Mit ‘Wahlrecht’ getaggte Artikel

Mittwoch, 13. Februar 2013, von Elmar Leimgruber

Polemische ORF-Senioren-Hetze: Dennoch keine Senioren-Nessel

Zunächst die Info zur Veranstaltung, anschließend folgt der Kommentar dazu.

Info:

Am 12. Februar wurden auf Einladung von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer im Budgetsaal des Parlaments seitens des Österreichischen Seniorenrates (Präsidenten Karl Blecha und Andreas Khol) (ÖSR) und des Österreichischen Journalisten Club (ÖJC) die Preisträger der Senioren-Medienpreise “Senioren-Rose” und “Senioren-Nessel” für 2012 vor den rund 150 Gästen bekannt gegeben. Die “Senioren-Nessel” wird jenen überreicht, die in der Auswahl von Wort und Bild weiterhin mit längst überholten schablonenartig vorgefassten Meinungen arbeiten. Die “Senioren-Rose” wird an jene verliehen, die sich einer zeitgemäßen Darstellung der Lebensrealitäten der Senioren bedienen.

Die vollständige Preisverleihung inklusive Laudatoren-Reden ist hier als Video abrufbar.

Die Prämierten:

Als besonders erfreulich wurde es gewertet, dass – wie im Vorjahr – keine Senioren-Nessel in der Kategorie Werbung vergeben werden musste.

Die Senioren-Nessel in der Kategorie Journalismus ging an die Tageszeitung HEUTE für ihren Artikel vom 22.3.2012 mit den Überschriften “Warum es sich neben einem Studenten leichter lebt als neben einer Oma” und “Die größten Plagen: Kontroll-Senioren”.

Für das Magazin des Österreichischen Roten Kreuzes HENRI Ausgabe 14/2012 gab es sowohl eine Rose-Nominierung als auch eine Nessel-Nominierung. Letztlich wurde die Nessel für das Titelbild bei HENRI mit einem Rollstuhlfahrer am Ende eines Steges, vor einem See und bei rot leuchtenden Himmel mit dem Titel “Der Preis des Alter(n)s” vergeben. Henri-Chefredakteur Robert Dempfer nahm den Preis persönlich entgegen und betonte, dass er die Rüge ernst nehme. Motiv bei der Auswahl des Bildes sei gewesen, genau die bereits genannten Klischees zu vermeiden und Dempfer strich hervor, dass das Bild auch so interpretiert werden könnte, dass ein in seiner Mobilität eingeschränkter (älterer) Mensch nach vorne in die Morgenröte blickt.

Die Senioren-Rose verliehen wurde für das Titelbild von “Leben & Freude” 01/2012 mit einem lebensechten und fröhlichem älteren Paar, dass sich über das Internet kennen gelernt hatte.

Erstmalig vergeben wurde in Sonderkategorie UN-belehrbare eine UN-ehrende Anerkennung. Diesen Preis erhielt die ORF TV-Information stellvertretend für alle Medien, die bei Berichten über das Pensionssystem oder das Alter auf nicht mehr zeitgemäße Archivbilder zurückgreifen. Laudator Oswald Klotz vom ÖJC führte bedauernd aus, dass es offensichtlich unmöglich sei jene klischeehaften Bilder von stockhaltenden Händen oder auf der Parkbank sitzenden und Tauben fütternden älteren Menschen aus den Archiven der Medien zu vertreiben.

Die Senioren-Rose in der Kategorie Werbung wurde für die Kampagne der Apothekerkammer “Ich liebe meine Apotheke, weil…” vergeben.

Die Senioren-Rose Journalismus wurde an das Profil für eine sehr ausgewogene Cover-Story “Oldtimer Rallye” über den Wandel der Generation 70 plus vom 16.1.2012. Besonders positiv zu bewerten ist bei dieser Preisvergabe, dass Profil zu den ersten Nessel-Preisträgern im Jahr 2009 gezählt hatte.

 

Kommentar:

Zunächst Dank an alle, die sich Gedanken über Senioren-Rose und Senioren-Rose machen und an den Seniorenrat und den ÖJC dafür, dass es diesen Preis gibt. Doch nach dem Lob folgt die Kritik:

ORF verwendet tagelang diese Grafik zur Senioren-Hetze: Alte zwingen Jungen ihren Willen auf. In dieser Grafik stimmen weder die Zahlen (siehe zweite Grafik mit 6000 Befragungen), noch kommen die 30 bis 59-Jährigen vor, um die Hetze noch klarer betreiben zu können.

Es hat wohl noch nie eine solch schockierend tagelang anhaltende seniorenfeindliche Aktion, vor allem nicht im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gegeben wie jene des ORF zusammen dem Politologen Peter Filzmaier im Anschluss an die Volksbefragung: In allen ZIBs und Sondersendungen des ORF wurde auch anhand einer einprägsamen, manipulativen Aufstellung (siehe Grafik links) gegen “die Alten” polemisiert, die “den Jungen” wieder mal ihrer Sicht der Dinge aufzwingen.Volksbefragung: Abstimmungsverhalten im Detail

Mal abgesehen davon, dass die angegebenen Daten, wie eine tatsächlich breitangelegte Statistik (siehe Grafik rechts) belegt, nicht stimmten (weil über Altergruppen hinweg eine Mehrheit von mindestens 53% für die Beibehaltung von Grundwehrdienst/Zivildienst stimmten), handelte es sich hier selbst bei (nichtvorhandener) Richtigkeit der Daten eindeutig um eine noch nie dagewesene mediale Hetze gegen Senioren.

Ich habe deswegen den ORF für die Journalismus-Senioren-Nessel vorgeschlagen, was bedauerlicherweise leider ignoriert wurde. Die ORF TV-Information erhielt zwar lobenswerterweise eine UN-ehrenhafte Anerkennung für die Bedienung von Alten-Klischees, jedoch nicht für die weit schwerwiegendere tagelange ORF-Hetze gegen Senioren (diese wurde mit keinem Wort auf der Veranstaltung erwähnt), auf welche dann weitere Medien aufsprangen bis hin zur Forderung, dass man doch Senioren das Wahlrecht absprechen möge.

Wenn solche öffentlichkeitsprägende Anti-Senioren-Propaganda durch den ORF von der Jury der Senioren-Preise (aus falscher “Rücksicht?) nicht in aller Deutlichkeit verurteilt wird (dafür aber die Zeitschrift des Roten Kreuzes, welches wohl maßgeblich und vorbildlich ältere Menschen betreut, an den Pranger gestellt wird), dann stellt sich die Frage, ob solche Auszeichnungen in Zukunft überhaupt noch einen Sinn ergeben.

Freitag, 18. Januar 2013, von Elmar Leimgruber

Österreich entscheide frei! – Hintergrund zur Bundesheer-Volksbefragung

An sich kann ich -wie in meinen bisherigen Kommentaren zur Zukunft der Bundesheere unschwer zu erkennen- der Idee von Berufsheeren durchaus auch Positives abgewinnen, vor allem, wenn diese integrativer Bestandteil eines gesamteuropäischen Friedenskonzeptes  sind und somit in Folge auch der gesamteuropäischen oder zumindest der EU-Friedenssicherung dienen. Dann müsste dieser Plan aber zum einen tatsächlich (auch ohne Volksbefragung) in jedem europäischen Land umgesetzt werden und zum anderen müsste man vor allem im “neutralen” Land Österreich die Bevölkerung drauf hinweisen (Überzeugungsarbeit leisten), dass in einem geeinten Europa nicht nur eine gemeinsame Zentralregierung (EU-Wirtschaftsregierung) notwendig ist, sondern genauso auch eine gemeinsame europäische Friedenssicherung und Verteidigungsstruktur. Und Österreich ist und wird dann auch nicht (mehr) “neutral” sein.

Doch sind wir von diesem gesamteuropäischen idealistischen Gedanken schon in den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU meilenweit davon entfernt, da jedes Land sein eigenes nationales Süppchen kocht: in Wirtschaftsangelegenheiten genauso wie in der Landesverteidigung. In dieser EU -so wünschenswert es auch anders sein mag- sind wir politisch und militärisch nach wie vor uneins wie zu Zeiten vor dem Zerbrechen Jugoslawiens: wenn es hart auf hart geht, müssen die USA militärisch durchgreifen. So lange diese nationalistische Eigenbrötlerei in Europa kein Ende findet, ergibt daher auch ein gemeinsames aus Berufsheeren der einzelnen Mitglieds-Staaten bestehendes EU-Heer keinen Sinn. Aktuell ist diese gesamteuropäische Idee also nichts als Illusion und Schall und Rauch.

Schon mangels einer wirklichen europäischen Verteidigungsstruktur und aufgrund der wohl in Österrreich vorherrschenden Überzeugung, dass die Neutralität des Landes ein unverzichtbarer Wert ist, sollte man in der Frage des österreichischen Bundesheeres (bei allen notwendigen unbedingt zu tätigenden Reformen) besser auf Bewährtes in Form der Wehrpflicht setzen, anstatt sich unsicheren Experimenten wie dem eines Berufsheeres auszusetzen.

Hinzu kommen zwei weitere Tatsachen, die mich in meiner Meinung bestärken: Wenn alle wichtigen Massen-Blätter des Landes (nach der vorherigen Umfärbung wichtigster Verantwortungsträger des ORF in rot) plötzlich für das Berufsheer mobilisieren, dann werde ich als überzeugter Demokrat skeptisch: Sollen hier tatsächlich möglichst viele Menschen in Österreich im großen Stil manipuliert, umprogrammiert und gleichgeschaltet werden?

Ja hält uns denn die SPÖ,  jene Partei, die hinter diesen Kampagnen für ein Berufsheer steckt, tatsächlich für so leicht manipulierbar? Sieht man Wahlergebnisse der vergangenen Jahre an, wo die Massen-Blätter für die SPÖ mobilsiert haben, könnte man diesen Eindruck tatsächlich als bestätigt erachten. Und wenn man beobachtet, wie unkritisch diese Blätter, welche bei Politikern anderer Parteien immer große Kampagnen fahren, dann plötzlich -wenn Korruption und Machtmissbrauch die SPÖ betreffen könnten- zurückhaltend, schweigend oder gar verteidigend für die SPÖ agieren: dann wird man als Gerechtigkeits-Freund und Demokrat hellwach.

Und dann bekommt Vieles -ansonsten vielleicht Übersehene- überraschend eine Bedeutung: Plötzlich gehts nicht mehr so offensichtlich um Inserate auf Kosten der Steuerzahler in diesen Blättern, weil man ja als Alibi-Aktion so genannte Transparenz-Gesetze beschlossen hat. Plötzlich gehts um die Substanz der Medien: will man nicht mehr -leider ohne Konsequenzen- querfinanzierte Inserate zur medialen Gleichschaltung bezahlen, gibts jetzt im entscheidenden Wahljahr plötzliche Versprechen des roten für Medien zuständigen Bundeskanzleramtes die Presseförderung (natürlich nicht auf SPÖ-Kosten, sondern ebenfalls auf Kosten der Steuerzahler) zu erhöhen. Ohne Gegenleistung selbstverständlich nicht, wie diese Blätter täglich aufs Neue beweisen.

Und als ob die Massenberieselung durch diese Billig- und Gratis-Blätter nicht schon genug Schaden zu Ungunsten des eigenständigen Denkens anrichten würde, werden hochgepuschte “Provokateure” und “Wutbürger” dazu eingesetzt, jene, die sich an der Volksbefragung beteiligen wollen und vielleicht nicht der öffentlich inszenierten Meinung entsprechend wählen könnten, durch Frustpredigten vom Gebrauch des Wahlrechts abzuhalten. Unverantwortlich sowas: Gerade in der wichtigen Frage der Landesverteidigung ist es selbstverständlich sinnvoll, den Souverän, das Volk in die Entscheidungsfindung mit einzubinden.

Und wer trotz allem noch unschlüssig ist, ob er an der Volksbefragung teilnehmen soll oder nicht, bekommt (zumindest in Wien) sicherheitshalber noch einen Brief (siehe Screenshot) der SPÖ-Spitze ins Haus mit dem Slogan “Wehrpflicht abschaffen sagt die Vernunft -und was sagen Sie?”

Egal um welchen Inhalt es geht: Diese Aussage unterstellt jedem Andersdenkenden Unvernunft: Welche Gefahr für die Demokratie bürgt eine solche Aussage! Und so agiert ausgerechnet eine Partei, die sich sozialdemokratisch nennt. Noch weniger ernst kann man nur  jene in den Reihen der Grünen und die KPÖ nehmen, die eine komplette Abschaffung des Bundesheers wollen: In Zeiten, in denen immer das Recht des Stärkeren gilt, wäre dies für Österreich Staats-Suizid. Ich bin ein überzeugter Pazifist. Aber jedes Land muss im Falle eines Falles in der Lage sein, sich und seine Menschen zu verteidigen.

Wollen Sie eine Partei unterstützen, die Andersdenkenden die Vernunft abspricht? Ich mit Sicherheit nicht.

Schon wegen dieser offensichtlichen Massenmanipulation (und natürlich hat das Ergebnis der Volksbefragung indirekt auch Einfluss auf die folgenden Nationalratswahlen 2013) auf allen Ebenen und der Verweigerung der Aussage, dass mit einem Berufsheer selbstverständlich in Folge auch Österreichs Neutralität fällt, bin ich mittlerweile strikt für den Grundwehrdienst und für den Zivildienst. Und dies schon mal unabhängig davon, dass sowohl Zivildienst als auch Katastrophenschutz mit einer kleinen Berufsheer-Truppe nicht gewährleistet werden können: Was spricht wirklich dagegen, dass jeder Staatsbürger auch (nicht nur freiwillig, sondern verpflichtend) einen Beitrag für sein Land, die Gemeinschaft und seine Mitmenschen leistet (Solidargemeinschaft), entweder in Form des Grundwehrdienstes oder des Zivildienstes? Ich bin dafür!

Ich ersuche alle Wahlberechtigten, -bei aller Skepsis- sich für die direkte Demokratie zu entscheiden und an dieser Volksabstimmung teilzunehmen. Und ich appelliere dafür, sich vor einer Entscheidung pro oder contra Wehrdienst umfassend und vielseitig zu informieren und erst dann nach reiflicher Überlegung abzustimmen: Immerhin geht es um die Zukunft der Landesverteidigung Österreichs (oder Europas?) und auch darum, ob jeder -zumindest in kleinem Umfang- auch verpflichtend seinen Beitrag für die Allgemeinheit leisten soll oder nicht. Ich sage Ja!

Lassen Sie sich nicht manipulieren: von niemanden! Denken Sie eigenständig und frei! Entscheiden Sie selbst und wählen Sie!

Sonntag, 15. Mai 2011, von Elmar Leimgruber

ÖH-Wahlen vom 24. bis 26. Mai: Sei dabei!

Offizielle Infos zur ÖH-Wahl auf: wahl.oeh.ac.at

Vom 24. bis 26. Mai 2011 finden die Wahlen der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) statt. Die 2009 mögliche elektronische Wahlmöglichkeit über Internet ist heuer nicht möglich. Im Prinzip sind über 200.000 Studierende sind dazu aufgefordert eine neue “Exekutive der ÖH” zu wählen, im Prinzip deshalb, weil bedauerlicherweise ein Großteil der (natürlich weiblichen und männlichen) Studenten nicht an den Wahlen teilnimmt: 2009 beispielsweise hat sich nur ein Viertel der Wahlberechtigten an der Wahl seiner Studentenvertreter beteiligt.

Dies liegt in den den meisten Fällen sicher nicht am mangelnden Interesse der Studenten an der Universität, sondern vielmehr daran, dass jene Gruppierungen, die nach außen hin für die Hochschülerschaft allerseits präsent sind, keinesfalls die Meinung des Großteils der Studentinnen und Studenten wiedergeben, sondern im Gegenteil bei vielen direkt Beteiligten nur verständnisloses Kopfschütteln auslösen. Aber anstatt aktiven Einsatz für studentische Ziele zu betreiben, konzentrieren sich die meisten lieber auf ihr Studium (anstatt zu blockieren) und verweigern auch die Teilnahme an der ÖH-Wahl, während viele -vor allem linksorientierte- Langzeitstudenten natürlich ihre eigenen Privilegien, die sie als Studenten haben, auch durch das Wählen ihrer Gesinnungsgenossen erhalten wollen. Natürlich aber gilt mein Dank und Respekt jenen Studentenvertretern, die idealistisch und unbezahlt heute schon für ihre Kolleginnen und Kollegen tatsächlich studentische Hilfestellung leisten.

Natürlich aber ist es tragisch und bedenklich, wenn der Großteil der Studenten (knapp 75 Prozent) weder ihr Wahlrecht weder an einer vor Jahren stattfindenden Urabstimmung über die ÖH als Chance sah, tatsächlich was zu verändern, noch heute bereit ist, seine eigene, andere Meinung aktiv in die Hochschulpolitik einzubringen. Zweiteres hängt einerseits vielleicht mit Frust über die aktuellen Studentenvertreter und einer gewissen Ohnmacht diesen gegenüber zusammen, andererseits aber auch damit, dass ausschließlich den grossen Fraktionen in der ÖH das nötige Geld (der Studenten, denn es herrscht ja bedauerlicherweise eine ÖH-Zwangsmitgliedschaft aller an Österreichs Universitäten Studierenden) für Promotionzwecke zur Verfügung steht (sie zudem auch die Rückendeckung ihrer Parlamentsparteien genießen) und weswegen andere, kleinere, aber vielleicht vor allem inhaltlich weit interessantere  Fraktionen daher kaum wahrgenommen werden. Zudem fehlt Kleingruppen vielfach das nötige Kämpferische für studentische Ziele, was ihnen hoffentlich auch entsprechende Aufmerksamkeit bei den Studenten bescheren würde.

ÖH-Wahl-Flugzettel der Wiener Studenten-Fraktion Jes
Quelle: www.jes.or.at

Und dennoch gibt es sie immer wieder mal, eine kleine Gruppierung, die heuer wiederum bei der ÖH-Wahl antritt und eine echte Alternative zur Übermacht der großteils ausschließlich linken Standpunkte (selbst die angeblich der ÖVP nahestehende Aktionsgemeinschaft vertrat in der Vergangenheit vielfach dieselben politischen Standpunkte wie die grünen oder sozialistischen Studentenorganisationen; dies sollte sich schnellstens ändern) darstellen: die Junge Europäische Studenteninitiative (JES), die jedoch ausschließlich an der Uni Wien kandidiert und -so scheint es mir- leider sehr elitär denken dürfte (und was daher auch kaum mehrheitsfähig ist). Diese war seinerzeit eine der wenigen Studentenbewegungen, die der Pflichtmitgliedschaft in der ÖH ein Ende setzen wollten. Und heute trten sie vor allem für eine Entpolitisierung der ÖH ein, zumal diese ja immer wieder zu allen möglichen -auch studentenfernen- Themen Stellung bezieht und hier ihre ideologischen Botschaften auf Kosten aller Studenten breittritt. Insofern ist es lobenswert, dass wenigstens eine Fraktion dafür eintritt, dass die ÖH, wenn man denn schon als Student Zwangsmitglied dieser wird, eine reine Service-Einrichtung für Studenten wird anstatt dass das Studierenden-Geld weiterhin für ÖH-eigene Prestige- und Ideologisierungskampagnen verschwendet wird.

Und ja, eigentlich halte ich die ÖH, wie sie derzeit agiert, für kontraproduktiv, sinnlos und überflüssig, weil sie nur unnötig Studentengelder verschlingt, die dann einfach für ideologische und politische Ziele missbraucht werden. Da sie nun aber nun mal existiert (was sich wohl so schnell wohl auch nicht ändern wird) und im Grunde (unabhängig von ihrem aktuellen Fehlverhalten) durchaus ihre Existenzberechtigung als echte Standesvertretung aller (!) Studierenden wäre, appelliere ich eindringlich an alle Studentinnen und Studenten, sich mit Programm und bisherigen Taten aller bestehenden Studentenfraktionen (abrufbar hier) zu beschäftigen sowie mit bestem Wissen und Gewissen an der ÖH-Wahl teilzunehmen und damit ihre eigene Verantwortung wahrzunehmen. Nur dann kann sich in Zukunft an den Universitäten was ändern. An sich ist die Wahl zwar auch überflüssig, aber es wäre verantwortungslos, würde man diese Möglichkeiten der Mitbestimmung abschlagen: Demokratie und Mitbestimmung wollen aktiv gelebt und praktiziert werden.

Samstag, 9. Oktober 2010, von Elmar Leimgruber

Kommentar zur Wien-Wahl: Es muss anders werden!

Nein: Ich habe nicht grundsätzlich was gegen die SPÖ (Sozialdemokratische Partei Österreichs). Und ja: Ich habe ein schwerwiegendes Problem mit dieser aktuellen zutiefst undemokratischen, aber dafür zutiefst populistischen SPÖ. Und ja: Ich habe vor allem ein Problem mit der SPÖ Wien und hier konkret vor allem damit, dass eine einzige Partei Wien allein regiert. Dies ist -unabhängig davon, welche politische Farbe eine Partei auch immer haben mag- demokratiepolitisch höchst bedenklich und gefährlich.

Ich könnte jetzt natürlich -vollkommen zu Recht- darüber herziehen, dass seit einigen Jahren die Bundes-SPÖ zur österreichischen Wischi-Waschi-Kriecher-Populismuspartei Nummer 1 verkommen ist und soziales Gedankengut nur mehr dann vertritt, wenn auch die Kronenzeitung diesen Standpunkt vertritt, aber in der Flüchtlingsdebatte (wie unlängst im Burgenland) rechter steht als es die FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) während ihrer Regierungszeit jemals war, aber das wäre konkret einen eigenen Kommentar wert. Dem Glauben fern, auch nur den Geringsten davon überzeugen zu können, dass es wirklich anders werden muss in Wien, bin ich dennoch ein unverbesserlicher Optimist, der entgegen besserem Wissen schreibt.

Und nein: “Es geht auch anders” reicht bei weitem nicht, liebe devote Häupl-Füsse leckende Wiener ÖVP (Österreichische Volkspartei). Wenn was anders laufen soll, muss man auch dafür kämpfen und dem derzeitigen Wiener Alleinherrscher die Stirn bieten. Aber bedauerlicherweise seit ihr durch ein paar lukrative Posten und ein bissi Teilhabe an der der Häuplschen Macht schnell ruhig zu stellen. Oh würden nur alle in Wien so kämpfen für ihre Bürger wie die Löwin Stenzel in ihrem Ersten Bezirk. Es geht also nicht nur anders, sondern es muss anders werden. Und vor allem hört endlich auf mit eurem ekelig-abstossenden Häupl-Kuscheln, damit auch ihr wählbar werdet. Und: “schwarz ist geil” ist äusserst ungeil, wenn es vor allem “Partymachen” und “High Society spielen” bedeutet, was sich viele Jugendliche schon rein finanziell einfach nicht leisten können: Da muss die JVP zurückfinden zur Realität.

Und nein ihr Grüne Wiener Träumer: Weder kommt die die von euch geforderte Citymaut, noch die Öffi-Jahreskarte um 100 Euro. Und wenn ihr schon auf dem Standpunkt steht, dass alle Einwanderer willkomemn sind, dann wohnt gefälligst in jenen betroffenen Wiener Bezirken anstatt in den Nobelhochburgen Wiens und schickt eure Kinder in öffentliche Schulen anstatt in Privatinstitute. Und wenn ihr schon am Häupelschen Kuchen mitnaschen wollt, dann werdet zuerst endlich glaubwürdig und realistisch und vor allem: Hört endlich auf, auch noch die letzten Intellektuellen aus euren Reihen zu verbannen, sonst nimmt euch bald überhaupt keiner mehr ernst. Dabei hättet ihr tatsächlich das Potential gehabt, was zu verändern in Wien. Aber anstatt den Van der Bellen als Bürgermeisterkandidaten zu nominieren, der auch für viele Rote, Schwarze, Liberale und Sonstige eine echte Alternative zu Häupl gewesen wäre, habt ihr euch für männerfeindliche Frauenpower, Egotrips und Mobbing entschieden. Die Wähler werden euch abstrafen. Und vielleicht wird es dann auch bei euch anders werden: ich hoffe es.

Und dann tritt hier auch noch die KPÖ zur Wahl an, die es offensichtlich immer noch nicht überrissen hat, dass der Kommunismus überall, wo es ihn gab, nicht funktioniert hat, weil er absolut nicht funktionieren kann, auch wenn nicht jede Idee schlecht ist. Selbst Castro hat hier schon umgedacht, nur in Wien träumt man weiterhin davon. Echt arm.

Und du, HC, bist der einzige Mutige im Wiener Wahlkampf, der einzige, der es wagt, als Bürgermeisterkandidat gegen den Übervater Häupl anzutreten. Respekt. Aber: auch wenn es die SPÖ vormacht, wie geil Populismus ist und wiesehr man dafür geliebt wird: Sei du ein besserer Herausforderer: Wer Bürgermeister sein will, sollte mit Kompetenz und mit mehrheitsfähigen Sachthemen punkten und nicht mit naiver Hetze. Und nur zur Info: Blut ist das, was alle Menschen verbindet, egal welcher Rasse, Religion, Herkunft. Und das ist bedingungslos zu akzeptieren!

Und euch, BZÖ (Bündnis Zukunft Österreich) hatte ich eigentlich schon längst nicht mehr weder wahr- noch ernstgenommen. Und siehe da: Euer Bundesobmann hat plötzlich nicht mal unvernünftige Standpunkte zu verschiedenen Themen und als Spitzenkandidaten habt ihr zudem einen nominiert, von dem ich bis dahin nicht wusste, dass er irgendwo politisch aktiv ist, der mir aber als ORF-Wirtschaftsredakteur äusserst sympathisch war, vermochte er es doch, schwierige wirtschaftliche Sachverhalte beeindruckend einfach und allgemein verständlich darzustellen. Ja mit dem Sonnleitner ist euch ein kluger Schachzug gelungen. Ob er erfolgreich ist, wird sich weisen. Ich fürchte nein, denn die roten, schwarzen, blauen und grünen Stammwähler werden -sofern sie nicht zu Hause bleiben- ihre Lieblinge wählen, und der Rest wird wohl fleissigst den einen wählen, um den anderen zu verhindern (Häupl und Strache und umgekehrt). Und da werden euch Orangen wahrscheinlich nicht mehr viele Stimmen bleiben…

Und die Moral von der Geschicht: Häupl bleibt in jedem Fall Wiener Bürgermeister. Aber vielleicht gelingt es ja doch via Wahlergebnis, die SPÖ zu einer Koaltion -mit wem auch immer- zu bewegen. Sinnvoll wäre dies. Aber dann darf man als kritischer Demokrat natürlich nicht SPÖ wählen, was demokratiepolitisch und für die lebenswerteste Stadt der Welt ein riesiger Schritt hin zu noch mehr Lebensqualität und Vielfalt und Pluralismus -auch in der Stadtregierung- wäre.

Eine Senkung der öffentlichen Gebühren (Wien Holding bzw. Wiener Stadtwerke) wie Trinkwasser, Energie, Abwasser, Müllabfuhr, Wiener Linien wäre höchst angebracht (aber keine der anderen wahlkämpfenden Parteien hat hier realistisch durchführbare Vorschläge), was aber unter einer weiteren SPÖ-Alleinregierung sicherlich nicht passieren wird. Im Gegenteil: Die sinnlosen Wiener Volksbefragungen und die vielen wählereinlullenden Gratis-Festln der Stadt Wien mit ihren Betrieben in den letzten Monaten haben insgesamt ein Vermögen gekostet. Und das muss wieder rein und das wird natürlich in Form von stark erhöhten Gebühren einkassiert werden, natürlich erst nach der Wahl. Und auch dazu sage ich: So soll und darf es nicht weitergehen in Wien!

Aber wie auch immer Sie werte Leserinnen und Leser über die einzelnen Parteien in Wien denken: Ich bin ein unverbesserlicher Demokrat. Also schimpfen oder auf wienerisch “raunzen” allein genügt nicht:

Wer etwas bewirken, verändern oder aber auch bewahren will, kann dies nur mit dem Gebrauch seines Wahlrechts:

Und auch wenn Wahlen selten was verändern: Gehen sie zur Wahl, bestimmen Sie Ihre Zukunft mit! Und entscheiden Sie mit, ob weiterhin eine einzige Partei mit Narrenfreiheit über Wien regieren soll oder nicht! Seien Sie ein mündiger und verantwortungsbewusster Staatsbürger und geben Sie am 10.10.2010 Ihre Stimme ab! Nur wer mitwählt, hat das Recht, auch zu kritisieren.

Ich wünsche Wien und allen seinen Bürgern von Herzen eine bessere Zukunft. Vielleicht wird das Ergebnis der Gemeinderatswahlen ja dazu beitragen.

Dienstag, 16. Februar 2010, von Elmar Leimgruber

Wiener Volksbefragung: Doch Mehrheit für 24-Stunden U-Bahn am Wochenende

Wiens U-Bahn bei Nacht
Foto: wienerlinien.at

(Aufbau des Artikels: Der Bericht zuerst, meine Analyse folgt anschliessend in kursiv)

Nachdem die SPÖ schon vor einigen Tagen nach einem Auszählungsstand von nur 10 Prozent das “Ergebnis” bekannt gab, nach dem sich eine “Mehrheit” gegen die 24-Stunden U-Bahn am Wochenende aussprach:

Hier ist das vorläufige Endergebnis (mitgeteilt von der Stadt) der Wiener Volksbefragung vom 11. bis 13. Februar 2010:

Stimmberechtigt waren rund 1,1 Mio. WienerInnen. Die Beteiligung beträgt bis dato 26,04 %.

Nach einem Auszählungsgrad von 276.834 Stimmen ergibt sich für die einzelnen Fragen folgendes Zwischenergebnis:

     Frage: Sind Sie dafür, dass in Wien die Möglichkeit geschaffen
wird, neue Hausbesorger/innen (mit modernem Berufsbild) einzustellen?
  • Gültige Stimmen: 249.542
  • Ja: 84 % (210.286)
  • Nein: 16 % (39.256)
     Frage: Sind Sie für ein flächendeckendes Angebot
an Ganztagsschulen in Wien?
  • Gültige Stimmen: 245.798
  • Ja: 78 % (190.853)
  • Nein: 22 % (54.945)
     Frage: Soll in Wien eine Citymaut eingeführt werden?
  • Gültige Stimmen: 250.187
  • Ja: 23 % (58.505)
  • Nein: 77 % (191.682)
     Frage: Sind Sie dafür, dass die U-Bahn am Wochenende
auch in der Nacht fährt?
  • Gültige Stimmen: 251.072
  • Ja: 55 % (137.641)
  • Nein: 45 % (113.431)
     Frage: Sind Sie dafür, dass es in Wien für sogenannte "Kampfhunde"
einen verpflichtenden Hundeführschein geben soll?
  • Gültige Stimmen: 252.216
  • Ja: 90 % (227.701)
  • Nein: 10 % (24.515)

Das detaillierte Zwischenergebnis ist im Internet unter www.wahlen.wien.at abrufbar.

Ein endgültiges Ergebnis der Volksbefragung liegt erst nach der Auszählung der Briefstimmkarten, die bis zum 21. Februar 2010, 14.00 Uhr bei den Bezirkswahlbehörden eingelangt sind, vor.

Bei der Sitzung der Stadtwahlbehörde am 24. Februar 2010 wird das Ergebnis der Volksbefragung für ganz Wien beschlossen. Mit diesem Zeitpunkt gibt es das “Endergebnis der Stadtwahlbehörde”.

Nun kommt sie also doch, die 24-Stunden U-Bahn am Wochenende in Wien. Glück gehabt. Ich hatte schon befürchtet, dass zu viele Abstimmer auch in diesem Punkt dem Wunsch der SPÖ folgen würden und der entsprechenden Suggestivfrage mit den hohen Kosten zum Opfer fallen würden. Ich sah diese Volksbefragung insgesamt zwar genauso wie viele andere als sinnlos und als reine hochbezahlte Wahlwerbung und Marketing-Aktion der Wiener SPÖ auf Kosten der Steuerzahler (die 6,7 Mio. Euro Steuergelder für parteiliche Eigenwerbung sind ein Skandal!). Und dennoch habe ich dafür plädiert, daran teilzunehmen: Denn eine Volksbefragung ist eine der wenigen Möglichkeiten des “Fussvolkes”, auch aktiv in die Politik einzugreifen und mitzubestimmen. Die sollte man in jedem Fall nützen, wenn man nicht riskieren will, dass sowas in Zukunft nicht mehr durchgeführt wird.

Vor allem ist es für mich nicht nachvollziehbar, wenn es einerseits eine jahrelange Forderung der ÖVP ist, dass die U-Bahnen in Wien rund um die Uhr unterwegs sind, dass auch diese Frage von manchen ihrer Vertreter boykottiert wurden: Damit schadet man nicht -wie beabsichtigt- der SPÖ, sondern dem eigenen Anliegen. Die ÖVP hat Glück gehabt, dass offenbar nicht nur brave SPÖ-Partei-Soldaten an der Volksbefragung teilgenommen haben, sondern. Sonst wäre jetzt das Thema 24-Stunden U-Bahn für Wien ein für alle Mal weg vom Tisch. An sowas sollte man aber halt vorher schon denken…

Zu den weiteren Ergebnissen (und so hätte ich abgestimmt, wenn die Teilnahme an der für einen seit Jahren in Wien lebenden EU-Bürger möglich gewesen wäre):

Ein flächendeckendes Angebot für Ganztagsschulen in Wien ist ein Gebot der Stunde, zumal viele Eltern ganztägig berufstätig sind und es aus finanziellen Gründen auch teilweise sein müssen. Allerdings muss es weiterhin die Wahlmöglichkeit geben: Die Ganztagsschule muss also ein Angebot (wie es auch bei der Volksabstimmung genannt wurde) bleiben und darf keinesfalls verpflichtend für alle werden.

Dasselbe gilt auch für die Hausmeister: Die können ab einer bestimmten Hausgrösse (vor allem für Gebäuder der Stadt Wien, die diese auch selbst finanziert) sinnvoll sein, eine verpflichtende Einführung halte ich -schon aus finanziellen Gründen- für problematisch.

Und ja: gewisse Hunderassen sind von Natur aus als aggressiv und potentiell gefährlich einzustufen: Natürlich sollte solche Hunde nur jemand halten dürfen, der beweisen kann, dass er das wirklich bestimmende “Herrl” des Hundes ist.

Jetzt schon zahlen Autofahrer nicht nur Sprit (der hochbesteuert ist), sondern auch das Maut-Pickerl, selbst wenn sie Wien nur über die Süd-Ost-Tangente umfahren. Ein zusätzliches Abcashen der Autofahrer durch eine Citymaut (die Grünen streben eine solche ja an) halte ich daher nicht für sinnvoll. Dafür habe ich jetzt aber im Vorwahlkampf für den Wiener Gemeinderat und Landtag einige Vorschläge, um noch mehr Menschen zum Umstieg auf öffentliche Verkehrmittel zu bewegen:

- Die Park & Ride Parkplätze am Stadtrand sollten vergrössert und kostenlos werden (oder zumindest zu einem Günstigstjahresabo angeboten werden)

- Die Jahreskarte der Wiener Linien sollte (bei Gleichbleiben der sonstigen Tarife) von derzeit 449 Euro auf 362 Euro gesenkt werden; dies entspricht einem Tagessatz von 99 Cent. Die öffentlichen Verkehrmittel müssen einfach viel attraktiver werden und dies lässt sich vor allem durch den Preis regeln. Dieser Jahrespreis würde einerseits pro Fahrgast zwar Verluste bedeuten, aber zu ingesamt viel mehr Abonnenten führen.

- Und in einem weiteren Schritt müsste (gleichzeitig mit einem Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel) ein für den gesamten VOR-Bereich geltendes Jahresabo her, das so günstig ist, dass die Frage nach dem Verkehrsmittel für die Meisten eine klare Entscheidung für Öffis bedeutet.

Und nun bin ich gespannt, wie rasch die SPÖ die Ergebnisse der Volksbefragung umsetzen wird und ob sie sich auch Zukunftsgedanken über den Tag der Gemeinderatswahlen in Wien hinaus machen wird.

Mittwoch, 10. Februar 2010, von Elmar Leimgruber

Mein Appell: Nehmt teil an der sinnlosen Volksbefragung in Wien!

Alle Bilder in diesem Artikel: wienwillswissen.at

In Wien findet in dieser Woche vom 11. bis 13. Februar eine sogenannte Volksbefragung statt. Der Zeitpunkt ist taktisch klug gewählt, gibt es doch in diesem Jahr auch Gemeinderats- und Landtagswahlen in Wien: Der Wiener Bürgermeister ist gleichzeitig auch Landeshauptmann von Wien.

Vorausgeschickt: Ich bin ein grosser Befürworter der direkten Demokratie. Und es wäre ein demokratiepolitischer Rückschritt, würde man Volksbefragungen grundsätzlich abschaffen oder verbieten wollen. Aber sollen diese nicht zu einer billigen Farce verkommen, bzw. wie in diesem Fall ein willkommene Wahlhilfe, dann braucht es wirklich Themen, die die Menschen bewegenund wo es der Stadt tatsächlich darum geht, die Anliegen der Bevölkerung zu hören, ernstzunehmen und auf ihre Wünsche einzugehen.

Bei aller Antipathie gewissen (Suggestiv-)Fragen gegenüber und trotz durchaus vorhandenen Gefühlen für einen Boykott dieser sinnlosen Wahl: Aus demokratiepolitischen Überlegungen plädiere ich hiermit dennoch, auf jedem Fall an der Volksbefragung teilzunehmen.

Zu den Fragen im Einzelnen (die Original-Fragen mit entsprechender “Wahlhilfe” durch die Stadt sind hier kursiv wiedergegeben):

“1. Im Jahr 2000 wurde durch den Bundesgesetzgeber die Möglichkeit abgeschafft, Hausbesorger/innen anzustellen. Eine bundesgesetzliche Neuregelung ist seither nicht zustande gekommen.
Sind Sie dafür, dass in Wien die Möglichkeit geschaffen wird, neue Hausbesorger/innen (mit modernem Berufsbild) einzustellen?”

Zum einen betrifft diese Frage sowieso nur Bewohner von Gemeindebauten der Stadt Wien, die nur einen Bruchteil der Bevölkerung ausmachen. Und zum zweiten wird hier nur von einer “Möglichkeit” gesprochen. Ermöglichen kann man Vieles, auch ohne Volksbefragung, wobei der Einleitungtext der Stadt eindeutig auf ein JA als Wunsch-Antwort deutet.


2. Internationale Studien zeigen, dass die Ganztagsschule der entscheidende Erfolgsfaktor für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie darstellt sowie das Bildungsniveau der Bevölkerung deutlich hebt.
Sind Sie für ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen in Wien?

Auch hier werden die Wähler entmündigt, indem ihnen im Vortext erklärt wird, dass ohne Ganztagsschulen kein Erfolg möglich ist, und dass daher natürlich auch in diesem Fall mit Ja gestimmt werden sollte. Wenn die Stadt schon auf diesem Standpunkt steht, erübrigt sich eine Befragung: dann soll sie eben die Ganztagsschulen flächendeckend in ganz Wien errichten. Mal abgesehen von den massiven Kosten und abgesehen davon, ob es die freie Wahl geben wird (was das einzige Erstrebenswerte ist): Wen sollte ein solches Angebot (wenn es wirklich nur ein zusätzliches Angebot ist) denn auch stören?


3. Einige Großstädte (z.B. London, Stockholm) haben zur Bewältigung des innerstädtischen Verkehrs eine Einfahrtsgebühr für das Stadtzentrum eingeführt (Citymaut). In Wien konnte durch die Verkehrspolitik (Ausbau öffentlicher Verkehr, Parkraumbewirtschaftung, Wohnsammelgaragen, Ausbau Radwegenetz) in den letzten Jahren der Autoverkehr in der Stadt deutlich reduziert werden.
Soll in Wien eine Citymaut eingeführt werden?

Hier wird den Befürwortern einer Citymaut schon im Vortext klargemacht, dass eine solches nicht notwendig ist, weil die Stadt eh schon alles getan hat, dass der Verkehr in Wien (angeblich) eh schon nicht mehr ein Problem darstellt. Hier möge man also, geht es nach dem Willen der Stadt, mit nein stimmen. Wenn man eine solche nicht haben will, soll man es laut und deutlich sagen und nichteine entsprechende Frage stellen und die Bevölkerung dabei dahingehend zu beeinflussen, dass sie sich dagegen ausspricht.


4. In Wien fahren täglich Nachtbusse von 0.30 bis 5.00 Uhr. Ein 24-Stunden-U-Bahn-Betrieb am Wochenende (Freitag und Samstag) kostet pro Jahr 5 Millionen Euro und bewirkt veränderte Fahrtrouten der Nachtbusse am Wochenende.
Sind Sie dafür, dass die U-Bahn am Wochenende auch in der Nacht fährt?

Die Frage nach einer 24-Stunden-U-Bahn am Wochenende scheint mir die für die Gesamtbevölkerung einzig Sinnvolle zu sein. Diesen Vorschlag hatte schon lange die Wiener Stadt-ÖVP eingebracht, er wurde allerdings zunächst von der regierenden SPÖ abgelehnt. Als später Bürgermeister Häupl (SPÖ) dennoch überraschend ankündigte, eine Volksabstimmung zu diesem Thema durchzuführen, planten die direkt betroffenen Wiener Linien bereits den 24-Stundendienst und gaben auch bekannt, dass dieser durchaus machbar wäre. Wieder später allerdings liess die Wiener SPÖ immer öfter verlauten, wie umständlich und vor allem wie teuer dieser Plan wäre. Und diesem Argument folgt auch der Hinweis-Text vor der Frage: Wer mit Ja stimmt, verschwendet Geld, weil dies 5 Mio. Euro mehr jährlich kostet und vor allem muss er dann damit rechnen, dass sein Nachtautobus dann nicht mehr fährt. Die Stadt erwartet sich hier, dass eine Mehrheit nein zur U-Bahn an Wochenenden sagt, da es ja eh Nachtautobusse gibt. Bezüglich der 5 Mio.: Diese Volksbefragung kostet angebliche 6,7 Mio. Euro, und für diese SPÖ-Wahlwerbung werden Steuergelder verbraten. Die Gruppe “Für 24h-Betrieb der Wiener Verkehrsbetriebe (U-Bahn, Busse, Straßenbahn)” im Social Network facebook hat übrigens über 27300 Mitglieder, obwohl sich hier die Forderungen nicht auf das Wochenende und auf die U-Bahnen allein beschränken.

5. Seit 2006 wird in Wien ein freiwilliger Hundeführschein angeboten. Der Hundeführschein ist eine fundierte Ausbildung für Hundehalter/innen, bei welcher der richtige Umgang mit Hunden gelehrt wird. Bei der Prüfung müssen Hundehalter/innen zeigen, dass sie den Hund auch in schwierigen Situationen im Griff haben.
Sind Sie dafür, dass es in Wien für sogenannte “Kampfhunde” einen verpflichtenden Hundeführschein geben soll?

Auch hier ist der Wunsch der Stadt eindeutig, dass nur Derjenige sogenannte Kampfhunde halten dürfen sollte, de durch einen Hundeführschein bewiesen hat, auch Herr dieser Hunde zu sein. Und auch hier gilt: wenn die Stadt auf diesem Standpunkt steht, soll sie nach einer klaren Definition dessen, wer ein Kampfhund ist, diesen Führschein eben einführen.

Zusammengefasst: Warum das Geld der eigenen Partei für Wahlwerbung verwenden, wenn man auch mit Steuergeldern eine wirksame Wahlwerbung betreiben kann, bei der man den Wählern vormacht, ihre Meinung ernstzunehmen. Und um sicher zu gehen, dass die Ergebnisse auch so kommen, wie man es sich wünscht, wird eben der Einleitungstext entsprechend manipulativ formuliert.

Und: Was mich am Rande bemerkt ebenfalls sehr nervt: Während man sich als in Wien lebender EU-Bürger sehr wohl an den Gemeinderatswahlen beteiligen kann (Wahl des Bezirksrats), ist man unabhängig davon, wie lange man schon in Wien lebt, von dieser Volksbefragung ausgeschlossen.

Dennoch: Ich appelliere an alle Wahlberechtigten (übrigens ab 16 Jahren), trotz der Sinnlosigkeit dieser Aktion an der Abstimmung teilzunehmen und sich dabei weder dazu hinreissen zu lassen, bewusst grundsätzlich gegen die jeweilige Wahlentscheidung der SPÖ zu entscheiden noch erst recht nicht, ihren Einflüsterungen blind zu entsprechen, sondern klar zu denken und zu überlegen, was das Sinnvollste für die Stadt und die Menschen in ihr ist und nach bestem Wissen und Gewissen seine Stimme abzugeben.

Und da ich als seit 1989 in Wien lebender und seit 2000 auch hauptsächlich hier wohnender EU-Bürger mich ja nicht an dieser Volksbefragung beteiligen darf, enthalte ich mich an dieser Stelle auch dessen zu sagen, wofür ich jeweils stimmen würde.

Eines sei aber noch gesagt: So sinnvoll Volksbefragungen auch als demokratiepolitisches Instrument sind: ich erwarte mir schon, dass es bei Volksbefragungen in Zukunft um die wirklich brennenden Themen der Bevölkerung geht, verbunden mit einem ehrlichen Bemühen der Politiker, als Volksvertreter auch die Anliegen der Bevölkerung zu vertreten. Und das sei am Rande auch nochmal im Zusammenhang mit einem möglichen dritten Asylerstaufnahmezentrum gesagt -und hier zitiere ich ORF-Innenpolitik-Chef Hans Bürger vor einigen Wochen in der ZIB -: “Eine Mehrheit darf niemals gegen eine Minderheit abstimmen”.