Der Entwurf für das Bundes-Budget 2011 muss laut österreichischer Verfassung bis zum 22. Oktober vorgelegt werden. Die Regierungskoalition aus SPÖ und ÖVP aber weigert sich nach wie vor beharrlich, diesen vorgeschriebenen Termin auch einzuhalten. Als Begründung für diese Verzögerungstaktik heisst es von Seiten der Regierung, man werde das Budget deshalb erst im Dezember vorlegen, weil man erst bis dahin die genaue wirtschaftliche Entwicklung kennen werde und so konkret wie möglich reagieren wolle. Also bitte: so gehts wirklich nicht!
Die wichtigen österreichischen Landtagswahlen in der Steiermark finden voraussichtlich (Stichtag der Bekanntgabe: 20. Juli) am 26. September statt, jene in Wien, wie seit einigen Tagen offiziell bekannt ist, am 10. Oktober. Es ist zu offensichtlich, was hier gespielt wird und es ärgert mich, dass der nach eigenen Angaben so “unabhängige” Bundespräsident Heinz Fischer zwar klare Worte (vollkommen zu Recht!) bezüglich der Kärntner Ortstafelfrage findet und hier den langjährigen SPÖ-Standpunkt (also den Standpunkt seiner Partei) einnimmt, jedoch offenbar kein Problem mit dem geplanten Verfassungsbruch der Regierung hat. Das ist ungeheuerlich und unzumutbar.
Um die eigenen Wähler mit unangenehmen Themen wie Steuererhöhungen und Kürzungen im Sozialbereich nicht unnötig zu “verunsichern”, verschiebt man das ganze leidige Thema einfach auf die Zeit nach den Wahlen. Zu verlieren haben in der Tat beide Regierungsparteien:
Die SPÖ unter Kanzler Faymann will -koste es, was es wolle- ihre beiden Landshauptleute Häupl in Wien und Voves in der Steiermark unbedingt halten und es wäre eine Katastrophe für die SPÖ, würde sie auch nur einen der beiden als Landeschef verlieren. Und die ÖVP unter Vizekanzler Pröll möchte zumindest den vor Jahren an die SPÖ verlorenen Landeshauptmannsitz in der Steiermark zurückerobern, was vor allem dann fraglich wäre, wenn er seine Stammwähler mit neuen Steuern und Sozialkürzungen verärgern würde.
Was die beiden Parteien aber offenbar nicht bewusst ist: die Menschen lassen sich in diesem konkreten Fall mal glücklicherweise nicht für dumm verkaufen!
Würde heute auch auch nur einer der beiden versprechen, dass es keine neuen Steuern geben wird und dass es im Sozialbereich zu keinen Kürzungen kommen wird: er würde öffentlich als Lügner dastehen und er würde -davon bin ich überzeugt- auch von den Wählern abgestraft. Das wagt man ja auch wieder nicht anzukündigen. Aber wenn es schon so ist und wenn schon jeder in Österreich weiss: Der Solidarbeitrag für Griechenland, die Finanzspritzen für die Banken und die politische Arbeit für die Zukunft kosten nun mal Geld.
Ihr Leute in der Regierung: Wir wissen, dass Grosses und Schmerzhaftes auf uns zukommt. Und daher: Sagt uns endlich, was Sache ist! Sagt jetzt (es ist eh Sommerloch) , was an neuen Steuern auf uns zukommt und welche Einschnitte es im Sozialbereich geben wird.
Dann reden wir darüber, ob es ausgewogen ist, was ihr euch überlegt habt. Und dann reden wir darüber und dann raufen wir (bzw. alle unsere gewählten Vertreter im Parlament) uns zusammen. Und dann beschliesst ihr das neue Budget, das möglichst ausgewogen sein möge. Dann können wir (weil auf möglichst breitem Konsens beruhend) auch dahinter stehen, obwohl es schmerzhaft ist.
Aber diese aktuelle Verlogenheit und Mutlosigkeit kotzt uns einfach nur an!
Und ich bin froh, dass die sonst sehr entgegengesetzt denkende Opposition (FPÖ, Grüne, BZÖ) da einer Meinung mit grossen Teilen der Bevölkerung (aus allen Parteien ist: Laut einer Umfrage für die Samstag-Ausgabe der Tageszeitung “Österreich” (400 Befragte, Zeitraum 8./9. Juli) sind 85 Prozent dafür, dass Österreichs Regierung das Budget bis zum verfassungsmäßig vorgeschriebenen Termin im Oktober fertigstellt. Die Regierungsmitglieder und Parlamentarier sollen dafür im Sommer durcharbeiten und auf ihre Ferien verzichten. Diese Forderung findet auch bei Anhängern der Regierungsparteien Zustimmung: 75 Prozent der SPÖ- und 80 Prozent der ÖVP-Wähler sind dafür.
Und auch wenn ich Umfragen von “Österreich” ansonsten nicht sehr ernst nehme: in diesem Fall bin ich davon überzeugt: Bei jeder einigewrmassen seriös durchgeführten Umfrage kommt ein ähnliches Ergebnis zustande: Die Bevölkerung will -zumindest in diesem Fall mal- nicht belogen und betrogen werden, sondern sie will die Wahrheit wissen: Was kommt konkret auf uns zu?
Und wer weiss, vielleicht gewinnen ja diesmal sogar jene Parteien, die es wagen, die Wahrheit zu sagen. Vielleicht werden die Regierungsparteien ja auch reichlich belohnt bei den Landtagswahlen, wenn sie es wagen, wirklich die Wahrheit zu sagen. Und zwar schon vor den Wahlen. Die Wahrheit ist uns und auch euch zumutbar!
Ich wünsche allen Politikern, vor allem den Regierenden, diesen Mut zur Wahrheit und zur Offenheit von ganzem Herzen. Für Österreich.