Mit ‘Ortsnamen’ getaggte Artikel

Donnerstag, 23. September 2010, von Elmar Leimgruber

Südtiroler Schilderstreit beigelegt – Süd-Tiroler Freiheit will Landtagsentscheid

Alpenverein-Wegbeschilderung
Foto: alpenverein.it

Ein monatelanger Schilderstreit zwischen dem Land Südtirol und dem Staat Italien dürfte nun beendet sein: Südtirols Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) und Italiens Regionenminister Raffaele Fitto (PDL) haben sich am 22. September bezüglich der Beschilderungen der Wanderwege auf den Südtiroler Bergen darauf geeinigt, dass Gemeinden und Ortschaften zwei- bzw. dreinamig bezeichnet sind, erklärende Begriffe übersetzt werden, aber sonst die historisch gewachsenen Orts- und Flurnamen verwendet werden.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hatte unlängst die “unfassbare Diskussion über zweisprachige Wegbezeichnungen” scharf kritisiert: “Noch kein Wanderer hat sich verirrt, weil es nur einen deutschsprachigen Wegweiser gegeben hat”, hatte Platter betont. Und Durnwalder selbst hatte erst kürzlich erklärt, der Verweis, den der Ministerrat bezüglich der Schilder gegen ihn ausgesprochen hat, lasse ihn kalt: “Er berührt mich in keinster Weise”, sagte der Landeshauptmann, und er werde die Maßnahme der italienischen Regierung daher anfechten.

Die Landtagsabgeordneten der Bewegung Süd-Tiroler Freiheit (Südtiroler Oppositionspartei), Eva Klotz und Sven Knoll verweisen jedoch darauf, “dass für die Ortsnamenregelung der Landtag zuständig ist: Landeshauptmann Durnwalder ist nicht befugt, in Geheimverhandlungen über unser Kulturgut zu verfügen und nach persönlichem Gutdünken Kompromisse zu schließen,” so die Süd-Tiroler Freiheit, die verlangt, “dass die gesamte Angelegenheit in den Landtag kommt und ausschließlich dort entschieden wird, so wie vom Autonomiestatut vorgesehen”. Und die Südtiroler Freiheitlichen (ebenfalls Oppositionspartei in Südtirol) dazu: “Wir müssen endlich aufhören zu kuschen und zu unserer Sprache, Kultur sowie zu den deutschen und ladinischen Ortsnamen stehen, denn nur so gibt es eine gerechte Lösung und nur so sind wir imstande faschistisches Unrecht aus unseren Land zu verbannen.”

Schlussstrich unter Schilderstreit: LH Durnwalder und Minister Fitto haben das entsprechende Abkommen im Regierungskommissariat in Bozen unterzeichnet
Foto: LPA/Pertl

Landeshauptmann Durnwalder legte dabei Wert auf die Feststellung, dass das Abkommen ausschließlich die Wegebeschilderung betreffe. “Es lässt die Zuständigkeit des Landes bzw. des Landtags in Sachen Toponomastik unangetastet”, so Durnwalder. Regionenminister Fitto wird das am 22.9. unterzeichnete Abkommen am 24.9. dem Ministerrat in Rom vorlegen. Damit wird der vor zwei Monaten offiziell eröffnete Streitfall zwischen Staat und Land beigelegt.”Es handelt sich um einen Kompromiss, für den beide Seiten aufeinander zugegangen sind”, so Durnwalder heute. Es gebe, so der Landeshauptmann, weder Sieger noch Verlierer, stattdessen aber eine pragmatische Lösung des Schilderstreits. “Eine Lösung, die garantiert, dass sich jeder im Gebirge zurechtfinden kann, die gleichzeitig aber sicherstellt, dass historische Ortsnamen nicht übersetzt werden”, so Durnwalder.

Geeinigt haben sich Durnwalder und Fitto laut dem Südtiroler Landespresseamt (LPA) auf drei Grundsätze: So werden alle übersetzbaren Hinweise künftig in beiden oder in allen drei Sprachen auch auf den alpinen Wegweisern aufscheinen. Zudem werden Örtlichkeiten zwei- bzw. dreinamig bezeichnet, wenn die Bezeichnungen von der Bevölkerung gebraucht werden. Alle übrigen Orts- und Flurnamen werden dagegen in ihrer historisch gewachsenen deutschen oder ladinischen Form angegeben, wobei auch hier erklärende Wortbestandteile – etwa “Alm”, “See”, “Berg” oder “Bach” – übersetzt werden.

Damit Wanderer und Bergsteiger sich in Südtirols Bergwelt zurechtfinden, bringt nun der Alpenverein Südtirol (AVS), der seit 140 Jahren Beschilderungen in den Bergen anbringt, 73.000 Wegweiser im ganzen Land an. 36.000 davon stehen bereits, von denen wiederum rund 1500 von den Ordnungskräften als nicht ordnungsgemäß betrachtet worden sind. Für sie – und darüber hinaus für alle mit öffentlichen Beiträgen angebrachten Schilder – haben Landeshauptmann Durnwalder und Minister Fitto nun eine Lösung gefunden.

“Ziel der Regierung war, in Zusammenarbeit mit dem Land eine Lösung in dieser Frage zu finden”, so Regionenminister Fitto heute in Bozen. Man habe dabei die Tradition des Landes respektieren wollen: “Nicht übersetzbare Namen sollten auch nicht übersetzt werden”, so Fitto, der darüber hinaus betonte, dass das getroffene Abkommen nichts mit der gegenwärtigen politischen Situation in Italien zu tun habe.

Was die rund 1500 beanstandeten Wegweiser betrifft, so kümmert sich darum eine vierköpfige Kommission, die innerhalb von 15 Tagen ernannt wird. Staat und Land werden je zwei Vertreter in diese Kommission entsenden, ihre Aufgabe ist, die strittigen Wegweiser unter die Lupe zu nehmen, um Staat und Land Lösungsvorschläge vorsetzen zu können. Die beiden Vertragsparteien werden über diese Vorschläge ebenso zu entscheiden haben, wie über eventuelle Fälle, in denen die Kommission zu keiner Einigung kommt.

Falls Schilder ergänzt oder ausgetauscht werden müssen, soll dies in “einem angemessenen Zeitraum” geschehen, jedenfalls aber noch innerhalb der Wandersaison 2013. Für den Austausch zeichnet das Land verantwortlich. Zudem ist es auch das Land, das sich verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sich der AVS beim Anbringen der noch ausständigen rund 37.000 Wegweiser an die Grundsätze der Vereinbarung zwischen Durnwalder und Fitto hält.

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Montag, 26. April 2010, von Elmar Leimgruber

Italienischer Ministerrat verabschiedet neue Zweisprachigkeits-Regelung für Südtirol

Das historische und aktuelle Südtiroler Landeswappen aus dem Jahr 1370 (Ursprünge 1190), wie es auf Schloss Tirol in Dorf Tirol in Südtirol abgebildet ist

Der italienische Ministerrat in Rom hat am Freitag nach Anhören von Südtirols Landeshauptmann Luis Durnwalder die Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut genehmigt, mit der der Nachweis der Zweisprachigkeit in Südtirol neu geregelt wird. Demnach wird es künftig Alternativen zum bisher einzig gültigen Nachweis in Form des Zweisprachigkeitsprüfungs-Diploms geben. Im historisch deutschsprachigen Land (mit ladinischen Minderheiten in Gröden und im Gadertal und einzelnen Italienern vor allem ganz im Süden) leben seit dessen Abtrennung von Österreich 1918 und der folgenden Zwangitalienisierung durch die italienischen Faschisten auch viele Italiener in Südtirol, vor allem in den Ballungsräumen. Seit 1992 gilt das sogenannte Autonomiestatut in Südtirol, das die Zweisprachigkeit (deutsch und italienisch) in Südtirol und auch die Vergabe von öffentlichen Stellen nach Sprachgruppenzugehörigkeit regelt.

Wie das Südtiroler Landespresseamt mitteilt, werden künftig die international anerkannten Sprachnachweise der Zweisprachigkeitsprüfung gleichgestellt. Es handelt sich hier etwa um die Diplome, die auf deutscher Seite das Goethe-Institut oder dessen italienisches Pendant, das Dante-Alighieri-Institut, verleihen. “Es gibt ein Verzeichnis der Institutionen, deren Diplome künftig anerkannt werden”, so Durnwalder. Sollte man mit einem solchen Diplom nur die Sprachkenntnisse in Deutsch oder Italienisch nachweisen können (und nicht in beiden Sprachen), muss man die Zweisprachigkeitsprüfung nur noch in der jeweils anderen Sprache ablegen.

Ebenfalls als Zweisprachigkeitsnachweis, und zwar als jener der Stufe “A”, gilt künftig, wenn jemand die Matura in einer Unterrichtssprache ablegt und danach ein Studium in der jeweils anderen Sprache abschließt. Selbiges gilt für jene, die ein Unistudium in der einen und danach ein darauf aufbauendes Studium, etwa einen Masterlehrgang, in der jeweils anderen Sprache abschließen. “Damit lösen wir das Problem des Sprachnachweises praxisnah, können wir doch davon ausgehen, dass jemand, der es schafft, die Matura in der einen und das Studium in der anderen Sprache zu absolvieren, die beiden Sprachen auch beherrscht”, so der Landeshauptmann, der sich erfreut darüber zeigt, dass mit der neuen Regelung auch die Forderung vom Tisch sei, allein die Matura als Zweisprachigkeitsnachweis anzuerkennen.

Durnwalder macht allerdings darauf aufmerksam, dass nicht der Ort des Studiums zähle, sondern die Sprache, die bei Vorlesungen und Prüfungen verwendet werde. “Studiert jemand in Italien, Vorlesungen und Prüfungen werden aber in Englisch abgehalten, gilt dieses Studium nicht als Sprachnachweis”, so der Landeshauptmann.

Bislang galt das Diplom der vom Land selbst organisierten Zweisprachigkeitsprüfungen in Südtirol als einziger offizieller Nachweis, der EU-Gerichtshof hatte allerdings Alternativen dazu eingefordert. Diese sind heute mit dem vom Ministerrat genehmigten, aus einem einzigen Artikel bestehenden Gesetzesvertretenden Dekret geschaffen worden. Mit dem Dekret werden fünf neue Absätze in die bestehende Regelung zum Nachweis der Zweisprachigkeit eingefügt, drei dieser Absätze stehen für jeweils eine neue Alternative zum bisherigen Nachweis. Bereits im Jahr 2000 hatte der Europäische Gerichtshof die bisherige Regelung des Nachweises der Zweisprachigkeit in Südtirol für unzulässig erklärt.

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Mittwoch, 6. Januar 2010, von Elmar Leimgruber

Wien: Italienischer Botschafter regt neues Toponomastik-Gesetz für Südtirol an

Massimo Spinetti, Italienischer Botschafter in Österreich
Foto: ambvienna.esteri.it

Am 20. Dezember letzten Jahres berichtete ich hier empört über die fehlende Unterschützung seitens der “Schutzmacht” Österreich für Südtirol in bezug auf die Ortsnamenfrage. Gerade noch in letzter Minute war in Rom durch Intervention rechter Abgeordneter ein beschlossenes Parlamentsgesetz wieder aufgehoben worden, mit dem das seit der Faschistenzeit bestehende Verbot der Verwendung deutscher Ortsnamen (die sogenannten Tolomei-Dekrete) in Südtirol aufgehoben hätte werden sollen. Aus Südtiroler Sicht bedeutet die Bestätigung dieser faschistischen Gesetze, dass die historischen deutschen Ortsnamen in Südtirol wiederum -wie seinerzeit- per Staats-Gesetz abgeschafft würden.

Dagegen protestierten nicht nur die regierende Südtiroler Volkspartei, sondern auch die deutschsprachigen Oppositionsparteien Südtirols: die Freiheitlichen, die Südtiroler Freiheit, die Union für Südtirol und -was bei solchen Themen seltenst vorkommt- auch die gemischtsprachigen Grünen. Nur das offizielle Österreich verharrte selbst trotz solch rarer Einigkeit in Südtirol in gleichgültigem Schweigen.

Und jetzt kommt plötzlich “Hilfe” in dieser Frage von gänzlich unerwarteter Seite: Ihr liege ein Brief von Massimo Spinetti, des italienischen Botschafters in Wien zu diesem Thema vor, berichtet die “Tiroler Tageszeitung” (TT) heute: Die Nichtaufhebung des Toponomastikdekretes von 1923 garantiere nur den Weiterbestand der (damals neu eingeführten) italienischen Ortsnamen auch heute und für die Zukunft. Dies ändere aber “absolut nichts” an der Erlaubnis der Verwendung der (historischen) deutschen Ortsnamen, schreibt demnach der Botschafter.

Die Verpflichtung zur Zweisprachigkeit in Südtirol sei sowieso später in den Pariser Verträgen vom 5. September 1946 zwischen Italien und Österreich festgelegt worden, in denen “auf Basis der Gleichberechtigung die Verwendung der deutschen und der italienischen Sprache bei öffentlichen Verwaltungen, in öffentlichen Dokumenten sowie in der zweisprachigen topographischen Nomenklatur” vorgesehen sei.

Laut Artikels 8 des Autonomiestatutes liege die Zuständigkeit in Bezug auf Ortsnamen “unter Beibehaltung der Verpflichtung zur Zweisprachigkeit” beim Land Südtirol. Und demnach stehe es dem Südtiroler Landtag frei, ein neues Ortsnamengesetz zu verabschieden, versicherte Spinetti laut TT.

Ja, wenn dem so ist, dann appelliere ich hiermit an die Südtiroler Landesregierung, raschestmöglich ein gutüberlegtes neues Toponomastikgesetz zu verabschieden. Bin jedenfalls gespannt, wie die Reaktionen aus Südtirol als auch jene der italienischen Rechten (die in Südtirol besonders stark vertreten sind) auf dieses Angebot des italienischen Botschafters in Wien sein werden.

In den letzten Wochen wird in Südtirol übrigens auch eifrig darüber diskutiert, Südtirolern (auf Wunsch) zusätzlich zur italienischen Staatsbürgerschaft auch die österreichische anzubieten; zudem müsse die Schutzmachtfunktion Österreichs ind er Verfassung verankert werden, fordert die Südtiroler Volkspartei unter Landeshauptmann Luis Durnwalder und Parteiobmann Richard Theiner. Dass Spinetti auch zu diesem Thema im Brief an die TT Stellung bezogen hätte, schreibt die Zeitung allerdings nicht.

Sonntag, 20. Dezember 2009, von Elmar Leimgruber

Südtirol: Wo bleibt die “Schutzmacht” Österreich?

Das italienische Parlament hatte schon vor Monaten beschlossen, faschistische Dekrete abzuschaffen und dies sollte vor wenigen Tagen in Kraft treten. Eigentlich lobenswert. Hätten da nicht in letzter Minute italienische rechte Abgeordnete dagegen interveniert. Und so wurde nichts daraus.
Die Folge ist, dass faschistische Gesetze, wie das, das ein Verbot aller historischen deutschsprachigen Ortsnamen in Südtirol vorsieht, weiterhin in Kraft bleiben.
Die deutschsprachigen Oppositionsparteien in Südtirol laufen Sturm dagegen und sogar die Südtiroler Volkspartei (SVP) tritt überraschend scharf gegen diesen Affront auf die Südtiroler Bevölkerung auf. Und selbst die Südtiroler Grünen, die als volksgruppenübergreifende Partei üblicherweise weit “versöhnlichere” Töne von sich geben, sind über diese Rückwärtsgewandheit der italienischen Regierung erbost.

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Aufwiedersehen Südtirol. Foto: Elmar Leimgruber

Und wo bleibt die Entrüstung der Schutzmacht Österreich?
Man hüllt sich -wie üblich- in zurückhaltendes Schweigen, ausser wer erdreistet sich (wie das unlängst mal wer unverfroren gewagt hat), für Südtirol die Selbstbestimmung zu fordern…

Geschichtliches für Näherinteressierte zu diesem Thema findet sich u.a. bei Wikipedia und natürlich auch im Buchhandel.