirituell. Rilling schaffte das schier Unmögliche: Ein profanisiertes Werk mit Tiefgang und -im eigentlichen Sinn- geistlich aufzuführen. Darüber kann ich nur staunen und dafür bin ich dankbar, besonders so kurz vor Weihnachten.

Ein hervorragender Genuss für Ohren und Seele war die Sopranistin Sybilla Rubens, die mit ihrer engelhaften Stimme verzauberte. Von ihr wird man sicher in Zukunft noch viel mehr hören. Schwachpunkt der Aufführung hingegen war Istvan Kovacs, dessen fehlende Kraft in der Stimme und bei Highlights des Oratoriums “Was toben die Heiden”und “Es schallt die Posaun” meine insgesamte Begeisterung von der Aufführung insgesamt leider etwas schmälert.