Mit ‘Terrorismusbekämpfung’ getaggte Artikel

Mittwoch, 14. Januar 2015, von Elmar Leimgruber

Österreich: Weltreligionen und Staat gemeinsam gegen Terrorismus

Zu einem wohl einmaligen Schulterschluss zwischen dem Staat Österreich und der in Österreich vertreetenen monotheistischen Weltreligionen (Christentum, Judentum, Islam) kam es gestern, Dienstag, in Wien. In einem gemeinsamen Statement, das auch von Bundespräsident Heinz Fischer unterzeichnet ist, betonen die Religionsvertreter ihre Ablehnung von Gewalt und Terrorismus und gegenseitigen Respekt für das, “was dem anderen heilig ist”.

“Werte und Prinzipien, die über Jahrhunderte hinweg erarbeitet und entwickelt wurden, wie Menschenwürde, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, kann der Fanatismus irregeleiteter Menschen auch mit Gewalt und Terror nicht aus der Welt schaffen”, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die Bundespräsident Heinz Fischer in der Präsidentschaftskanzlei vorstellte.

“Gewalt im Namen Gottes ist für Gläubige gleich welcher Religion die größte Blasphemie,” hatte der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn bereits in einer ersten Reaktion auf die Mordanschläge in Paris reagiert: “Du sollst den Namen Gottes nicht verunehren”, das zweite der zehn Gebote gelte nicht nur für Juden und Christen, sondern sinngemäß für jeden religiösen Menschen, hatte der Wiener Erzbischof weiter ausgeführt.

Der gemeinsamem Erklärung von Kirche und Staat war ein Treffen des Bundespräsidenten mit Kardinal Christoph Schönborn, IGGiÖ (Isalamische Glaubensgemeinschaft in Österreich) -Präsident Fuad Sanac, Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg, Bischof Michael Bünker, Superintendent Lothar Pöll sowie Bischofsvikar Iaonnis Nikolitsis vorausgegangen. Dazu stießen die Minister Sebastian Kurz und Josef Ostermayer.

Ergebnis der Erklärung war neben dem gemeinsamen Bekenntnis zu Menschenrechten und demokratischen Werten die “Abscheu” über die terroristischen Verbrechen und die Solidarität mit den Opfern, die unterschiedlichen Religionen angehören, und deren Angehörigen. das verlange eine “brüderliche Zusammenarbeit” der abrahamitischen Religionen, denn – wie es in der gemeinsamen Erklärung heißt -”Bibel, Tora und Koran sind Bücher der Liebe, nicht des Hasses”.

Kardinal Schönborn unterstrich das nach wie vor gute Verhältnis unter den Religionsgemeinschaften in Österreich und mahnte Respekt vor dem ein, “was anderen heilig ist”: Jede Form von Gewalt als Antwort auf Beleidigungen der Religion seien abzulehnen, der Rechtsstaat stelle dafür geeignete und ausreichende juridische Mittel zur Verfügung. Der Kardinal erinnerte zugleich an die hetzerischen antisemitischen Karikaturen in der NS-Zeit, auf die staatliche Behörden damals mit “hämischem Einverständnis” reagiert hätten. Dieser Blick in die Geschichte sollte auch heute “nachdenklich machen”, wenn es um das Ausreizen künstlerischer Freiheit geht, mahnte Schönborn.

Und hier die gemeinsame Erklärung von Bundespräsident Heinz Fischer, Kardinal Christoph Schönborn, Bischof Michael Bünker, Bischofsvikar Iaonnis Nikolitsis, Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg, IGGIÖ-Präsident Fuat Sanac und Superintendent Lothar Pöll über gemeinsame Positionen und Werte vor dem Hintergrund des Mordanschlags in Paris vom 7. Jänner im Wortlaut:

Wien, 13. Jänner 2015

Gemeinsame Erklärung:

In der vergangenen Woche hat es in Paris einen sich über drei Tage hinziehenden Terroranschlag von islamistischen Fanatikern mit zahlreichen Todesopfern gegeben.
In einer solchen Situation ist Klugheit und Verantwortungsbewusstsein erforderlich.
Frankreich hat dies in einer imposanten und eindrucksvollen Kundgebung am vergangenen Sonntag getan.
Auch in Österreich hat es eine beeindruckende Zahl von Reaktionen der Solidarität und des Mitgefühls gegeben.
Die Bundesregierung hat für vergangenen Sonntag, den 11. Jänner, zu einer öffentlichen Kundgebung auf dem Ballhausplatz zwischen Hofburg und Bundeskanzleramt gemeinsam mit den gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften eingeladen, um ein Zeichen der Betroffenheit, der Solidarität und der Entschlossenheit im Kampf gegen den Terror zu setzen.
Bei dieser Veranstaltung wurde eine Erklärung der Bundesregierung vorgetragen, in der die Lehren aus der Geschichte bekräftigt wurden, unser Bekenntnis zu Menschrechten, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit bekräftigt wurde und in der zur gemeinsamen Verteidigung unserer Werte und Prinzipien aufgerufen wurde.
Als weiteren Schritt hat der Bundespräsident Vertreter der drei größten Religionsgemeinschaften in Österreich, nämlich des Christentums, des Islams und des Judentums sowie zwei Vertreter der Bundesregierung eingeladen, um in diesem Kreis Gedanken auszutauschen und gemeinsame Positionen zu definieren.
Folgendes stand und steht dabei im Vordergrund:

1. Unsere Abscheu in Bezug auf die in Frankreich begangenen Verbrechen.

2. Unsere Solidarität mit den Opfern und deren Angehörigen.

3. Eine Warnung vor weiterem Blutvergießen: Es gibt kein Anliegen der Welt, schon gar kein religiöses Anliegen, dem man mit Mord- und Totschlag dienen oder nützen kann.

4. Werte und Prinzipien, die über Jahrhunderte hinweg erarbeitet und entwickelt wurden, wie Menschenwürde, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, kann der Fanatismus irregeleiteter Menschen auch mit Gewalt und Terror nicht aus der Welt schaffen.

5. In Österreich sind Staat und Kirche getrennt. Das ist aber kein Hindernis, bei der Abwehr von Terror sowie bei der Verteidigung von Demokratie, Menschenwürde und Menschenrechten zusammenzuarbeiten. Im Gegenteil: Diese Zusammenarbeit ist wertvoll und wichtig.

6. Bei den Terroranschlägen in Frankreich sind Christen, Juden, Muslime und vielleicht auch Menschen ohne religiöse Bindung ums Leben gekommen.
Aus diesen und vielen anderen Gründen ist die brüderliche Zusammenarbeit von Christen, Juden und Muslimen, in die auch die anderen gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften sowie Menschen ohne religiöse Bindungen einbezogen und willkommen sind, besonders wichtig.

7. Meinungsfreiheit und der Respekt vor dem, was anderen Menschen heilig ist, sind hohe Rechtsgüter, die ebenso gut nebeneinander existieren können wie Meinungsfreiheit und der Schutz vor Verleumdung und Beleidigung.

8. Christen, Juden und Muslime in Österreich sind vereint im Bekenntnis zum Rechtsstaat, in der Achtung vor unseren Mitmenschen und deren Überzeugungen und in der selbstverständlichen entschiedenen Ablehnung von Terror und Gewalt.
Wir bekräftigen den Satz:
Bibel, Tora und Koran sind Bücher der Liebe, nicht des Hasses.

9. Maßnahmen, die für die Zukunft mehr Sicherheit bewirken sollen, können nicht auf die Ausrüstung der Sicherheitsbehörden beschränkt sein, sondern müssen insbesondere auch Bildungspolitik und Integrationspolitik umfassen.

Dienstag, 19. Januar 2010, von Elmar Leimgruber

Nackt-Scanner erkennen Sprengstoff nicht wirklich

Letzte Woche berichtete ich hier, dass der Strahlungsbeauftragte der deutschen Bundesregierung sich aus gesundheitlichen Gründen gegen den Einsatz von sogenannten Nacktscannern aussprach.

In der ZDF-Sendung “Markus Lanz” (übrigens ein gebürtiger Südtiroler) wurden diese Geräte nun getestet. Und der Wiener Physiker Werner Gruber war als Experte geladen.

Und siehe da: die ach so sicheren Anti-Terror-Geräte erkannten weder eindeutig ein Taschenmesser, das Gruber bei sich trug, noch ein Fläschchen hochexplosiven sprengstoffähnlichen Stoffs (Thermit) noch ein Feuerzeug und weitere potentielle Anschlagsutensilien.

Wenn dem so ist, dann sollte schnellstens darauf verzichtet werden, weiteres unnötiges Geld in solche Geräte zu verschwenden. Und wenn man schon der Bevölkerung weismachen will, dass alles ihrer Sicherheit dient, dann sollte man auch besser Massnahmen treffen, die mit Sicherheit dazu geeignet sind, Terroranschläge auch tatsächlich zu verhindern.

Und hier ist das Originalvideo des ZDF zu diesem Thema: http://hstreaming.zdf.de/zdf/300/100113_scanner_mla.mov

Dienstag, 19. Januar 2010, von Elmar Leimgruber

Was macht einen Terroristen aus?

Wodurch begeht man eine terroristische Straftat? Ist jede gesetzlich strafbare Handlung (z.B. eine Besetzung) oder auch eine Demonstration vielleicht automatisch potentiell schon eine terroristische Aktion?

Ist es erst dann ein terroristischer Akt, wenn man eine vorher definierte terroristische Tat tatsächlich auch selbst durchführt? Wie ist es, wenn man sie finanziert? Ist es bereits Terrorismus, wenn man öffentlich darüber nachdenkt, dass und/oder wie eine solche Tat zu begehen wäre? Und vor allem: Ist man bereits ein Terrorist, wenn man medial dafür mobilisiert oder auch nur damit sympathisiert oder wenn man sachlich korrekt darüber berichtet?

Vergangenen Freitag endete die Begutachtungsfrist zum so genannten österreichischen Terrorismuspräventionsgesetz 2010. Die Novelle sieht vor, künftig auch die Aufforderung zu terroristischen Straftaten sowie deren “Gutheißung” unter Strafe zu stellen. Daher meine obigen Fragen dazu.

Österreichs Spezialeinheit COBRA
Foto: BMI

Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) tritt in einer Aussendung vor allem der beabsichtigten Erweiterung des Katalogs terroristischer Straftaten entschieden entgegen. “Bedenklich stimmt, dass abermals rechtsstaatliche Grundsätze unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung über Bord geworfen werden”, kritisiert ÖRAK-Präsident Dr. Gerhard Benn-Ibler:

Vor allem der Tatbestand der “Gutheißung” öffne potenziellem Missbrauch Tür und Tor. Laut Entwuf ist künftig der zu bestrafen, der eine terroristische Straftat in einer Art gutheißt, die geeignet ist, das allgemeine Rechtsempfinden zu empören oder zur Begehung einer solchen Handlung aufzurufen. “Diese Strafbestimmung ist geeignet, eine offene Diskussion der Erscheinungen des Terrorismus zu erschweren”, erklärt Benn-Ibler, “und stellt daher einen Angriff auf die Meinungsfreiheit in Österreich dar”.

Es bestehe dann die Gefahr einer Pönalisierung von Auseinandersetzungen über historische, wirtschaftliche oder kulturelle Ursachen von Terroranschlägen. “Die Pönalisierung des so genannten Gutheißens terroristischer Straftaten, so verwerflich diese auch sind, schafft jedenfalls eine Gefahr, die ihre denkbaren Vorteile überwiegt”, ist Benn-Ibler besorgt über die weitreichenden Folgen. Der vorliegende Entwurf findet daher nicht die Zustimmung der Rechtsanwaltschaft.

Auch der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) brachte bei der Parlamentsdirektion und im Justizministerium eine Stellungnahme zur geplanten Gesetzesnovelle ein:

Er begrüßt zwar grundsätzlich den Willen des Gesetzgebers, die Vorbereitung einer terroristischen Handlung unter Strafe zu stellen. “Aus der Sicht der Journalisten bringen aber die angedachten Gesetzesänderungen einige Probleme mit sich. Besonders der § 278f „Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat“ bringt eine dramatische Einengung der Berichtsmöglichkeit für Medienmitarbeiter und gleicht einer Zensurmaßnahme.” Diese Bestimmungen machten es Journalisten nahezu unmöglich, über Missstände zu berichten.

Aufgabe des investigativen Journalismus sei aber die Aufdeckung von Missständen, wozu zum Beispiel auch “die schlampige Handhabung von Sicherheitsmaßnahmen auf einem Flughafen” gehöre. Diese Aufdeckungen hätten in der vergangenen Zeit dafür gesorgt, “dass Schwachstellen aufgrund dieser Berichte dann tatsächlich verbessert wurden und in Folge dessen vielleicht sogar zur Verhinderung eines terroristischen Anschlags beigetragen haben”.

Die COBRA im Einsatztraining
Foto: BMI

Für den ÖJC ist dieser Paragraf im Zusammenspiel mit der geplanten Verschärfung des Medienrechtes “ein weiterer Versuch, die Arbeit des Journalisten zu kriminalisieren. Journalistische Berichterstattung über gefährliche Missstände im Sicherheitswesen können mit den Tatverdacht des nicht sachlich definierbaren Begriffs „Aufreizung“ zu einer Verurteilung eines Journalisten führen”, kritisiert der ÖJC. Fachmedien, die sich mit dem Sicherheitsthemen beschäftigen wäre zudem die Existenzgrundlage entzogen, wenn nicht anhand konkreter Tatsachen über Schwachpunkte von Sicherheitseinrichtungen berichtet werden darf.

Der Journalistenclub fordert daher “die ersatzlose Streichung des Paragrafen 278f StGB, da er einerseits die Pressefreiheit drastisch einschränkt und andererseits keine Straftat und deren Vorbereitung oder aber auch die Verleitung dazu verhindern wird können”.

Ich habe zu Beginn dieses Artikel bereits einige Fragen gestellt, die meines Erachtens vor der Verabschiedung eines Gesetzes beantwortet werden müssten und die, wenn es schon zu einer Gesetzesverschärfung kommt, auf jedem Fall auch im Gesetzestext klar genannt und geregelt sein sollten. Denn es kann nicht sein, sondern stellte wohl auch eine Überforderung dar, würde man von jedem Richter erwarten, selbst von Fall zu Fall entscheiden zu müssen, was Terror ist.

Tatsächlich terroristische Handlungen (z.B. Anschläge, Morde, bewafftete Gruppenbildungen, Überfälle…) medial zu bewerben oder gutzuheissen wäre meines Erachtens vollkommen unverantwortlich. Und im Zusammenhang mit dem sogenannten investigativen Journalismus erwarte ich mir schon auch mehr Verantwortungsbewusstsein anstelle von billiger Sensationslust von Seiten mancher Medien, gerade was “Sicherheitslücken” betrifft. Um das mit einem Beispiel zu belegen: Wenn ich als wichtiges Magazin darüber berichte, dass es erstaunlich ist, dass die hochprominente Familie XY nicht nur keine Leibwächter hat, sonderen deren Haus nicht einmal alarmanlagengeschützt ist, dann wird die betroffene Familie zwar wohl rasch für Sicherheitsmassnahmen sorgen (reicht es nicht, wenn ich die Betroffenen auf ihre Sicherheitslücken aufmerksam mache? Muss ich darüber berichten?), aber vielleicht kommen diese zu spät, weil meine Story sofort Verbrecher anlockt…

Andererseits: Nur sachlich korrekt darüber zu berichten, was geschieht, bedeutet keinesfalls eine Aufforderung oder Gutheissung dessen.

Zusammengefasst: Es muss im Interesse aller (auch aller Medien) liegen, echten Terrorismus (und zuvor muss definitiv abgeklärt werden, was da alles dazugehört) zu bekämpfen, und dem weder eine Plattform noch Werbemöglichkeiten zu bieten und ihn erst recht nicht gutzuheissen. Eine objektive und sachliche mediale Berichterstattung ist ja auch niemals eine Terrorismusförderung oder gar -gutheissung.

Die Bevölkerung hat das Recht auf unzensorierte Informationen. Die freie Meinungsäusserung und die Pressefreiheit sind Grundwerte einer demokratischen Gesellschaft und dürfen also niemals zugunsten des sogenannten “Kampfes gegen den Terror” geopfert werden. Und daher sind auch gesetzliche Versuche einer Internetzensur (wie aktuell beispielsweise im angeblich liberalen Frankreich) strikt abzulehnen.

Jeder aber, der publizistisch oder anderweitig (z.B. als Unterrichtender) an der öffentlichen Meinungsbildung mitwirkt, trägt eine überaus grosse Verantwortung, nicht nur für sich, sondern mit für all jene, die er erreicht und mitprägt. Dieser Verantwortung muss man sich -auch als Journalist- bewusst sein und gewissenhaft zugunsten des Allgemeinwohls (=das Wohl aller) handeln.