Mit ‘Reinwald Kranner’ getaggte Artikel

Montag, 25. März 2024, von Elmar Leimgruber

Bühne Baden versenkt die Titanic (Kulturkritik)

Der wahre Stolz der Kreuzfahrt-Flotte, der auf seiner Jungfernfahrt einen Eisberg rammt und  in den Tiefen des Meeres versinkt:
Wie bringt man diesen Inhalt auf die Bühne?

Entweder mit technischer “Magie”, oder aber, indem der Inhalt so glaubwürdig dargeboten wird, dass das Publikum die Tragik wahrnimmt, obwohl sie diese nicht sieht.

Für die zweitere -zugegebenermassen herausforderndere- Variante hat sich die Bühne Baden bei Wien entschieden:

Das Musical “Titanic” von Maury Yeston (Musik und Liedtexte) und Peter Stone (Story und Buch) in der Badener Inszenierung und Choreographie von Leonard Prinsloo (Bühne: Carlos Santos) ist optisch spartanisch gehalten. Dennoch aber kommt der Inhalt durch das gesamte Ensemble so gut authentisch beim Publikum an, dass man sich dem tragischen Geschehen an Bord der Titanic nicht entziehen kann.

Die Musik von Yeston ist grossartig und eigentlich noch viel zu unbekannt auf den grossen Bühnen dieser Welt. Und Victor Petrov treibt die musikalischen Leistungen des Orchesters der Bühne Baden an die Spitze der Emotionen.

Ein grosses Kompliment geht an die gesamte Belegschaft in Baden. Besonderes schauspielerisches Lob gilt jedoch Martin Berger als Konstrukteur Thomas Andrews, Reinwald Kranner als egomanischer Schiffseigner Bruce Ismay, Robert David Marx als Heizer sowie an Sebastian Brummer als Funker.

Bleibt zu hoffen, dass die “Titanic” bald wieder nach Baden zurückkehrt oder zumindest in einer Tonaufnahme (besser noch als Videoproduktion) erscheinen wird.

Nähere Informationen zum Musical gibts hier: https://www.buehnebaden.at/de/produktionen/titanic/969

Mittwoch, 17. Oktober 2012, von Elmar Leimgruber

Willy Astor, der nachlachende Frohstoff

Es ist -und das muss ich einfach schreiben- immer wieder ein Vergnügen Willy Astor live zu erleben. Ich tat das in meinem Leben mittlerweile sicher schon zehn Mal und auch wenn ich im Laufe der Jahre seine Wortspiele schon großteils kenne: ich finde sie nach wie vor witzig. Zuletzt war Astor auch wieder im Wiener Metropol zu Gast, ein idealer Veranstaltungsort, in dem ich bereits Musicals wie “Non(n)sense” oder “Der Kleine “Horrorladen” und Kabarett vom Feinsten mit den Hektikern, mit Ottfried Fischer und mit Gunkl live erleben durfte: Das Ambiente passt, es ist einfach heimelig und man ist als Künstler mitten im Publikum. Eine ideale Bühne somit auch für Willy Astor.

Bereits 1987 veröffentlichte der Großmeister der überragenden Wortakrobatik aus München seine ersten Kabarettprogramme und seine musikalischen Nummern folgten sogleich. Und mittlerweile dürfte auch niemand mehr darüber trauern, dass Willy Astor nicht seinem erlernter Beruf Werkzeugmacher frönt, sondern sein Publikum unterhaltend gekonnt bearbeitet. Er wirkte an diesem Abend im Metropol zwar irgendwie müde (war dieser Abend ja auch der Abschluss seiner Österreich-Tour), aber er ist und bleibt sehenswert, auch weil sein Programm -wie von ihm gewohnt- erst nach 23.00 uhr endete. Neben vielen Klassikern gab Astor diesmal auch viele neue neue Wortreime, vor allem aus seiner aktuellen CD “Nachlachende Frohstoffe” sowie Witze aus seinem aktuellen Buch “Schelmpflicht: Wortspiel ist reinmeingebiet”. Und zum Abschluss gabs dieses Mal leider nur ein paar wenige Songs aus seinem “The Sound Of Islands”-Projekt.

Das Metropol selbst hat aktuell auch eigene Projekte laufen, darunter die Swing-Show “Strangers in the Night” mit Andy Lee Lang, Reinwald Kranner, Franziska Hetzel, Karola Niederhuber und Claudia Rohnefeld, die “Italienische Nacht” mit Eric Arno, Christian Deix und Rene Velazquez-Diaz sowie das Festival “Voice Mania”. Nähere Infos zum Programm sind online abrufbar.

Und hier können Sie in in die Wortakrobatik in Sprache und Musik von Willy Astor reinhören:

Montag, 1. Oktober 2012, von Elmar Leimgruber

Evita in Baden: Nur “nett” ist zu wenig

Jasmina Sakr, Franz Csencsits, Maya Hakvoort, Boris Pfeifer, Reinwald Kranner

Sie war bereits Kaiserin Elisabeth von Österreich und ist es es auch nach wie vor in Japan. Ich schätze sie sehr und ich liebe ihre Stimme. Und große Frauenrollen (wie jene von Sisi) liegen ihr grundsätzlich auch: Maya Hakvoort. Der holländische Musicalstar glänzte in den vergangenen Monaten zudem mit einem äußerst lobenswerten Solo-Programm. Und diesen Sommer war Maya in Baden erneut Evita, der strahlende, wenn auch keineswegs unproblematische Polit-Star Argentiniens. Aber -wie schreibe ich es am besten- irgendwie war ich hier enttäuscht von der großen Maya Hakvoort.

Sie ist dieser anspruchsvollen Rolle grundsätzlich zwar wohl gewachsen, so hoffe ich. So gibt es auch Songs, die sie grandios und in der nötigen Professionalität interpretiert. Dennoch darf besonders jener Song, auf den alle warten, nicht ohne große innere Stärke gesungen werden: “Ruf nicht nach mir Argentinien” (wieso heisst der unbegreiflicherweise in Baden so, wo ihn jedermann mit dem Text “Wein nicht um mich Argentinien” (deutscher Text: Michael Kunze) kennt und er im englischen Original auch “Don’t cry for me Argentina”  lautet?) zieht den Zuschauer zwar gleich auch von der Inszenierung her in den Bann, aber dann ist weder Maya präsent als Evita noch der Zuschauer bei ihr, bis es ihr erst wieder mühsam gelingt, das Publikum zurückzuerobern.

Zusammengefasst: Wo Maya in Evita auf der Bühne Baden die starke selbstbewusste Frau (welche sie zweifelsohne ist) spielen und singen darf, die sich dem Willen anderer widersetzt, ist sie schauspielerisch und gesanglich jene starke kraftvolle Maya, die man sich von ihr erwartet. Andere für diese Rolle aber genauso wichtigen Empfindungen (aktiv verführen, aufgeben und Abschied nehmen müssen) dürften ihr jedoch zu schwer fallen. Zudem stören manche ihrer rausgequetschten tiefen -vielleicht durch Tabakkonsum verstärkt schmutzigen- Töne (die beispielsweise in “Cabaret” vielleicht ideal wären) in diesem Musical ganz gewaltig.

Schlussapplaus für Evita in Baden

Eine wirkliche positive Überraschung jedoch ist Boris Pfeifer als Che: dieser Mann ist in dieser Rolle schauspielerisch wie gesanglich vorbildlich und lässt keine musikalischen Wünsche offen. Ebenfalls großartig auch Reinwald Kranner als umwerfend lustiger und gesanglich vollends überzeugender Schlagerstar Augustin Magaldi und Jasmina Sakr als verstoßene Geliebte Perons. Franz Csencsits als Peron wirkt zwar optisch passend und schauspielerisch gut, jedoch ist er stimmlich leider vielfach zu leise und damit zu schwach.

Robert Herzl ist im Prinzip ein ausgezeichneter Regisseur, was bei Evita allerdings weit weniger zutrifft als bei anderen von ihm inszenierten Stücken: Hier stört mich vor allem, dass die Brutalität, mit der Peron seine politischen Gegener verfolgte, praktisch unsichtbar bleibt. Die Ankunft Evitas in Buenos Aires findet hier (wo real damit wohl jede Eindrücke verbunden sein dürften) vor leerer Kulisse statt und die Anfangsszene mit Beginn der Rückblende würde vermutlich -so inszeniert- niemand verstehen, der das Stück nicht vorher schon kannte. Ähnlich ergeht es mir mit dem Orchester: Es spielt unter der Leitung von Oliver Ostermann wirklich schön im Sinne von beinahe fehlerfrei, aber es musiziert nicht im eigentlichen Sinne: alles viel zu eintönig vom Tempo wie von der Stimmung: es gibt viel zu wenig notwendige Spannung vor allem in einem Stück, das eigentlich bewegen und mitreißen muss.

Evita in Baden ist also (leider nur) recht nett und -allein schon wegen Boris Pfeifer und Reinwald Kranner in ihren Glanzrollensicher- sicher sehenswert,. Es wäre aber viel mehr sowohl von der Inszenierung als auch von der musikalischen und solistischen Qualität rauszuholen aus diesem großartigen Werk von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice. Und falls Evita wiederum nach Baden kommt -was wünschenswert ist- würde mehr professionelle Ernsthaftigkeit sicherlich zu einer besseren Kritik führen. Aktuell aber man sollte insgesamt keine zu hohen Erwartungen mitbringen: die würden wohl nur enttäuscht.

Und hier können Sie in Aufnamen des Musicals “Evita” reinhören: